Berlin. Alarmierender Trend in Schweden: Immer mehr Kinder unter 15 Jahren werden im Internet zu Auftragskillern rekrutiert. Was steckt dahinter?

In Schweden, einem Land, das einst für seine Sicherheit und seinen Frieden bekannt war, entfaltet sich eine besorgniserregende Realität: Kinder werden zunehmend in die brutalen Machenschaften von Banden hineingezogen. Ein besonders schockierender Fall betrifft einen elfjährigen Jungen, der in die Welt der Auftragskiller eingeführt werden sollte.

Schweden: Kinder als Zielscheibe der Banden

„Bro, ich kann es kaum erwarten, meinen ersten Leichnam zu sehen“, schrieb der Junge auf Instagram. Diese Botschaft, die er an einen 19-jährigen Kontakt richtete, zeigt das erschreckende Ausmaß der Rekrutierung von Kindern durch kriminelle Gruppen. Der Ältere soll ihm mit der Aufforderung geantwortet haben, motiviert zu bleiben, und bot ihm 150.000 Kronen (etwa 13.000 Euro) für einen Mord an, einschließlich Kleidung und Transport zum Tatort. 

Alle wurden festgenommen, bevor die Verbrechen verübt werden konnten. Laut der Polizei in der westlichen Provinz Värmland handelte es sich um vier Männer im Alter von 18 bis 20 Jahren, die vier Minderjährige im Alter von 11 bis 17 Jahren für ihre Bande rekrutieren wollten.

Anstieg der Bandenkriminalität in Schweden: Schockierende Zahlen und alarmierende Entwicklungen

Die schwedischen Behörden kämpfen seit Jahren gegen einen Anstieg von Bandenkriminalität, der mit Schießereien und Bombenanschlägen einhergeht. Im vergangenen Jahr wurden 53 Menschen durch Schusswaffen getötet, wobei immer mehr unschuldige Opfer in öffentlichen Räumen betroffen sind, wie unter anderem der schwedische Fernsehsender SVT berichtet.

Johan Olsson, Leiter der National Operations Department (NOA) der schwedischen Polizei, erklärte in einer Pressekonferenz im Oktober: „Es ist wie eine Art Markt organisiert, auf dem Aufträge in Diskussionsforen veröffentlicht werden, und die Personen, die die Aufträge annehmen, werden immer jünger“

Die Bandenchefs operieren aus dem Ausland und nutzen Mittelsmänner, die über verschlüsselte Messenger-Dienste wie Telegram, Snapchat oder Signal Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren rekrutieren, die noch nicht strafrechtlich belangt werden können.

Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson kniete im April an einer behelfsmäßigen Gedenkstätte, an der ein Mann den Schüssen einer Bande Jugendlicher zum Opfer gefallen war.
Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson kniete im April an einer behelfsmäßigen Gedenkstätte, an der ein Mann den Schüssen einer Bande Jugendlicher zum Opfer gefallen war. © AFP | Claudio Bresciani

Jugendkriminalität in Schweden: Mordfälle mit Verdächtigen unter 15 Jahren explodieren

Die Zahl der Mordfälle in Schweden mit Verdächtigen unter 15 Jahren stieg von 31 im ersten Halbjahr 2023 auf 102 im gleichen Zeitraum 2024. Kinder, die in diese kriminellen Strukturen hineingezogen werden, haben oft Schwierigkeiten in der Schule oder sind bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten. „Sie werden in Konflikte hineingezogen, mit denen sie nichts zu tun haben – sie sind einfach Söldner“, sagte Sven Granath, Professor für Kriminologie an der Universität Stockholm der AFP.

Es gebe auch „Crimefluencer“ auf TikTok, die nicht nur ihr kriminelles Leben zur Schau stellen, sondern auch Verbindungen zwischen Auftraggebern und Auftragskillern herstellen, erklärt er weiter. Gelegentlich würden auch Kinder aus der Nachbarschaft direkt von Mitgliedern der Banden angesprochen.

Die verführerische Welt des Verbrechens

Experten warnen davor, dass viele dieser Kinder auf der Suche nach Geld, Anerkennung oder einem Gefühl der Zugehörigkeit aktiv nach solchen Aufträgen suchen. „Heutzutage will jeder ein Mörder werden“, äußerte Viktor Grewe, ein ehemaliges Gangmitglied. Er bedauert die Tatsache, dass viele Jugendliche solche Ambitionen hegen.

Tony Quiroga, ein Polizeikommandant in Örebro, beschrieb die Situation als „skrupellose Ausbeutung von jungen Leuten“. Die kriminellen Subunternehmer schützen sich selbst und ihre Auftraggeber, indem sie Pseudonyme verwenden und mehrere Filter zwischen sich und den Tätern setzen. 

In Örebro patrouillieren Freiwillige in benachteiligten Vierteln und sprechen mit Jugendlichen über die Gefahren des Ganglebens. Diese jungen Leute glaubten nicht an eine Zukunft für sich, sagt Grewe, der mit 22 Jahren den Ausstieg aus der Kriminalität schaffte. Sie seien überzeugt, nicht älter als 25 zu werden.