Hamburg. Historischer Fund: Bei Ausgrabungen am Blackberry Hill Hospital in Bristol wurden 4500 Gräber entdeckt, die seltene Einblicke gewähren.

Die Entdeckung von Tausenden Gräbern im englischen Bristol könnte Archäologen und Wissenschaftlern wertvolle Einblicke in das Leben einer englischen Stadt im 19. Jahrhundert gewähren. Der Fokus richtet sich dabei auf die menschlichen Überreste, die verarmten Menschen in den Arbeitshäusern zugeschrieben werden. Ihre Lebensumstände sollen mittels Analysen näher untersucht werden.

England: Forscher stoßen auf 4500 nicht gekennzeichnete Gräber

Im späten 18. Jahrhundert errichtet, diente das Gelände als Kriegsgefangenenlager (Stapleton Prison), in dem hauptsächlich gefangene Seeleute aus den Kriegen Großbritanniens mit Frankreich, Spanien, Holland und den Vereinigten Staaten untergebracht waren. Die Ära der Gefängnisse endete mit dem Ende der napoleonischen Kriege.

Im Jahr 1832, als im Vereinigten Königreich die Cholera ausbrach, wurde das Gefängnis in ein Krankenhaus umgewandelt, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen, die mehr als 50.000 Menschenleben forderte. Diese anfängliche Funktion im Gesundheitswesen war jedoch nur von kurzer Dauer, denn 1837 wurde die Einrichtung erneut in das Stapleton Workhouse umgewandelt, das die verarmten Menschen von Bristol beherbergen sollte. Nach Angaben von Cotswold Archaeology litten viele, die im Arbeitshaus untergebracht waren, unter extremer Armut, Vernachlässigung und Entbehrungen.

Diese elenden Zustände in den Arbeitshäusern bilden die Romangrundlage für Charles Dickens‘ „Oliver Twist“.

Archäologen staunen über sterbliche Überreste

Bei den Ausgrabungen konnten 4500 nicht gekennzeichnete Gräber freigelegt werden, die hauptsächlich aus der Zeit der Arbeitshäuser stammen. Laufende Untersuchungen ausgewählter sterblicher Überreste sollen das Verständnis für das Leben, die Gesundheit und die Sterblichkeit im Bristol des 19. Jahrhunderts vertiefen. Die Forscher analysieren die sterblichen Überreste zusammen mit persönlichen Gegenständen, die in den Gräbern gefunden wurden.

Der Umgang mit den Gräbern soll „pietätvoll und rechtmäßig“ erfolgen. Laut Richard Leaman, Diözesansekretär der Diözese Bristol, soll zukünftig eine Gedenktafel an die Gräber erinnern. Eine abschließende Zeremonie soll die geplanten Umbettungen begleiten. Die Ausgrabungen werden voraussichtlich bis 2026 andauern.