Wie auf dem Rost gegart wird verrät der Hamburger BBQ-Experte Oliver Wendt ​im neuen Abendblatt-Podcast „Schmeckt’s“.

Ob in einem geschlossenen, gut 1000 Euro teuren Keramikgrill oder auf einem transportablen Mini-Gerät: Grillkultur ist, was Freude macht. Das sagt der Hamburger Grillexperte Oliver Wendt im neuen Abendblatt-Podcast „Schmeckt’s?. Unter dem Label BlackCat BBQ zeigt er Grillenthusiasten auf Veranstaltungen oder Partys die wichtigsten Zutaten zu einem gelungenen Grillabend.

Gill-Fleisch aus nachhaltiger Erzeugung

Für viele heißt das: ein gutes Stück Fleisch. Es brauche dann nicht mehr als ein bisschen Salz, sagt Wendt. „Ich beziehe das Fleisch aus nachhaltiger Erzeugung. Es ist meist Dry Aged, also trocken gereift, eine alte Methode, die wieder modern geworden ist. Durch sie bekommt das Fleisch einen so tollen Eigengeschmack, dass man nicht mit Gewürzen nachhelfen muss.“

Mittlerweile sei Dry-Aged-Fleisch auch an den Theken einiger Supermärkte erhältlich. „Aber für mich muss ein Lebensmittel eine Geschichte haben“, sagt der Grillmeister. „Ich möchte wissen, wo das Fleisch herkommt, wie das Tier aufgewachsen und gestorben ist. Und wie es den Leuten geht, die es verarbeitet haben. Deshalb wende ich mich an meinen Metzger des Vertrauens.“

Und das auch, wenn er sich „nur“ um Würstchen geht. Sein Schlachter mache die Würste selbst und wisse, was in ihnen steckt. Auch hier lohne sich der Griff zu hochwertigen Produkten. Wendt: „Es gibt mittlerweile Fleisch- und Wurstsommeliers – da sind sehr besondere Kreationen am Start. Wir hatten letztens eine Guanciale-Cheese-Wurst: Die Gaunciale – Backe vom Schwein – kross ausgelassen und dann mit Käse zur Wurst verarbeitet, mit ein bisschen Chili drin. Ein Traum.“

Von fertig mariniertem Fleisch hält der Experte gar nichts

Fertig mariniertes Fleisch kommt bei Familie Wendt nicht auf den Grill. Das Wort sei von Marine abgeleitet: Fleisch, das nicht mehr so gut war, wurde an Bord mit Marinaden bestrichen, damit die Seeleute es noch aßen. Wendt sieht Parallelen in der Gegenwart: „Wenn man heute mariniertes Fleisch auf dem Preisniveau von Katzenfutter findet, sollte man sich überlegen, warum es so günstig angeboten werden kann.“ Selbst gemachte Marinaden nimmt der Grillprofi indes gern bei Hühnchen – und speziell für Spareribs.

„Beim US-Barbecue wird zunächst gerubbt“, sagt Wendt – es werden Trockengewürze aufgebracht. Fertiggewürzmischungen nutze er nicht, da sie zu viel Zucker enthalten. „Die Gewürze lässt man einziehen. Ich räuchere die Spareribs dann ein bis zwei Stunden. Anschließend lasse ich sie drei Stunden bei 135 Grad indirekt auf dem Kamado-Grill garen. Dann wird mit dem Pinsel Barbecue-Soße aufgetragen, sodass sie eine schöne Farbe bekommen und ein bisschen klebrig werden. Nach dreieinhalb, vier Stunden sind die Spareribs fertig.“ Der Kamado-Grill ist übrigens ein geschlossener Keramikgrill mit Belüftung.

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Gemüse beim Grillen wieder zum Star machen

Eine schöne Marinade liefern Wendt zufolge auch ein gutes Olivenöl, ein Löffel gutes Curry, ein bisschen Pimientos de la Vera (Räucherpaprika) und gutes Meersalz – „zu Hühnchen oder Schwein ist das gigantisch“. Dennoch ernährt sich die Familie Wendt nicht überwiegend von Luxus-Fleisch. „Meine Frau ist Vegetarierin“, sagt der zweifache Familienvater, deshalb werde viel fleischlos gegrillt.

Dann kommt vielleicht ein ganzer Blumenkohl, gesalzen und mit Butter oder Olivenöl bestrichen, 40 Minuten in den Kamado-Grill. Dazu gute Kartoffeln – mehr brauche es nicht. „Oder nehmen Sie einen ganzen Sellerie. Wenn er vier Stunden im Grill war, kann man ihn aufbrechen und ihn mit Nussbutter, Salz und Kartoffeln essen. Man muss das Gemüse wieder zum Star machen. Ich esse Fleisch nur ein- oder zweimal die Woche, und das ist dann teuer und gut.“

Eine Zitronenscheibe zwischen Fisch und Rost

Gemüse sollte auf dem Grill indirekt, also nicht über der Glut, zubereitet werden, damit es nicht anbrennt. Bei einem Kugelgrill könne man die Kohle nur auf einer Hälfte glühen lassen und das Gemüse auf die andere Seite des Grillrosts legen. Auch für die Zubereitung von Fisch hat Wendt einen Tipp: „Damit er nicht verbrennt und am Rost festklebt, lege ich Zitronenscheiben dazwischen. Man hat dann ein bisschen Zitronenaroma, der Fisch ist geschützt und bekommt Feuchtigkeit. Das geht auch mit Orange.“

Er selbst grille gern auf der Zedernplanke: Lachsseiten auf der Haut, mal ein Kabeljau oder andere Fischarten, die man dann indirekt auch räuchern könne: „Wenn man das Holz vorher kurz anglüht und dann in den indirekten Bereich zieht, dann gibt das Zedernholz ein bisschen Raucharoma an den Fisch ab.“

Egal was es ist: Angebranntes Grillgut sollte man nicht essen. Denn die verbrannten Bereiche enthalten krebserregende Stoffe. Man könne schauen, ob sich etwas retten lasse, wenn man die schwarzen Ecken abschneide. Nur Obst und Gemüse in dicken Schalen, etwa Rote Bete und Ananas, lässt Wendt gezielt anbrennen, legt sie zum Garen direkt in die Glut. Wenn die verbrannte Schale entfernt ist, haben sie ein schönes Raucharoma, urteilt er.

