Berlin. Ein Taxifahrer wird auf Mallorca verprügelt. Die Verdächtigen: deutsche Polizisten. Ihre Gewerkschaft warnt vor einer Vorverurteilung.

Die Prügelattacke von Mallorca zieht immer weiter Kreise. Jetzt hat sich die regionale Gewerkschaft der Polizei (GdP) eingeschaltet. Sie warnt vor einer Vorverurteilung.

Ein spanischer Taxifahrer war krankenhausreif geschlagen worden. Als Täter werden mehrere Polizisten aus dem Raum Essen verdächtig, die auf der Ferieninsel Urlaub machten und nach Einschätzung ihres Arbeitgebers „wohl involviert“ sind.

Unschuldsvermutung auch für Polizisten

Die GdP Essen/Mülheim mahnte eine „objektive und faire Klärung des Vorfalls“ an. „Wir hatten direkten Kontakt zu den betroffenen Polizeibeamten, die uns gegenüber den Vorfall in einer völlig anderen Weise glaubhaft geschildert haben.“

Der Taxifahrer ging an die Öffentlichkeit, die mutmaßlichen Täter nicht. Unklar ist, in welchen Punkten die Schilderungen von Opfer und Polizisten abweichen. Allerdings übermittelte die GdP dem Taxifahrer die besten Genesungswünsche.

Das Kernanliegen der Gewerkschaft: die Unschuldsvermutung. Sie müsse auch für Polizeibeamte gelten. Der Essener GdP-Chef Jörg Brackmann erklärte: „Bevor voreilige Verurteilungen stattfinden, müssen alle Beweise, Zeugenaussagen und Stellungnahmen der betroffenen Personen sorgfältig gesichert und geprüft werden.“

Große Irritationen auf der Ferieninsel

Schlägereien kommen im Sauftourismus auf Mallorca vor. Viele irritiert und schockiert, dass deutsche Polizisten daran involviert waren. Wie die Inselmedien unter Berufung auf die örtliche Polizei mitteilten, ereignete sich der Prügelangriff am Dienstagmorgen gegen sechs Uhr.

Wie der betroffene Fahrer berichtet, bestellten sieben Männer in der sogenannten Schinkenstraße – dem Epizentrum des deutschen Partytourismus auf Mallorca – zwei Taxis. Sie wollten in ein Landhotel rund 50 Kilometer entfernt gefahren werden. Im zweiten Fahrzeug stiegen drei Männer ein, zwei davon „stockbetrunken und im Halbschlaf“, so der Fahrer José María P. gegenüber lokalen Medien.

Auch interessant

Die Fahrt verlief problemlos. „Sie teilten sich die Rechnung und gaben mir gutes Trinkgeld. Ich half noch dabei, die zwei Trunkenbolde auszuladen.“ Doch bei der Ankunft vermisste einer der Touristen sein Handy. Die offenbar stark angetrunkenen Urlauber sollen daraufhin den Fahrer verdächtigt haben, das Telefon gestohlen zu haben. Die Lage eskalierte und die Männer begannen, so heißt es, auf ihren Chauffeur einzuprügeln. Als er nach der Polizei gerufen habe, hätten sie behauptet, sie seien Polizisten und ihm ihre Ausweise gezeigt. „Ich dachte, sie würden mich umbringen“, sagte der 71-Jährige der „Mallorca Zeitung“.

Schinkenstraße am Ballermann: Betrunkene Fahrgäste gehen auf Taxifahrer los

„Sie nahmen ihn in die Mitte und schlugen immer wieder zu“, berichtet Óscar P., Sohn des Taxifahrers, im Inselfernsehen RTVE. Erst als die Polizei anrückte, ließen die Gewalttäter von dem Fahrer ab. Er musste mit zwei gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Arm und einem blutunterlaufenen Auge ins Krankenhaus gebracht werden. Seinem Vater drohe eine Erblindung auf einem Auge, so der Sohn weiter. Wie die „Mallorca Zeitung“ berichtet, soll sich das gestohlene Handy unterdessen in einer Tasche der Sauftouristen wiedergefunden haben.

Taxifahrer auf Mallorca verprügelt
Der Taxifahrer José María P. kam nach der Attacke mit zwei gebrochenen Rippen, einem Armbruch und einem blutunterlaufenen Auge ins Krankenhaus. © Crimespot | Crimespot

Insgesamt hätten vier Männer auf ihn eingeprügelt, so der Fahrer weiter. Ihr Alter schätzte er auf Ende 20, Mitte 30. Verhaftet wurde zunächst nur ein Mann, und zwar wegen des mutmaßlichen Bestechungsversuches: Als die Guardia Civil eintraf, habe einer der Schläger versucht, beide Seiten zu bestechen. „Er bot mir und den Polizisten Geld an, damit wir auf eine Anzeige verzichten”, sagte der Taxifahrer José María P. der „Mallorca Zeitung“. „Ich sagte ihm, er solle sich seine Scheine sonst wohin stecken. Ich will juristische Gerechtigkeit.“

Auch interessant

Im Krankenhaus hatte das Opfer auf Fotos zwei weitere mutmaßliche Angreifer identifiziert. Insgesamt waren vier mutmaßliche Beteiligte vorläufig festgenommen worden, wie die mallorquinischen Behörden mitteilten. Ermittelt wird nun wegen Körperverletzung. Besonders schockierend – die Identität der mutmaßlichen Täter: Wie José María P. berichtete, sollen sich die Schläger in der Tatnacht als deutsche Polizisten vorgestellt haben. Dies bestätigte auch der Sohn des Opfers unter Berufung auf seinen Anwalt.

Polizisten freigelassen

Vielleicht erklärt dieser Umstand auch, dass der Untersuchungsrichter, der die Urlauber vernahm, die Beschuldigten wieder laufen ließ – obwohl weiter gegen sie ermittelt wird. Sie durften sogar am Mittwoch, am Tag nach der Tat, wieder nach Deutschland reisen. Der Sohn des Opfers behauptet, sie hätten keine Aussagen gemacht und seien ohne Kaution oder sonstige Auflagen freigekommen: „Unser Anwalt erklärte mir, die Fluchtgefahr sei nicht gegeben, da es sich um Polizisten handle.“

Taxifahrer auf Mallorca verprügelt
Ein Verdächtiger wurde auf Mallorca verhaftet. © Crimespot | Crimespot

Die erschreckende Tat reiht sich in eine Serie von Vorfällen ein, die auf Mallorca das Bild vom hässlichen deutschen Sauftouristen nähren. Vor zwei Jahren waren es 13 deutsche Kegelbrüder, darunter Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr, die wegen des Verdachts der Brandstiftung festgenommen wurden. 2023 kamen vier Deutsche wegen einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer Urlauberin in U-Haft – wo sie heute noch sitzen.

Wie sehr solche Ereignisse in Zeiten zunehmender Proteste gegen den Massentourismus das Image deutscher Touristen auf Mallorca in Mitleidenschaft ziehen, zeigt das Fazit des Taxifahrers in der „Mallorca Zeitung“: „40 Jahre lang habe ich Deutsche auf Mallorca umherkutschiert. Ich hatte nie ein Problem mit ihnen. Selbst nicht bei den Nachtschichten an der Playa de Palma“, sagt er. „Oft hat man mich gefragt, was ich von den Deutschen halte. Ich war immer voll des Lobes. Doch jetzt will ich sie nicht mal mehr am Strand liegen sehen.“