Berlin. Im „Tatort“ ermittelt Schuler in einem düsteren Fall. Auch privat musste sie Verluste verkraften. Wie sie das schaffte, verrät sie hier.
Am 22. Dezember taucht Carol Schuler als Kommissarin des Züricher „Tatorts“ (um 20.15 Uhr in der ARD) in einen besonders düsteren Fall ein. Auch privat war die gebürtige Schweizerin und Wahl-Berlinerin mit schwierigen Herausforderungen konfrontiert. Zum Glück hat die 37-jährige Schauspielerin emotional das richtige Rüstzeug gefunden – nicht zuletzt durch die Kraft der Kultur.
Ihre Kommissarin Tessa Otto muss in dieser Folge als Fels in der Brandung die Stellung halten, während ihre Kollegin von alten Traumata heimgesucht wird ...
Carol Schuler: Sonst ist es ja immer umgekehrt, weil meine Figur eher die Chaotische ist ...
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Und wie verhält es sich im Vergleich zu Ihnen?
Schuler: Bei mir ist es ähnlich. Wenn es hart auf hart kommt, dann habe ich keine andere Wahl, als der Fels in der Brandung zu sein, aber wenn alles gut läuft, dann bin ich gerne chaotisch.
Carol Schuler: So veränderte sie der Tod ihrer Mutter
Haben Sie ein Beispiel, wo Sie Stabilität beweisen mussten?
Schuler: Vor einem Jahr ist meine Mutter gestorben, und in der Zeit der Krankheit wollte ich für sie da sein. Da verschieben sich die Prioritäten, und es bleibt keine Zeit für persönliches Chaos.
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Was hat diese Erfahrung sonst noch mit Ihnen gemacht?
Schuler: Ich bin jemand, der viel und gerne arbeitet und immer auf verschiedenen Hochzeiten tanzt. Und in der Zeit habe ich viel abgesagt, während ich in den zehn Jahren vorher recht wenig Zeit mit meiner Familie verbracht habe.
Sie sind also ruhiger geworden?
Schuler: Auf jeden Fall. Die Tendenzen sind natürlich immer noch da. Ich will am liebsten immer alles auf einmal machen, aber ich merke mittlerweile, dass meine Energie nicht endlos ist und ich manchmal auch schweren Herzens Sachen absagen muss.
Schuler über Musik: „Ich suche immer den Rhythmus in allem“
Sie treten auch als Musikerin auf. Nimmt Ihnen das Energie?
Schuler: Nein, das gibt mir vor allem Energie – die Musik, das Theater und das Drehen. Es ist natürlich auch anstrengend, aber ich brauche die Herausforderung. Und ich brauche auch die Abwechslung. Wobei schlussendlich alles für mich mit Musik zu tun hat. Ich suche immer den Rhythmus in allem.
Von der Musik lässt sich aber vermutlich nicht so gut leben.
Schuler: Das ist in der Tat nicht ganz einfach. Live-Konzerte bringen noch Geld, aber auf Spotify bekommt man nur ein paar Cent pro Stream.
Musik: Dieses Album kaufte Carol Schuler zuletzt
So gesehen müssten die Leute mehr Tonträger kaufen. Tun Sie das denn?
Schuler: Ja, ich bin gerne mal im Plattenladen oder im Antiquariat unterwegs. Als letztes habe ich „Blackstar“ gekauft, das Album, das der schwer krebskranke David Bowie kurz vor seinem Tod aufgenommen hat.
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Gleicht Ihr Lebensgefühl einem „schwarzen Stern“ bzw. „Blackstar“ oder haben Sie ein sonniges Gemüt?
Schuler: Es ist total gemischt. Im Großen und Ganzen würde ich sagen, bin ich schon lebensfreudig und liebe das Leben und meinen Beruf. Es ist bei mir eine Berg- und Talfahrt, aber ich probiere, so lange, wie es geht, auf dem Berg zu bleiben.
Das größte Tal ist aber nun mal die Konfrontation mit dem Tod. Wenn man einen Menschen beim Sterben begleitet, nimmt einem das die Angst davor?