Billigfleisch auf dem Luxusgrill

Seit einigen Jahren gibt es den Trend zum Luxusgrill. Oliver Wendt will ihn nicht bewerten: „Es gibt Menschen, die sehen den Grill als Statussymbol. Andere haben ihr Leben lang gearbeitet und wollen sich nun etwas gönnen. Manche Leute kaufen sich den größten, teuersten Gasgrill und legen ein Jungbullen-Hüftsteak vom Discounter darauf. Das passt nicht zusammen. Aber das muss jeder für sich entscheiden.“

Ein anderer Trend seien Feuerplatten. „Da wird mit Holz gefeuert, und man bereitet sich auf der Platte die Sachen gemeinsam zu. Das ist wie früher am Lagerfeuer. Ich habe zwei Söhne, 16 und 19 Jahre alt. Wenn die Freunde einladen, wird regelmäßig gefragt, ob wir die selbst gebaute Feuerschale im Garten anmachen können, und dann gibt es für alle Burger in die Hand.“

Einweggrills sind für Wendt ein No-Go

Der Vater bevorzugt in der Regel den Kamado-Grill, weil mit ihm langsam gegart werden kann – „das ist im Vergleich zum Gasgrill eine unheimliche Entschleunigung“. Weil die Keramikgrills gut isoliert sind, könne man mit ihnen theoretisch 20 bis 30 Stunden durchgrillen, ohne Kohle nachzufüllen. Ein Grillabend im Freundeskreis könne bei gutem Wetter über sechs, sieben Stunden gehen, mit mehreren Gängen.

Unter den Gerätschaften kann Wendt mit allem leben – Einweggrills ausgenommen. „Die sind für mich der absolute Horror, schon wegen des Mülls, der da produziert wird. Fertiggrills enthalten minderwertige Kohle, die mit Grillanzündern getränkt ist. Das landet alles in den gegrillten Lebensmitteln. Ich engagiere mich in der freiwilligen Feuerwehr. Die Wehren rund um den Stadtpark können an schönen Wochenenden eigentlich in der Wache übernachten. Denn sie müssen im Stundentakt ausrücken, weil die Leute die heiße Grillkohle in die Müllcontainer werfen.“

Experte Wendt rät von Briketts ab

Es gebe bessere Lösungen. Er würde sich Skotti kaufen: einen mobilen Gasgrill, der auch mit Holzkohle betrieben werden kann und gut 150 Euro kostet. „Der Grill ist aus Edelstahl, wird in Deutschland produziert und hat eine Tasche. Er lässt sich zusammenstecken und passt beim Transport auf jeden Gepäckträger.“ Für Wendt bleibt die Grillkohle aber der ideale Brennstoff. Von Briketts rät er ab, spricht von „zusammengefegten Kohleresten, die mit Bindemittel verpresst werden. Sie qualmen stärker, und am Schluss sieht man gelben Staub – das sind die Bindemittel.“ Wie das Fleisch, sollte auch die Holzkohle aus nachhaltigen Quellen stammen und zum Beispiel das FSC-Siegel tragen. Im Internet finde man auch Alternativ-Produkte wie Grillkohle aus Kokosnussschalen.

Ob es beim Grillen mit Gas, Strom oder Holzkohle Geschmacksunterschiede gibt, sei ein ewiger Streit, sagt der Profi. Er selbst sieht Unterschiede: „Die Infrarotstrahlung im Kohlegrill ist eine ganz andere Energieübertragung als beim Gas. Mit Smokechips, die man in die Kohle legt, kann man noch zusätzliches Raucharoma schaffen. Orangen-, Mandel- oder Olivenholz geben tolle Raucharomen für Fisch, Fleisch oder Gemüse. Ich mache das aber ganz dezent.“

Grill anheizen mit dem Heißluftföhn

Zum Anzünden benutzt Wendt keine flüssigen oder Feststoff-Anzünder, sondern einen Heißluftföhn namens Looftlighter. Er funktioniere sehr gut, brauche aber Strom. Gut seien auch Anzündkamine für Holzkohle, in denen das Feuer durch die nach oben strömende heiße Luft angefacht werde. Dieser Kamineffekt lässt sich auch in Grills mit Deckeln erzeugen: Sie haben unten einen Lufteinlass und oben im Deckel einen Auslass.

In den Corona-Jahren 2020/21 habe es einen Nachfrageboom bei Grills gegeben, einige Produkte seien schon wieder bis zum Jahresende ausverkauft, sagt Wendt: „Die Lieferketten kommen da nicht mehr hinterher.“ Und fährt fort: „Die Corona-Ausbrüche in Schlachthäusern haben es noch einmal angestoßen, darauf zu achten, wo mein Fleisch herkommt. Das ist einer der wenigen positiven Aspekte der Pandemie.“