Berlin. In einem Abwasserkanal haben Archäologen eine vollständig erhaltene Hermes-Statue entdeckt – und hegen einen interessanten Verdacht.
Wie so oft in der Archäologie war die Entdeckung in der antiken Stadt Heraclea Sintica im bulgarischen Mazedonien an der Grenze zu Griechenland eine Mischung aus Zufall und Neugier. In einem alten römischen Abwasserkanal stieß ein Forscherteam auf eine fast vollständig erhaltene Marmorskulptur des griechischen Gottes Hermes.
Herausragender Fund: Parallelen zu Hermes erkennbar
Das Archäologenteam um Forschungsleiter Lyudmil Vagalinski entdeckte die über zwei Meter hohe Statue. Bei ihrer Entdeckung trug die Statue einen drapierten Mantel, die Chlamys, und hatte einen Baumstamm neben ihrem Bein. Diese Merkmale sowie die Körperhaltung ähneln der Statue des Hermes Atalante aus Zentralgriechenland. Die Archäologen schlossen daraus, dass es sich um ein römisches Abbild eines antiken griechischen Originals des Gottes Hermes handelte.
- Dank geheimer Fotos: Polizei findet prall gefülltes Schatz-Grab
- Polen: Archäologen lösen 400 Jahre altes Rätsel um „Vampirfrau“
- Unterwasser-Archäologie: Wrack von legendärem U-Boot aus Zweitem Weltkrieg gefunden
- Kannibalismus: Archäologen machen schaurige Entdeckung in Jamestown-Kolonie
- Altes Ägypten: Krebsoperationen schon vor 4300 Jahren?
Archäologie: Einwohner verbargen Statue vermutlich im Kanal
Die Statue wurde nach Angaben der Forscher aus einem einzigen Marmorblock gefertigt, der vermutlich aus dem 2. Jahrhundert stammt. Bemerkenswert sei aber vor allem, dass die Statue im Gegensatz zu vielen anderen ihren Kopf noch auf dem Hals trägt. „Der Kopf ist erhalten, es gibt nur wenige Bruchstellen an den Händen“, berichtet Vagalinski.
Diese ungewöhnliche Erhaltung lässt die Forscher vermuten, dass die Heiden die Statue nach dem großen Erdbeben im 4. Jahrhundert absichtlich in der Kanalisation vergruben, um sie vor der Zerstörung zu bewahren, nachdem das Christentum zur offiziellen Religion im Römischen Reich geworden war. Für Vagalinski symbolisiert dieser Fund auch den widerständigen Geist einiger Bewohner der Stadt. „Alles Heidnische war verboten, und trotzdem kümmerten sie sich um ihre alten Götter“, erklärt der Archäologe.
Die untergegangene Stadt Heraclea Sintica
Heraclea Sintica war eine ausgedehnte Stadt, die zwischen 356 v. Chr. und 339 v. Chr. von König Philipp II. von Makedonien in der heutigen bulgarischen Region Pirin-Makedonien gegründet wurde. Ein Erdbeben im 4. Jahrhundert zerstörte die Stadt weitgehend, wobei die Stadtbasilika und große Teile der Infrastruktur einstürzten. Daraufhin wurde die Stadt schnell verlassen und um 500 n. Chr. weitgehend aufgegeben.
Die Ruinen wurden erst 2002 als Heraclea Sintica identifiziert, nachdem eine lateinische Inschrift gefunden wurde, die den Briefwechsel zwischen Kaiser Galerius und Caesar Maximinus II. dokumentierte.