Im Podcast Entscheider treffen Haider: Alexandra von Rehlingen hasst den Begriff PR-Lady, äußert sich zu Influencern und den Grünen.
Alexandra von Rehlingen ist Hamburgs bekannteste PR-Unternehmerin. Dabei wusste sie am Anfang gar nicht, was das ist… In der Abendblatt-Gesprächsreihe „Entscheider treffen Haider“ spricht sie über ihr Leben als Netzwerkerin und als Vegetarierin, ihre Probleme mit den Grünen und eine Besonderheit der Hamburger. Das sagt Alexandra von Rehlingen über …
… das Leben als Vegetarierin:
„Ich habe vor 25 Jahren den ersten Bericht über Massentierhaltung gesehen. Der hat mich so nachhaltig erschüttert, dass ich seitdem kein Fleisch mehr gegessen habe. Ich wollte mich an diesem widerwärtigen Kreislauf nicht mehr beteiligen. Ich glaube, dass es ungesund ist, sich mit billigem Fleisch vollzustopfen, und dass das Karma der gequälten und getöteten Tiere nicht bekömmlich ist. Und natürlich habe ich auch versucht zu missionieren :-)
Wenn meine Kinder zu einem Geburtstag eingeladen wurden, bei dem es Würstchen gab, habe ich vorher angerufen und gebeten, ihnen etwas anderes zu geben. Bei unseren Events bestellen immerhin schon ca. 20 Prozent der Gäste vegetarisches Essen, vor allem in Berlin. Wenn wir privat Leute einladen, gibt es sowieso fast kein Fleisch, und wenn es zum Beispiel Pasta mit Trüffeln und Käse gibt, sind alle zufrieden. Ich glaube, dass in 15 Jahren übermäßiger Fleischkonsum genauso stigmatisiert sein wie heute das Rauchen (der spektakuläre Börsen-Erfolg von Beyond Meat zeigt die Tendenz).“
… Disziplin:
„Ich hatte eine Großmutter, die super diszipliniert war, die jeden Morgen geturnt hat. Die hat mir das vorgelebt, die hat mir auch vorgelebt, wie wichtig es ist, unabhängig zu sein und selbst Geld zu verdienen. Ich kann gar nicht anders, als früh aufzustehen, um 6.30 Uhr, Morgengymnastik zu machen und dann Schwimmen zu gehen. Danach versuche ich, um neun Uhr im Büro zu sein, bin durchgetaktet bis spät in den Abend. Ich komme meist erst gegen Mitternacht in Ruhe dazu, meine Mails zu checken und zu beantworten.“
… Waldorfschulen:
„Ich bin sehr dankbar, dass ich auf einer Waldorfschule war. Die hat mein Leben sehr geprägt. Rudolf Steiner war schon ein genialer Mann, der für jede Lebenslage eine gute Philosophie entwickelt hat. Davon profitiere ich heute.“
… den Einstieg in die PR-Branche:
„Als meine Freundin Andrea Schoeller mir vorschlug, eine PR-Agentur aufzumachen, wusste ich gar nicht, was das ist. Ich hatte noch nie etwas von PR gehört und habe damals mehr aus Scherz zugesagt. Wir haben in München 1986 angefangen, sind aber zwei Jahre später schon nach Hamburg gegangen, weil wir die Chance hatten, für das Schleswig-Holstein Musikfestival erste Events zu organisieren. Es kam hinzu, dass mein Mann Matthias Prinz in Hamburg gearbeitet hat.“
… einen Tick der Hamburger:
„Als ich von München nach Hamburg gekommen bin, habe ich mich gewundert, dass die Menschen nicht fragen: Wie heißen Sie? Was machen Sie? Die Hamburger haben immer gefragt: Wo wohnen Sie? Und wenn ich dann geantwortet habe, wo ich wohne, kam die nächste Frage: Welche Höhe? Das ist in Hamburg sehr speziell. Man braucht schon lange, um sich das Vertrauen der Gesellschaft zu erarbeiten. Es spielt in Hamburg wirklich eine Rolle, wo man wohnt, und schon zwischen Alster und Elbe liegen Planeten.“
… Dresscodes:
„Als wir angefangen haben, in Berlin Veranstaltungen zu machen, musste man noch detailliert den Dresscode vorgeben, weil es sonst modisch eine Katastrophe geworden wäre. Das hat sich zum Glück geändert, Berlin ist sehr international geworden. In Hamburg musste man den Dresscode noch nie angeben. Wir haben ja lange für Giorgio Armani gearbeitet, und der war immer begeistert, wie gut angezogen der Durchschnitt der Menschen in Hamburg ist.“
… die Unterschiede zwischen der Hamburger und anderen Gesellschaften:
„Die Hamburger spenden und reden nicht drüber, in München oder Düsseldorf ist es eher umgekehrt. In Hamburg ist wenig Show, das sieht man auch am Konsumverhalten: Selbst sehr reiche Menschen rennen ungern mit großen Tüten von namhaften Marken durch die Stadt. “
…die Kombination Hamburg/Berlin:
„Es ist ein großer Luxus, in beiden Städten arbeiten zu können, weil jede Stadt etwas hat, das die andere nicht hat. Hamburg ist grün, wunderschön, hat wahnsinnige Klasse. Berlin ist aufregend und sehr international.“
… Kontakte:
„Wir haben 25.000 aktive Adressen, von denen wir wissen, wer die Leute sind und zu denen wir einen persönlichen Zugang haben. In meinem iPhone sind 2000 Menschen gespeichert, die ich schnell erreichen kann, sie bilden die Basis meiner Arbeit.“
… den Spaß an Partys:
„Mein Berufsleben ist gleichzeitig mein Privatleben, ich denke gern vernetzt und bringe Leute zusammen. Das macht mir immer noch Spaß und deshalb gehe ich immer noch gern auf Events.“
… die Rolle der Influencer:
„Auch die ganz klassischen Marken bei uns haben inzwischen einen Marketing-Mix, bei dem Influencer eine große Rolle spielen. Die zu finden und zu vermitteln, ist ein Job für sich. TV spielt für unsere Kunden, die in der Regel aus dem Luxusmarkensortiment kommen, übrigens überhaupt keine Rolle mehr. Print und Online sind ungefähr gleichauf bei unserer Klientel.“
… ihre Ratgeber, die Journalisten Henryk M. Broder und Stefan Aust:
„Der Journalist Henry M. Broder symbolisiert für mich den wahren Luxus, nämlich zu sagen, was man denkt. Er ist ein älterer Herr mit jüdischem Background und kann Wahrheiten sagen, die wir alle nicht aussprechen können. Ich bin ein riesiger Fan von ihm. Und Stefan Aust, der ehemalige Chefredakteur des „Spiegel“, steht für totale Glaubwürdigkeit. Immer wenn ich eine Frage habe, die mich wahnsinnig bewegt, schreibe ich ihm.“
… den Begriff PR-Lady:
„Ich hasse diesen Ausdruck, weil er nach einer Gesellschaftsdame klingt, die mit einem Champagnerglas in der Gegend rumsteht. Das Gegenteil ist richtig, wir arbeiten alle in unserer Agentur wirklich hart.“
… die Grünen:
„Obwohl ich extrem grün lebe und mich zum Beispiel seit vielen Jahren auch weigere, Plastiktüten anzunehmen, am Strand Plastik sammle und kein Fleisch esse, sind mir viele politische Lösungen der Grünen zu simpel. Um wirklich zu verändern und grün zu werden, braucht man ganz schön viel Geld.“