Berlin. Schreiber gehörten im alten Ägypten zur Elite. Eine Studie zeigt nun: Sie wurden von einer Krankheit geplagt, die es bis heute gibt.

Archäologen haben jetzt herausgefunden, dass es eine vermeintliche „Berufskrankheit“ der Neuzeit schon vor mehr als 4000 Jahren im alten Ägypten gab. Demnach haben sogenannte Schreiber im alten Ägypten in so beengten und gebeugten Positionen gearbeitet, dass sie möglicherweise Arthrose in ihren Gelenken und andere Skelettprobleme entwickelten.

Die Wissenschaftler haben dafür die Skelette von 69 erwachsenen Männern – 30 davon waren Schreiber – untersucht, die zwischen 2700 und 2180 v. Chr. in einer Nekropole in Abusir, einer Pyramidengräberstätte in Ägypten, begraben wurden. Die Analyse ihrer Knochen wurde jetzt in der Zeitschrift „Scientific Reports“ veröffentlicht.

Schreiber hatten im alten Ägypten hohes Ansehen

Schreiber zu sein, galt im alten Ägypten als Beruf mit hohem Ansehen, insbesondere da diese Männer lesen und schreiben konnten – eine Fähigkeit, die laut dem University College London nur 1 bis 5 Prozent der altägyptischen Bevölkerung besaßen. „Beamte mit Schreibfähigkeiten gehörten zur Elite der Zeit und bildeten das Rückgrat der Staatsverwaltung“, sagte die Co-Autorin der Studie, Veronika Dulíková, Ägyptologin der Karls-Universität in Prag, gegenüber „Live Science“. „Sie waren daher wichtig für das Funktionieren und die Verwaltung des gesamten Landes.“

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Demnach hätten die Schreiber jedoch auch Nachteile in ihrem Beruf gehabt, da sie oft die immer gleichen Verwaltungsaufgaben erledigten, bei denen sie über längere Zeit in bestimmten Positionen sitzen mussten, heißt es in der Studie.

Den Forschern fiel auf, dass die Skelette der Schreiber deutlichere degenerative Veränderungen in ihren Gelenken aufwiesen als die erwachsenen Männer, die andere Berufe ausübten. Die am stärksten betroffenen Bereiche waren das rechte Schlüsselbein, der rechte Oberarmknochen an der Stelle, an der er mit der Schulterpfanne verbunden ist, die Unterseite des rechten Oberschenkelknochens an der Stelle, an der er auf das Knie trifft, und der Wirbel am oberen Ende der Wirbelsäule.

Berufliche Risikofaktoren wie heute

Die Wissenschaftler entdeckten weiterhin einzigartige Einkerbungen in beiden Kniescheiben jedes Schreibers, sowie eine „abgeflachte Oberfläche an einem Knochen im unteren Teil des rechten Knöchels“, heißt es in der Studie. Diese Skelettveränderungen würden darauf hindeuten, dass die Schreiber wahrscheinlich lange Zeit im Schneidersitz saßen oder auf dem linken Bein knieten, wobei das rechte Bein nach oben gebeugt war und sie den Papyrus im Schoß hielten. Und – ähnlich wie die heutigen Büroangestellten – saßen die Schreiber beim Schreiben gebeugt.

„In der typischen Arbeitsposition eines Schreibers musste der Kopf nach vorne gebeugt und die Wirbelsäule gebeugt werden, was den Schwerpunkt des Kopfes veränderte und die Wirbelsäule belastete“, sagte die Hauptautorin Petra Brukner Havelková, Anthropologin des Nationalmuseums in Prag. „Und der Zusammenhang zwischen Kiefererkrankungen und Funktionsstörungen der Halswirbelsäule oder Nacken-/Schultersymptomen ist gut dokumentiert oder durch klinische Studien belegt.“

Sie fügte hinzu: „Wir können erkennen, dass sie zwar hochrangige Würdenträger waren, die zur altägyptischen Elite gehörten, aber dieselben Sorgen hatten wie wir heute und in ihrem Beruf ähnlichen beruflichen Risikofaktoren ausgesetzt waren wie die meisten Beamten heute.“

Statuen geben Vorstellung von Haltung der Schreiber

Es wurden auch zahlreiche Statuen und Wandmalereien in Gräbern gefunden, die Schreiber in genau diesen Positionen bei der Ausübung ihrer Aufgaben zeigen. „Die Reliefdekoration in Gräbern und Schreiberstatuen gibt uns eine Vorstellung von der Haltung der Schreiber jener Zeit“, sagte Dulíková. „Sie nahmen unterschiedliche Sitz- und Stehpositionen ein. Diese sind daher sehr wichtig für die Untersuchung der damit verbundenen körperlichen Veränderungen.“

Auch die Kiefer und der erste Knochen in ihrem rechten Daumen schienen betroffen zu sein und wiesen Abnutzungserscheinungen auf, die bei anderen Skeletten nicht zu sehen gewesesn seien. Die Wissenschaftler erklären, dass dies wahrscheinlich darauf zurückzuführen sei, dass die Schreiber die Enden von Binsenstängeln kauten, um Schreibutensilien herzustellen, die sie dann beim Schreiben mit ihren Daumen zusammendrückten.

„Unsere Forschung zeigt, dass das Verweilen in einer Sitz- oder Knieposition mit gekreuzten Beinen über längere Zeiträume und die sich wiederholenden Aufgaben im Zusammenhang mit dem Schreiben und dem Anpassen der Binsenstifte während der Schreibtätigkeit zu einer extremen Überlastung der Kiefer-, Nacken- und Schulterregionen führten“, schrieben die Autoren in der Studie.