Eine der Überraschungen in dieser Literatursaison ist Alexander Röslers Krankenhausroman „Unter Kitteln“. Dabei ist es allein schon das Thema, das ihn zu einem Buch der Stunde macht — das Krankenhaus ist der Sozialort der Corona-Gegenwart. Der Erzähler (und hauptberufliche Chefarzt) Rösler erzählt mit bösem Blick und mit Witz von einem Provinzspital in Brandenburg, und er tut das auf schmalem Raum. Mit knapp 180 Seiten ist der Stoff um den Assistenzarzt Hagen Burbeis knapp und doch völlig ausreichend bemessen. Ein echter Literaturquickie also. So heißt auch der Hamburger Verlag, in dem der Roman erscheint. Rainer Moritz und Thomas Andre sind von „Unter Kitteln“ in jedem Fall angetan, so viel sei an dieser Stelle verraten. In der neuen Folge von Next Book Please besprechen die Podcaster außerdem Cihan Acars Romandebüt „Hawaii“, das von einem wieder in seiner Heimatstadt Heilbronn gestrandeten Ex-Profifußballer handelt, der etwas planlos durch den Alltag taumelt, ehe er sich in heftigen Straßenkämpfen wiederfindet. Der junge Held Kemal ist ein moderner Dazwischenmensch, als Sohn von Immigranten ein Bi-Kulturalist. „Hawaii“ handelt aber auch von Xenophobie und rechtsgewirktem Bürgertum, ist also hochaktuell. Bleibt die Frage, für wie gelungen der aus Heilbronn stammende Podcaster Moritz das Porträt der süddeutschen Stadt hält… Neben den zwei deutschen Autoren stehen zwei irische im Mittelpunkt dieser Folge. Zum einen Anne Enright, die einst mit „Das Familientreffen“ bekannt wurde und nun ihr neues Werk „Die Schauspielerin“ vorlegt. Dort entblättert sie eine Mutter-Tochter-Beziehung, die unter erschwerten Bedingungen etabliert wird. Die titelgebende Mutter reüssiert zunächst außer in Großbritannien auch in Hollywood und am Broadway als Aktrice. Aber diese Katherine O’Dell erlebt dann das, was in ihrem Berufsfeld oft vorkommt: Die Engagements bleiben aus. Am Ende eines nicht allzu langen Lebens verfällt sie einer Art von Wahnsinn. Ihre Tochter, eine Schriftstellerin, spürt den Lebenslinien der Mutter ein Vierteljahrhundert nach deren Tod nach. Ob daraus eine gewinnbringende Lektüre wird, ist Thema von Next Book Please. Zum anderen, um auf das irische Erzählerdoppel zurückzukommen, gibt es ein letztes Buch des großen William Trevor (1928-2016). Bei Hoffmann und Campe erscheint „Letzte Erzählungen“, und mit diesen erlebt man Trevor, den glänzenden Erkunder des menschlichen Seelenlebens, der deshalb immer eher Geschichten von der dunklen Seite zu erzählen hat, noch einmal in Bestform.
Next Book Please: Diesmal unter anderem mit einem Literaturquickie
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