Hamburg. In Tausenden Metern Höhe finden Wissenschaftler unglaubliche Details einer prähistorischen Welt. Sie erzählt viel über den Klimawandel.

Das Schmelzen der Alpengletscher durch den Klimawandel bringt nicht nur alarmierende ökologische Veränderungen mit sich, sondern legt auch erstaunliche archäologische Funde frei. Fossilien, Überreste längst ausgestorbener Tiere und sogar Relikte aus der menschlichen Geschichte, wie der Ötzi, kommen aus dem Eis ans Licht und eröffnen einen faszinierenden Blick in die Vergangenheit.

So offenbarte sich auf den Alpengipfeln des Valtellina Orobie Parks im Norden der italienischen Lombardei Wissenschaftlern eine Fülle an prähistorischer Natur, die 280 Millionen Jahre lang im Stein überdauerte. Auf der Felsoberfläche zeichneten sich die Abdrücke sehr dünner Finger sowie die Spuren langer, flexibler Schwänze ab. Und die Untersuchung entdeckte noch weitere erstaunliche Details.

Alpen-Fossilien: Wanderin macht erstaunlichen Fund in Italien

Sogar Wellenabdrücke und Regentropfen, die einst auf den prähistorischen Schlamm fielen, wurden konserviert, als der Schlamm zu Stein wurde. Auf einer Pressekonferenz am 13. November stellte das Naturhistorischen Museum Mailand der Öffentlichkeit die Entdeckungen vor. Demnach wurden viele der Fossilien mithilfe eines Hubschraubers aus großer Höhe geborgen.

Fingerabdrücke stammen wahrscheinlich von Reptilien, die vor den Dinosauriern lebten.
Fingerabdrücke stammen wahrscheinlich von Reptilien, die vor den Dinosauriern lebten. © Lorenzo Marchetti / Soprintendenza Archeologia, Belle Arti e Paesaggio delle province di Como, Lecco, Monza-Brianza, Pavia, Sondrio e Varese.

Laut einem Statement des Museums stieß die Wanderin Claudia Steffensen bei einem Spaziergang auf 1700 Metern Höhe auf die ersten Fossilienspuren im Gestein. Sie berichtete davon ihrem Freund Elio Della Ferrera, einem Naturfotografen, der Fotos von den Fossilien an den Paläontologen des Museums von Mailand schickte.

Dank anschließender Untersuchungen haben Elio Della Ferrera und die Forscher ab Sommer 2023 Hunderte von Fossilienspuren fotografiert und kartiert, die noch immer vor Ort auf fast 3000 Metern Höhe zutage treten. Auch in den tiefer liegenden Erdrutschansammlungen findet das Team reichlich Material aus der Urzeit.

Forscher begeistert: Fossilien sind Vorgänger der Dinosaurier

Auf geschichteten Felsbrocken, die nur wenige Meter groß sind, finden sich Fußabdrücke von Tetrapoden (Reptilien und Amphibien) und Wirbellosen (Insekten, Arthropoden), heißt es in der Pressemitteilung. Die Spuren stammen aus dem Perm (298,9 Millionen bis 251,9 Millionen Jahre vor unserer Zeit), der letzten Periode des Erdzeitalters Paläozoikum, das mit einem Massensterben endete.

„Zu dieser Zeit gab es noch keine Dinosaurier, aber die Urheber der größten hier gefundenen Fußabdrücke müssen beträchtliche Ausmaße gehabt haben: bis zu 2 bis 3 Meter lang“, zitiert das Statement den Paläontologen Cristiano Dal Sasso. Versteinerte Fußabdrücke von mindestens fünf verschiedenen Tierarten zählten die Forscher auf manchen Oberflächen.

Klimawandel: Forscher sehen Parallelen zur Entstehungszeit der Fossilien

„Die Fußabdrücke entstanden, als diese Sandsteine ​​und Schiefer noch aus wassergetränktem Sand und Schlamm bestanden“, erklärte der Sedimentologe Ausonio Ronchi. Sie lagen an den Rändern von Flüssen und Seen, die je nach Jahreszeit regelmäßig austrockneten. „Die Sommersonne trocknete diese Oberflächen aus und verhärtete sie so sehr, dass der Rückfluss von neuem Wasser die Fußabdrücke nicht verwischte, sondern sie im Gegenteil mit neuem Lehm bedeckte und eine Schutzschicht bildete.“

So wurden sogar so beeindruckende Details wie die Abdrücke von Fingerspitzen und die Abdrücke der Bauchhaut einiger Tiere bewahrt. Neben Tierspuren gibt es im Val d‘Ambria auch seltene Fossilien von Pflanzenwedeln, Stängelfragmenten und Samen.

Relevanz haben die Funde, weil sie einen wichtigen Einblick liefern in eine andere Phase der globalen Erwärmung. Vor Hunderten Millionen Jahren gab es einen durch Vulkanausbrüche verursachten Anstieg des Treibhauseffekts, der zum Abschmelzen der Polkappen und zur Entwicklung tropischer Umgebungen führte. Diese waren stark saisonabhängig und zunehmend trockener, was damals Reptilien gegenüber Amphibien begünstigte und zum Aussterben vieler anderer Tiere führte.

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