Berlin. Die Ehrlich Brothers, die in „Magic Moves“ Kindern Mut machen, sprechen im Interview offen über einen eigenen schweren Schicksalsschlag.
Andreas und Chris Ehrlich füllen als Zauberer die Arenen der Welt. „Magic Moves“ (ab 30. November, ZDF, 19.25 Uhr) zeigt die Ehrlich Brothers indes auf ungewohnter Plattform: In einem Zaubercamp bringen sie Kindern mit halbseitiger Lähmung magische Tricks bei. Sie sind der festen Überzeugung, dass sie auch das Selbstbewusstsein der Kinder stärken. Andreas Ehrlich (46) ist der ältere Bruder von Chris (42). Beide wurden in Herford (Nordrhein-Westfalen) geboren. Die Zauberei half ihnen auch einen der größten Schicksalsschläge ihres Lebens zu verarbeiten – den Tod ihres Vaters.
Mit diesem Projekt wollten Sie motorischen Fähigkeiten ihrer jungen Schützlinge verbessern. Was wäre, wenn dieses Experiment nicht geglückt wäre?
Andreas Ehrlich: Das war auch unser erster Gedanke. Aber wir hatten einen Minimalkompromiss: Wir wollten den Kindern auf jeden Fall tolle Zauberkunststücke beibringen, sodass sie mit einer ordentlichen Portion an Selbstbewusstsein nach Hause fahren.
Chris Ehrlich: Was dann die Zauberei im Gehirn der Kids ausgelöst hat, damit hatten wir nie gerechnet. Das hat bei allen Beteiligten für Gänsehaut gesorgt. Wir sehen auch, wie pädagogisch wertvoll es ist, wenn Kinder in einer Welt, die total handy-fokussiert ist, das Smartphone zur Seite legen und mit ihren Händen und ihrem Körper motorisch gefordert sind.
Kann eigentlich jeder so einen Welterfolg als Zauberer feiern wie Sie?
CE: Theoretisch ja. In der Zauberkunst gibt es so viele Facetten, dass jeder seine Stärken ausleben kann. Unsere Spezialität sind große Illusionen, hinter denen sich technisch komplexe Konstruktionen verbergen, die wir zum Teil über Monate, wenn nicht Jahre mit Ingenieuren entwickelt haben.
AE: Aber man braucht eben auch Willen und Ausdauer. Man muss einen Weg finden, und der dauert wahrscheinlich länger, als man denkt.
CE: Man darf nicht zu früh aufgeben. Bei uns ging es mit dem Zauberkasten los. Später haben wir angefangen, eigene Illusionen zu entwickeln. Es gab Zeiten, wo wir beinahe vor dem Ruin standen. Wir sind häufig ein großes Risiko gefahren.
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Sie hatten dabei ja auch die Unterstützung Ihres Vaters.
AE: Unser Papa war der dritte Ehrlich Brother. Er hat alles begleitet und uns unser technisches Know-how beigebracht hat. Unsere Eltern haben uns vermittelt, dass der Spaß an der Freude immer dabei sein muss. Sie haben nie gesagt: Du musst das und das machen. Das hat uns auch bei dem Projekt ‚Magic Moves‘ geholfen. Wir wollten eine Motivation für die Kinder schaffen, ein tolles Kunststück zu erlernen, sodass sie gar nicht merken, wie sie ihre gelähmte Hand einsetzen.
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Ehrlich Brothers: Botschaft mit Draht an verstorbenen Vater
Sie haben Ihren Vater 2013 verloren.
AE: Wir haben unserem Papa eine Illusion gewidmet, bei der sich ein verbogener Draht von selbst zu einem Herz formt. Es fiel uns erst nicht leicht, das öffentlich aufzuführen, weil es so persönlich war. Aber wir haben so viel Zuspruch von Menschen erhalten, die auch einen geliebten Angehörigen verloren und durch unsere Illusion Halt bekommen haben. Da sind so manche Tränen geflossen.
