Rom. Der Ausbruch des Vesuv ist in antiken Quellen gut dokumentiert. Über eine Frage gibt es seit Jahren Streit – eine Studie liefert Antworten.

Im Jahr 79 n. Chr. zerstörte der Ausbruch des Vesuvs das antike Pompeji, sowie die benachbarten Städte Herculaneum und Stabiae. Meterhohe Ascheschichten und vom Berg herabfließende Lava begruben die Orte unter sich und konservierten sie für die Ewigkeit.

Das Datum, an dem der Vesuv ausbrach und das Leben Tausender Menschen in Pompeji und anderen nahe gelegenen Städten auslöschte, hat die Wissenschaft lange Zeit gespalten. Eine Studie von Pompeji-Experten deutet nun darauf hin, dass der römische Jurist und Staatsbeamte Plinius der Jüngere in seinen Aufzeichnungen richtig lag: Der Vulkan brach demnach am 24. August 79 n. Chr. aus und nicht, wie bisher angenommen, später im selben Jahr.

Vulkanausbruch in Italien: Augenzeugenbericht weckt Zweifel am Datum

Von Plinius dem Jüngeren stammen die wichtigsten antiken Schriftquellen zu diesem Ereignis, in Teilen sogar in Form eines Augenzeugenberichts. In zwei Briefen an den Historiker Tacitus – festgehalten im Gesamtwerk „Die zehn Bücher der Briefe des Gaius Plinius Caecilius Secundus“ – berichtet Plinius von der Katastrophe, genauer gesagt vom Tod seines Onkels, Plinius dem Älteren, im Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch. Der Onkel war demnach Naturforscher und wollte den Vulkanausbruch aus nächster Nähe erleben, aber auch den Opfern helfen. Er starb in Stabiae an einem Herzschlag. Daher das von seinem Neffen angenommene Datum.

Versuv-Ausbruch
Ein Vulkanausbruch legte Pompeji in Schutt und Asche: Im Archäologischen Park von Pompeji forschen Wissenschaftler tagtäglich an den Geheimnissen der antiken Stadt. © Archäologischer Park von Pompeji | Archäologischer Park von Pompeji

Plinius‘ Darstellung jedoch wurde im späten 18. Jahrhundert angezweifelt. Der 24. Oktober 79 n. Chr. wurde zum Zeitpunkt des Ausbruchs erklärt. Konservierte Funde von Lebensmitteln, die eigentlich erst im Herbst hergestellt oder geerntet werden konnten – darunter Kastanien, Granatäpfel, Oliven und Pfirsichkerne –, gaben Anlass zu der Annahme, dass der Ausbruch nach dem 24. August erfolgt sein musste.

2018 wurde ein mit Kohle geschriebenes Graffito gefunden. Es nennt als Datum den 17. Oktober und wurde dem Jahr des Ausbruchs zugeordnet. Ein weiterer schriftlicher Bericht über den Vulkanausbruch stammt von dem griechisch-römischen Historiker und Senator Cassius Dio, der ebenfalls von einem Ausbruch im Herbst sprach.

Archäologie-Experte: Deshalb könnte Plinius mit seinem Datum recht haben

„Die Forscher sind in der Vergangenheit davon ausgegangen, dass Natur und Klima immer mehr oder weniger gleich waren, aber wir wissen heute sehr genau, dass das nicht der Fall ist. Das Klima hat sich in den Jahrhunderten geändert. Daher ist es wahrscheinlich, dass Plinius mit der Datierung des Ausbruchs auf den 24. August recht hatte“, sagte der deutsche Archäologe und Direktor des Archäologischen Parks von Pompeji Gabriel Zuchtriegel. Er geht davon aus, dass einige Obstarten zum Zeitpunkt des Ausbruchs früher als heute reiften.

„Pompeji bietet eine einzigartige Gelegenheit, ein Ökosystem zu studieren, das schon vor 2000 Jahren stark von der menschlichen Präsenz geprägt war“, so Zuchtriegel, der bei der Studie mitgewirkt hat. „Der Artenreichtum und die Vielfalt der lokalen Kulturen und Traditionen gehen weit über das notwendigerweise schematische Bild hinaus, das die antiken Autoren boten, die sich mit der Landwirtschaft befassten.“ Mit der jüngsten Arbeit wolle man neue Perspektiven auf den Ausbruch aufzeigen.

Trotz zahlreicher Warnzeichen kam der Ausbruch im Jahr 79 n. Chr. für viele überraschend. Schwarzer Rauch zog in Richtung Stadt, der Himmel verdunkelte sich, und es begann Asche und Bimsstein zu regnen. Panik griff um sich. Einige flohen, andere suchten Schutz in ihren Häusern. Etwa ein Drittel der Bevölkerung, die auf 20.000 Personen geschätzt wurde, kam bei der Eruption ums Leben. Die Menschen erstickten oder wurden durch herabfallendes Gestein erschlagen. Noch verheerender war der zweite Ausbruch am nächsten Tag. Lavamassen drangen in die Häuser ein, es gab kein Entrinnen. Die meisten Opfer wurden bei diesem zweiten Ausbruch getötet.