Kairo. Nicht nur Pharaonen wurden aufwendig beigesetzt. Ein neu entdecktes Grab bringt neue Erkenntnisse über Leben und Tod von hohen Beamten.
Reich geschmückte Gräber waren im alten Ägypten nicht nur etwas für Königinnen und Könige. Auch wohlhabende Beamte leisteten sich den Aufwand, in repräsentativen Anlagen bestattet zu werden. Ein besonders herausragendes Beispiel haben nun Wissenschaftler des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) vorgestellt. Die Archäologen fanden in dem Ort Daschur wenige Kilometer westlich des Nils und rund 40 Kilometer südlich des Zentrums von Kairo die Grabanlage eines Mannes namens Seneb-nebef.
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Laut Angaben des DAI war Seneb-nebef um 2300 v. Chr. (Ende 5. oder Anfang 6. Dynastie der pharaonischen Herrscher) leitender Beamter in der Verwaltung des Palastbezirks in der Pyramidenstadt von Dahschur. Dahschur ist neben Gizeh und Sakkara eine der drei wichtigen Königsnekropolen im Einzugsgebiet der altägyptischen Hauptstadt Memphis unweit des heutigen Kairos. Die ersten und größten Pyramiden des frühen Pharaonenreichs wurden auf dem felsigen Plateau in der Wüste errichtet, das sich heute nilaufwärts über Gizeh und Sakkara bis nach Dahschur ausdehnt.
Daschur: Pyramiden sind dort nicht die einzigen besonderen Gräber
Berühmt in Dahschur sind die sogenannte Rote Pyramide und die Knickpyramide des Pharaos Snofru (4. Dynastie, 2670 bis 2620 v. Chr.). Snofru ist Vater von Cheops, der später seine eigene Weltwunderpyramide in Gizeh errichtete. Die Rote Pyramide verdankt ihren Namen der rötlichen Färbung des Gesteins, mit der sie errichtet wurde. Sie ist nach den beiden großen Pyramiden von Gizeh (von Cheops und von dessen Sohn Chefren) die drittgrößte Pyramide in Ägypten.
Die Knickpyramide ist deshalb so ungewöhnlich, weil sie an den Kanten eingeknickt ist. Vielleicht gab das Erdreich an der Stelle nach. Gemeinhin gilt sie als mögliches Versuchsprojekt der altägyptischen Baumeister, um zu lernen und auszuprobieren, wie man später die Rote Pyramide bauen könnte.
Was die Archäologen des DAI in Kooperation mit der Freien Universität Berlin jedoch nun auf dem weitläufigen Friedhof in Dahschur ausgegraben haben, ähnelt einer Pyramide nur zum kleinen Teil. Seneb-nebef, der seinerzeit mehrere Ämter innehatte, wurde in einer sogenannten Mastaba bestattet. „Pyramiden sind die Gräber von Königen, manchmal auch der Königinnen. Die Mastabas sind die Gräber der Leute, die eben keine Könige sind. Selbst Prinzen haben Mastaba-Gräber erhalten, keine Pyramiden“, erklärt Stephan Seidlmayer, Ausgrabungsleiter des DAI in Dahschur, dieser Redaktion.
Seneb-nebef: Deswegen ist sein Mastaba-Grab so einzigartig
Der Unterschied eines Mastabas zu einer Pyramide bestehe vor allem äußerlich in der Form, so der Archäologe. Ein Mastaba-Grab sei ein rechteckiger, meist nord-südlich ausgerichteter Baublock, außen mit abgeschrägten Wänden, aber vor allem eben ohne Spitze. „Je nach Zeit und Form sind in diesen Block begehbare Kammern in unterschiedlicher Zahl integriert“, sagt Seidlmayer. „Im Fall des Seneb-nebef gibt es einen Korridor, der in einen Kultraum führt.“
In diesem Korridor und dem Kultraum fanden die Archäologen jedoch nicht nur Hinweise auf den hohen Beamten, sondern auch auf dessen Ehefrau Idut. Den Inschriften im Grab zufolge war Idut eine Priesterin der Mutter-, Liebes- und Totengottheit Hathor. Hathor wiederum war – so steht es in den Hieroglyphen an den Wänden geschrieben – eine Herrin des Heiligtums der Sykomore, der Maulbeerfeige. Dieser weit verbreitete Baum wurde zur Zeit von Seneb-nebef und Idut als Symbol der Liebesgottheit Hathor verehrt.
Seneb-nebefs Mastaba-Grab besteht DAI-Angaben zufolge aus einem gut acht mal zwölf Meter großen Baublock, der mit ungebrannten Lehmziegeln gefertigt wurde. Innen befinden sich sieben Grabschächte und ein weiterer Schacht, in den Keramikschüsseln sowie andere Materialien gestellt wurden, die für die Totenrituale und vielleicht schon während der Mumifikation benutzt worden waren. Der Korridor und die Kultkammer seien „mit subtiler Malerei auf Lehmputz geschmückt“, was eine Seltenheit in der Nekropole von Dahschur darstelle, so Seidlmayer.
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Wie das DAI mitteilte, sind „trotz ausgedehnter Zerstörungen“ zahlreiche Bilder erhalten geblieben. Der Grabherr sei mit seiner Frau vor einem Opfertisch abgebildet, und darüber hinaus zeigten die Malereien Szenen aus dem täglichen Leben: Esel, die mehrere Menschen beim Dreschen von Getreide unterstützen, Schiffe auf dem Nil, ein Marktplatz und darüber hinaus Diener, die Gaben für den Totenkult bringen – unter anderem eine gefangene Ente. Die Formen der Motive seien „vornehm“, schreibt das DAI in einer Mitteilung und betont ihre „Sicherheit und Eleganz“.
Pharaonenzeit: So könnte das Leben damals ausgesehen haben
Aber wie kann man sich das Leben in dem ehemaligen Palastbezirk vorstellen? „Das ist eine ganz schwierige Frage, die man, ehrlich gesagt, eigentlich nicht gesichert beantworten kann“, sagt Seidlmayer. Dennoch habe er eine konkrete Vorstellung: „Zum einen ging es wohl um die Verwaltung der Einkünfte“ – also die Steuereinnahmen, die von den Menschen aus dem ganzen Land in Form von Naturalien für den Palastbezirk entrichtet wurden. „Ein Strom von Gütern ging ein und musste verteilt werden“, sagt Seidlmayer.
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Und zum zweiten sei es wohl um die Verwaltung in der Gruppe der Menschen gegangen, die in der Pyramidenstadt lebten. „Seneb-nebef war präzise für diese Personen zuständig, die in dem großen Umfeld der Palastorganisation gelebt haben“, so Seidlmayer. Darauf deute unter anderem ein königliches Dekret aus der Zeit hin, „in dem genau solche Dinge für die Pyramidenstadt geregelt wurden“. Es gebe aber auch Akten aus der Verwaltung vergleichbarer Institutionen, in denen man sehe, wie die Verwaltungsvorgänge dort abliefen. So kommt der Archäologe dem Bild der damaligen Lebensgemeinschaft immer näher. „Aber wenn man sich das Ganze konkret und im Einzelnen vorstellen will, bleiben noch eine Menge Fragen im Detail“, sagt Seidlmayer.