Was sind wissenschaftliche Erkenntnisse wert? Wie kann es sein, dass sie sich wie in der Corona-Epidemie teilweise von einem Tag auf den anderen ändern? Und was kann man als Laie jetzt glauben? Das sind die Fragen, die Uni-Präsident Dieter Lenzen und Abendblatt-Chefredakteur Lars Haider in der zweiten Folge des gemeinsamen Podcasts „Wie jetzt?“ nachgehen. „Bei Corona ist das ganz einfach zu erklären: Weil es an die Wissenschaft die Erwartung gibt, dass sie schnell Erkenntnisse über das Virus liefert, sind diese eben teilweise auch schnell wieder überholt“, so Lenzen. Es sei ganz normal, dass man nicht alles auf einmal wissen könne, dass neue Untersuchungen zu neuen Erkenntnissen führen. „Das Problem ist, zu welchen Empfehlungen sich Wissenschaftler angesichts ihrer Studien hinreißen lassen“, sagt Lenzen. Wissenschaftler dürften Politikern die Entscheidungen nicht abnehmen, die Verantwortung müsse immer bei den gewählten Volksvertretern liegen. Denn sonst bestünde die Gefahr, dass die persönliche Einstellung eines Wissenschaftlers zu einer Frage – in der Coronakrise etwa, ob die Schulen geschlossen bleiben oder nicht – dessen Empfehlung beeinflussen könnte. „In dem Moment, in dem ein Virologe sagt, dass die Schulen aus seiner Sicht wieder geöffnet werden dürfen, spricht er nicht mehr als Wissenschaftler, sondern als Politiker“, sagt Dieter Lenzen. „Das darf nicht sein.“ Ob ein Wissenschaftler gut ist, ob seine Studienergebnisse richtig sind, könne man immer nur mit einem zeitlichen Verzug beurteilen, wenn überhaupt: „Die letzte Wahrheit gibt es nicht“, so Lenzen. Wobei Wissenschaft sowieso anders funktioniere, nämlich nach der Unwahrheit suche: „Wissenschaftler schließen ständig aus, was nicht der Fall sein kann.“ Und dabei befänden sie sich in einem Wettbewerb, der gewollt sei, und in dem ein Wissenschaftler dem anderen nachweisen will, dass er mit seinen Erkenntnissen vielleicht doch nicht richtig liegt: „Forschung ist ein Fortsetzungsroman.“