Berlin. Erst Zähneputzen, dann noch eine Mundspülung: So halten es viele Menschen. Warum sie sich damit vielleicht keinen Gefallen tun.

Mundspülungen gehören für viele Menschen zum täglichen Hygieneritual. Viele sind davon überzeugt, dass Zähneputzen und Zahnseide nicht ausreichen, um Karies und Parodontose zu verhindern oder glauben, durch regelmäßiges Gurgeln Mundgeruch vorbeugen zu können. Wie mehrere Studien nun herausgefunden haben, kann so manche Mundspülung allerdings negative Auswirkungen haben. Statt krankmachende Bakterien im Rachenraum abzutöten, scheinen einige diese sogar zu begünstigen.

Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Antwerpen hatten zuletzt Mundspülungen untersucht, die Alkohol enthielten. Ihre Ergebnisse publizierten sie im Juni im „Journal of Medical Microbiology“. Vor allem der Hersteller Johnson & Johnson dürfte nicht amüsiert gewesen sein. Seine Mundspülung „Listerine Cool Mint“ , die seit 1995 in Deutschland vertrieben wird und zu den meistverkauften zählt, schnitt nämlich besonders schlecht ab.

Mundspülung kann vermutlich Entstehung von Krebs begünstigen

Durch Abstriche im Mund- und Rachenraum entdeckten die Forscher bei Probanden, die „Listerine Cool Mint“ über drei Monate regelmäßig verwendet hatten, zwei Bakterienarten, von denen eine im Verdacht steht, Krebs auszulösen oder zumindest zu begünstigen: Streptococcus anginosus. Dieses Bakterium tritt vermehrt bei Patienten auf, die an Magen- oder Speiseröhrenkrebs erkrankt sind. Auch Fusobacterium nucleatum trat nach regelmäßigen Spülungen mit „Listerine Cool Mint“ verstärkt auf. Das Bakterium soll die Entstehung Parodontose befördern.

Die Ergebnisse der belgischen Wissenschaftler wurden gerade durch Untersuchungen der Zeitschrift „Ökotest“ bestätigt. Hier wurden 27 Mundspülungen genauer unter die Lupe genommen und im Labor auf mögliche Schadstoffe untersucht. Das Ergebnis: Licht, aber auch viel Schatten. 13 Produkte stuften die Wissenschaftler als „sehr gut“ und damit als empfehlenswert ein. Drei Mundspülungen erhielten dagegen die Note „ungenügend“ und fielen durch, darunter „Listerine Cool Mint“. Auch die Mundspülungen Parodontax Mundspülung Repair und die Lacalut Aktiv Mundspül-Lösung erhielten die schlechteste Note.

Im Labor fand sich bei der getesteten Listerine-Mundspülung der Duft- und Aromastoff Methylsalicylat. Dieser wird seit 2021 in der EU als vermutlich fortpflanzungsschädigend eingestuft und muss künftig auf der Packung extra deklariert werden. Immerhin dies ist bei Listerine bereits jetzt der Fall. Die Forscher entdeckten bei der Mundspülung von Listerine darüber hinaus Natriumlaurylsulfat, ein aggressives Tensid, das die Schleimhäute reizen kann. „Öko-Test“ bemängelt weiterhin PEG-Verbindungen in der Spülung. Diese Substanzen können die Schleimhäute durchlässiger für Fremdstoffe machen.

Studie: Mundspülungen haben vermutlich Einfluss auf Blutdruck

Wer dennoch nicht auf seine Mundspülung verzichten will, kann getrost auf ein billigeres Produkt umsteigen. Einer der Testsieger, die „Dentabella Mundspülung Antibakteriell“ von Norma, kostet etwa nur 0,83 Euro pro 500 Milliliter und wirkt laut Testergebnis gut gegen Karies und Plaque.

Ausgewogene Ernährung: Tipps von Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl

  • Essen Sie fünf Hände voll Obst (2x) und Gemüse (3x) am Tag,
  • Nutzen Sie Vollkorn-Produkte,
  • Essen sie prä- und probiotische Lebensmittel: Joghurt (auch vegan), Kefir, Buttermilch, Kimchi, Sauerkraut etc.,
  • Essen Sie Hülsenfrüchte und Nüsse,
  • „Eat the rainbow“: Seien Sie flexibel und abwechslungsreich in ihrer gesunden Lebensmittelauswahl.

Skeptiker können sich dagegen auf eine weitere Studie aus Großbritannien berufen. Diese konnte nachweisen, dass antimikrobielle Mundspülungen den Blutdruck steigen lassen. Im Mund wird unter anderem Nitrat aus Obst und Gemüse in Nitrit umgewandelt – ein Stoff, der den Blutdruck reguliert. Bestimmte Bakterien töten bereits im Mund Krankheitserreger ab. Wird das Mikrobiom jedoch durcheinandergebracht, können die Bakterien diese Aufgaben nicht mehr erledigen.

Wer auf Nummer sicher gehen und seine Mundflora keinen Risiken aussetzen will, sollte dann vielleicht doch nur auf die Zahnbürste setzen und ab und zu Zahnseide oder eine Interdentalzahnbürste verwenden. tok