CE: Wir hatten diese Illusion zum letzten Mal 2019 aufgeführt und jetzt haben wir sie in unsere aktuelle „Diamonds“-Tour aufgenommen. Es ist zum einen schwer, aber auch schön, sie wieder zu zeigen. Wir achten generell darauf, dass wir mehr Geschichten und Emotionen auf die Bühne bekommen. Wir mögen keine oberflächlichen Präsentationen.
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Was hat Sie denn in letzter Zeit emotional berührt?
AE: Bei „Magic Moves“ hatten wir ein Lagerfeuer mit den Kindern. Ich habe da erfahren, dass viele gehänselt und gemobbt werden. So habe ich dann aus meinem Leben erzählt: Ich kam vom Land, hatte als Achtjähriger eine dicke Brille auf der Nase, ich war schmächtig und in der Schule hatte ich einen Tornister, den mein Opa aus Kuhleder gefertigt hatte. Man nannte mich nur „Kuhtonne“.
Wie haben Sie darauf reagiert?
AE: Das haben mich die Kinder bei „Magic Moves“ auch gefragt. Ich habe für mich die Zauberei entdeckt, in die ich mich hineinflüchten konnte. Und das habe ich den Kindern gesagt: Ihr braucht etwas, was euch Spaß macht und Kraft gibt. Vielleicht dauert es ein paar Jahre, aber irgendwann werdet ihr dastehen und sagen: Das kann ich, das bin ich.
Wie kam es dazu, dass Sie Ihren Bruder zur Zauberei dazu holten?
AE: Er hat sich ursprünglich nicht dafür interessiert, aber irgendwann war er ein halbes Jahr im Schüleraustausch in Paris und hat mir geschrieben: „Kannst du mir ein paar Zauberkunststücke schicken, damit ich mit den anderen besser Kontakt knüpfen kann?“. Genau das habe ich gemacht.
CE: Isch ‘abe ein bisschen die Mädels verzaubert.
AE: Und nach vier Jahren bekam ich die Anfrage, ob ich auch auf Französisch zaubern könne. Und so habe ich meinen Bruder dazu geholt. An dem Abend hatten wir total viel Spaß und so haben wir gesehen: Zu zweit macht das viel mehr Bock. Das war die Geburtsstunde der Ehrlich Brothers.
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Läuft bei Ihnen alles harmonisch ab?
CE: Was wir immer schon hatten, ist eine gesunde Streitkultur. In unserer Kindheit war sie nicht so politisch korrekt wie heute, aber wir streiten uns nach wie vor, nie persönlich. Meist geht es um Fragen zur Inszenierung unserer Show. Es ist ein Trugschluss, dass man als Erwachsener nicht streiten darf. Wir können nur dazu ermutigen, den offenen Austausch zu suchen. Aber das Zauberwort dabei ist Respekt. Damit kann man es Jahrzehnte lang miteinander aushalten.
Andreas Ehrlich über ganz spezielle Familientradition
Andreas Ehrlich – Sie haben drei Kinder. Wie haben Sie die mit Ihrer Zauberei geprägt?
AE: Der Älteste ist 18 und hat es ein paar Jahre mit der Zauberei probiert, aber inzwischen hat er für sich entdeckt, dass er lieber Musik komponiert und Filme macht. Ich finde es toll, wenn die Kinder ihr Ding finden, auch wenn es nichts mit Zauberei zu tun hat.
CE: Allerdings nervt seine Kinder etwas, was uns schon bei unserem Papa genervt hat: Es wird nichts weggeworfen, sondern alles repariert.
Warum das? Was können Sie reparieren?
AE: Das fängt bei der Spülmaschine an und geht bis hin zu den Fahrrädern. Unser Papa war gelernter Maschinenbauer. Er hat uns beigebracht, erst zu schauen, was sich reparieren lässt, bevor man etwas wegschmeißt. Diese Tradition wird auch in der nächsten Generation weitergeführt.
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