Berlin. Ein Gericht hat ihn freigesprochen. Seinen Job und seine Lehraufträge ist ein Mann aus dem Sylter Nazi-Skandalvideo trotzdem los.
Im Mai sorgte ein Video von feiernden jungen Menschen, die in der Sylter Promi-Bar „Pony“ Nazi-Parolen singen, für bundesweite Empörung. Nun hat sich einer der Männer aus dem Video an die Öffentlichkeit gewandt. Über seinen Anwalt ließ er den „Stern“ wissen, dass der Vorfall für ihn drastische Konsequenzen gehabt habe – und das, obwohl ein Gericht feststellte, dass er sich nicht an den Nazi-Gesängen beteiligt hatte.
Der Mann bleibt auch gegenüber dem Stern anonym. Bekannt ist, dass er mit der Gruppe zusammen über Pfingsten auf Sylt ein Haus gemietet haben soll und auf dem Sylter Video der Clique zu sehen ist. Er steht in unmittelbarer Nähe jener, die zu Gigi D‘Agostinos „L‘amour toujours“ rassistische Gesänge („Ausländer raus, Deutschland den Deutschen“) singen. Auf dem Video ist außerdem zu sehen, dass der Mann mit seinem Handy beschäftigt ist und die Nazi-Gesänge nicht mitsingt. Er greift allerdings auch nicht ein. Dem „Stern“ sagte er nun: „Ich war geschockt. In so was bin ich noch nie reingeraten. Mir sind brüllende Horden immer unangenehm. Ich bin ein verträglicher Mensch. In der Situation war ich vollkommen überfordert und habe es ignoriert.“
Sylt: Mehrere Beteiligte verloren Job nach Nazi-Gesängen
Nach Veröffentlichung des Videos wurde die Identität des Mannes in sozialen Netzwerken aufgedeckt. Hunderte Internetnutzer hätten sich daraufhin bei seinem Arbeitgeber beschwert und für seine Kündigung ausgesprochen. Dem öffentlichen Druck gab der betroffene Konzern offenbar nach und kündigte den Mann. Ob die Kündigung rechtssicher ist, sei noch offen. Der Mann geht laut „Stern“ derzeit vor dem Arbeitsgericht dagegen vor. Lehraufträge an mehreren Hochschulen habe er aufgegeben. Sein Anwalt spricht von einem „Medienpranger“.
Tatsächlich sorgten die Aufnahmen auf Sylt bundesweit für Empörung. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) reagierte damals und nannte das Auftreten „eklig“. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) warnte: „Wir müssen aufpassen, dass sich Werte nicht verschieben. Deswegen ist es auch sehr wichtig, dass man dort die Grenzen aufzeigt.“ Polizei und Staatsschutz nahmen in Folge der Veröffentlichung Ermittlungen auf. Der Barbetreiber stellte Strafanzeige. Drei weitere Personen aus dem Video verloren ihren Job. lro