Schuler: Wenn ich von mir ausgehe, dann durchlebt man da verschiedene Phasen – von der Diagnose bis zum tatsächlichen Verschwinden. Zunächst kommen die totale Ablehnung und der Schock. Aber irgendwann kehrt Ruhe ein. Man akzeptiert und kommt wieder zu sich. So habe ich das erlebt und so hoffe ich, dass das eines Tages bei mir sein wird. Dass man sich in Frieden verabschieden kann, am besten umgeben von den Liebsten, selbst wenn man im Tod alleine ist. Aber letztlich weiß man erst, was es mit einem macht, wenn man so weit ist.
Schuler über den Tod: „Ich denke, dass wir irgendwie weiterleben“
Der Mörder im „Tatort“ stilisiert sich als mythischer Fährmann, der die Toten in die Unterwelt bringt. Glauben Sie denn, dass es noch ein Leben nach dem Tod gibt?
Schuler: Meine Mutter war Buddhistin, und dort gibt es den Glauben, dass man den Körper nach dem Tod erstmal nicht anrühren, sondern der Seele Zeit lassen soll, damit sie entfliegen kann. Am besten öffnet man die Fenster, und das haben wir ihr zuliebe auch getan. Ich selbst glaube schon, dass der Mensch mehr ist als nur ein Körper. Ob man das nun Seele nennt oder wie auch immer, ich denke, dass wir irgendwie weiterleben – wenn auch nur in den Herzen und Erinnerungen der Hinterbliebenen.
Glauben Sie an höhere, spirituelle Zusammenhänge?
Schuler: Eher weniger. Ich versuche an den Moment zu glauben und an den Menschen. Als Humanistin denke ich, dass der Mensch selbst eine Verantwortung trägt, die richtigen Entscheidungen zu treffen, und das nicht auf eine höhere Macht abwälzen soll. Aktuell spiele ich in „Die schmutzigen Hände“ von Jean-Paul Sartre am Schauspielhaus Zürich. Und Sartre und die Existenzialisten haben ja gepredigt, dass der Mensch zur Freiheit verurteilt ist. Er hat die Freiheit Entscheidungen zu treffen und ist für sein Schicksal selbst verantwortlich. Wobei ich mir momentan etwas schwer tue, den Glauben an die Menschheit nicht zu verlieren.
„Der Mensch braucht die Kultur als Seelennahrung“
Und was stimmt Sie optimistisch?
Schuler: Es gibt viele Beispiele von tollen Aktivistinnen und Aktivisten, die gute Arbeit machen. Und grundsätzlich die Kultur. Wir Künstler versuchen den Menschen Freude und Gedankenanstöße zu bringen, mit dem, was wir tun. Am meisten erfüllt mich mit Optimismus und Freude, dass es so viele tolle Kreative gibt, mit denen ich das Glück hatte, zusammenarbeiten zu dürfen. Ich hoffe, dass das das nächste Jahr so weitergeht. Deshalb sind auch die geplanten Etatkürzungen im Kulturbereich in Berlin so schockierend und unverständlich für mich. Der Mensch braucht die Kultur als Seelennahrung, gerade in schwierigen Zeiten.
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Wir haben über sehr viele ernste Themen gesprochen. Nachdem der „Tatort“ zwei Tage vor Weihnachten ausgestrahlt wird – was gibt Ihnen das große Fest?
Schuler: Ich würde sagen, ich bin pragmatisch. Nachdem ich noch keine Kinder habe, kann ich mir das auch leisten. Bei mir zu Hause gibt es weder Weihnachtsbaum noch Weihnachtsschmuck. Ich werde auf jeden Fall mit der Familie was essen und vielleicht am anderen Tag etwas mit Freunden trinken gehen. Das läuft bei mir alles sehr stressfrei. Auch weil ich vor ein paar Jahren diesen Geschenke-Wahn abgeschafft habe. Da muss ich nicht noch am 23. Dezember durch die Läden tippeln, und das ist sehr angenehm.
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