Berlin. Ein Käse floriert auf dem Schwarzmarkt in Sardinien – ein Insider verrät, warum manche extra für ihn einfliegen. Die Behörden warnen.

In ganz Europa ist er verboten, unter der Hand ist er für ein kleines Vermögen aber immer noch zu haben: der „Casu Marzu“. Bei diesem Käse handelt es sich um eine sehr fragwürdige Delikatesse aus Sardinien. Er gilt offiziell als gefährlichster Käse der Welt und ist mit diesem Titel seit 2009 im „Guinness Buch der Rekorde“ eingetragen.

Ein Jahr im Voraus müssen Gourmets den weichen Käse aus Sardinien bestellen. Der Grund: Er beinhaltet haufenweise Maden. Die Herstellung und der Verkauf wurde von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit untersagt. Dass der Name „Casu Marzu“ auf Sardisch „verrotteter Käse“ bedeutet, scheint da gar nicht so verwunderlich.

Maden machen den Käse zu dem, was er ist

„Berüchtigt“ ist das Produkt aus Schafsmilch wegen den Maden der „Piophila casei“, einer Fliegenart. Sie sind bis zu einem Zentimeter lang, weißlich–transparent und springen gern in die Luft – bis zu 15 Zentimeter hoch und unter Umständen direkt ins Auge des Gourmets.

Die Herstellung dieser Käseart ist langwierig und erfordert mehrere Monate. In die Mitte des Käselaibes wird ein Loch gebohrt, in das Olivenöl gegossen wird. Das zieht Fliegen an. Diese legen dann ihre Eier in den Käse, sodass Maden schlüpfen. Diese wandeln den Käse durch ihre Verdauung um, was ihn cremig macht und ihm einen scharfen Geschmack verleiht.

Travel Destination: Sardinia, Italy
Die Touristen in Sardinien kommen vermutlich nicht in den Genuss des Käses vom Schwarzmarkt. © picture alliance / NurPhoto | Emmanuele Contini

Der Käse reagiert auf diesen Prozess mit dem Absondern einer Flüssigkeit, der sogenannten „Lagrima“ (Träne). Erst dann ist sein Aroma perfekt. Die wahren Liebhaber dieses Schafskäses essen das schmierige Innere direkt aus dem runden Laib. Die lebenden Maden werden mitverzehrt am besten auf dem lokalen, knusprigen Brot Pane Carasau und mit reichlich Cannonau, dem kräftigen Rotwein Sardiniens, hinuntergespült.

Käse gibt es nur auf dem Schwarzmarkt

In den Restaurants steht der „verrottete Käse“ nicht auf der Karte, da er laut EU–Vorschriften handelt seit 2005 auf der Liste der verbotenen Lebensmittel steht. Dem florierenden Schwarzmarkt tut das aber keinen Abbruch.

Schriftsteller Giacomo Mameli, der in Perdasdefogu, einer 1.700–Seelen–Gemeinde im Inneren Sardiniens lebt, ist ein großer Anhänger: „Ich liebe diesen Käse und bestelle ihn von Jahr zu Jahr bei einem vertrauten Hirten. Dann lade ich Freunde ein, um ihn gemeinsam zu kosten. Einige meiner Freunde aus dem Ausland steigen sogar in einen Flieger, um hierherzukommen und diese Delikatesse zu genießen.“

Seit seiner Kindheit isst der 84-Jährige den „Casu Marzu“, der auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblickt, die eng mit dem Hirtentum auf der Insel verbunden ist. Der Käse, der einst in den Hirtenfamilien auf den Tisch kam, ist inzwischen zu einer teuren Delikatesse aufgerückt. Die Preise werden aber nicht verraten.

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„Jeder, der diesen Käse liebt, hat einen Produzenten, den er gut kennt und bei dem er Jahr für Jahr diese Spezialität bestellt. Die Namen dieser Hersteller sind jedoch streng vertraulich, denn die Produktion des ‚Casu Marzu‘ ist verboten. Die Produzenten wollen keine Probleme mit den Behörden haben, ihre Namen findet man nicht im Internet“, meint Mameli.

Maden-Käse soll sehr gesund sein – EU-Behörde warnt

Ernährungsforscher preisen den niedrigen Fettanteil und den hohen Gehalt an nahrhaftem Protein. Mameli ist der Ansicht, dass die ursardische Spezialität mit der kriechenden Eiweißquelle nicht nur köstlich, sondern sehr gesund und ideal für die Darmflora ist. Die Universität von Sassari, die zweitgrößten Stadt der Mittelmeerinsel, hat inzwischen ein Verfahren entwickelt, mit dem sich die Maden im Käse keimfrei und hygienisch kontrolliert entwickeln lassen.

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Der Verzehr von Insekten liegt derzeit im Trend, sie gelten immerhin als große Eiweißlieferanten. Auf den Supermarktregalen in vielen europäischen Ländern ist inzwischen Grillenmehl zu erhalten. Bei den Maden, die zur Produktion des „Casu Marzu“ beitragen, sieht die EU–Behörde jedoch die Lage anders. Maden, die lebend verschluckt werden, können ernsthafte Schäden im Körper verursachen. Daher ist der Käse verboten. Die Experten meinen, die Maden könnten Übelkeit, Erbrechen und blutigen Durchfall verursachen, wenn sie nicht sehr gut zerkaut werden. Die Sarden, stolze Inselbewohner, denken da aber anders.