Stade. Einen Riesen-Surfpark wie den „Surfgarten“ gibt es in Deutschland noch nicht. Anlagen in England und der Schweiz zeigen, was kommt.
Was in Stade ab 2024 im „Surfgarten“ möglich sein soll, ist in Deutschland bisher beispiellos: Meterhohe Wellen auf Knopfdruck, die dem Wellengang im Meer nachempfunden sind – sich aber stufenweise auf den Erfahrungsgrad der Surfer einstellen lassen und im verlässlichen Takt niedergehen. Zwar gibt es auch hierzulande künstliche Wellen, in die sich Surfer fern der Küste stürzen können. Diese stehenden Wellen (Rapid Surfing) – wie es sie in München, Hannover oder Pforzheim gibt – sind aber in Sachen Technologie, Umfang und Konzept kaum mit dem zu vergleichen, was Projektinitiator Jan Podbielski im Stader Süden plant.
Großbritannien und die Schweiz: Drei Surfparks in Europa in Betrieb
So sollen Besucher der Lagune „einen Tag voller Wellen, Spaß und frischer Luft“ genießen, heißt es auf der Webseite. „Surfgarten“-Kopf Podbielski spricht von einem „Erlebnis über das Surfen hinaus.“ Was er damit meint, lässt mit einem Blick ins Ausland veranschaulichen.
Drei Surfparks sind derzeit in Europa im kommerziellen Betrieb. Zwei Anlagen in Großbritannien, eine in der Schweiz. Überall erzeugen Maschinen des spanischen Herstellers Wavegarden die Wellen. Eine Technologie, die auch in Stade zum Einsatz kommen wird – sofern die Baugenehmigung für das 20-Millionen-Projekt wie geplant erteilt wird. Die Stader Kommunalpolitik hatte dem Projekt Anfang Juli grünes Licht gegeben.
Bei München erfolgte kürzlich der erste Spatenstich für einen großen Surfpark in Deutschland – dort kommt die „Endless Surf“-Technologie des kanadischen Herstellers Whitewater zum Einsatz.
Die vorhandenen Wavegarden-Anlagen stehen dem Stader Surfpark allein deswegen Pate, weil der Hersteller nicht nur die Wellenmaschine liefert, sondern die gesamte Lagune konzipiert. Der Aufbau mit Wasserbecken, Mittelsteg und Hauptgebäude sei festgelegt und immer ziemlich ähnlich, so Podbielski. Doch die konkrete Gestaltung und die Angebote können sich trotzdem wesentlich voneinander unterscheiden. Und so sei insbesondere der englische Standort „The Wave“ bei Bristol Vorbild für das Stader Projekt.
Erste Wellenlagune „Surf Snowdonia“ eröffnete im Jahr 2015
Als weltweit erster Surfpark seiner Art wurde im Sommer 2015 die Anlage „Surf Snowdonia“ bei Conwy im Norden von Wales eröffnet. Die Startphase war allerdings von Pannen geprägt. Die Betreiber mussten in der ersten Saison mehrmals wegen mechanischer Probleme schließen.
Um die Technik macht sich Jan Podbielski keine Sorgen. „Surf Snowdonia“ sei eine alte Konstruktion, die Wellen auf eine andere Weise erzeuge. Gut zu sehen: Das Becken hat im Gegensatz zur modern Variante eine ovale Form (im Bild unten links). Pro Stunde erzeugt der Generator 18 Wellen mit einer Höhe bis zu 1,90 Meter. Die neue Technologie „Wavegarden Cove“ macht Hunderte Wellen pro Stunde bis zu 2,40 Meter. Sieben Anlagen laufen weltweit – von technischen Problemen habe Podbielski nicht gehört.
Unverändert sind die Kernelemente des Surfparks: Wellenbecken, Verleihstation, Surfschule, Shops, Restaurant und Übernachtungsmöglichkeiten und ein Team mit mehr als 100 Mitarbeitern – all das wird es auch in Stade geben. Wie genau zum Beispiel die Außenanlagen aussehen werden, sei in der noch nicht klar. Wie im „Surf Snowdonia“ sollen aber diverse sportliche Angebote integriert werden. Denkbar seien Beachvolleyball, Streetball und ein moderner Skate-Platz. Auch Klettermöglichkeiten sind im Gespräch. Fest geplant ist ein moderner Kinderspielplatz.
Während der Surfpark in Wales im Rahmen eines Abenteuer-Parks mit Kletterhalle und Outdoor-Aktivitäten betrieben wird, will sich das Stader „Surfgarten“-Team auf das Surfen und Zusatzangebote beschränken. Es sei aber denkbar, dass sich in Zukunft andere Anbieter wie eine Kletterhalle ansiedeln. „Das würde uns sehr freuen“, so Podbielski.
Anfang 2020 eröffnete mit „The Wave“ ein weiterer Surfpark in Großbritannien. „Wenn es ein echtes Vorbild gibt, dann ist es der Surfpark in Bristol“, sagt Jan Podbielski. Einerseits, weil dort das neue System mit einem Becken in Tortenstück-Form zum Einsatz komme. 80 Surfer können dort gleichzeitig Wellen reiten.
Auch in Sachen Konzept ist Bristol ein Leitbild
Aber auch in Sachen Konzept sei Bristol ein Leitbild. Während sich „Surf Snowdonia“ mit der Lage in einem Nationalpark und die Schweizer Anlage in den Alpen in Touristengebieten befinden, liegt der Surfpark „The Wave“ auf dem Land nördlich von Bristol. London ist gute zwei Autostunden entfernt.
Der erfolgreiche Betrieb mit 150.000 Besuchern pro Jahr (Angabe des Betreibers) zeigt den Planern, dass das Angebot funktioniert. Für den Stader Standort peilen die Macher sogar 200.000 Gäste an. Ob Übernachtungen wie in England in Bungalows stattfinden oder mit Wohnmobilstellplätzen, wie es Podbielski momentan vorschwebt, sei noch nicht klar. Flächen für Beherbergung seien definitiv vorgesehen.
Was Podbielski aber besonders gefällt, sind Sportangebote für Kinder und Menschen mit Behinderung. „The Wave“ ist barrierefrei konzipiert, wassertherapeutische Arbeit ist hier ein fester Teil des Angebots. „Wir wollen unser Projekt sozial und lokal genauso gut einbinden“, sagt der Initiator. Dafür sei man in Gesprächen mit Trägern, um frühzeitig Lösungen für die Finanzierung von Kursen zu finden.
“Alaïa Bay” vor traumhaftem Schweizer Alpenpanorama
Im vergangenen Jahr hat die “Alaïa Bay” in Sitten (Sion) vor traumhaftem Schweizer Alpenpanorama die Pforten geöffnet. Kein direktes Vorbild für Stade. „Die Anlage ist kleiner, dort gibt es keinen Strandbereich“, erklärt Jan Podbielski. Gerade dieser flache Teil sei aber wichtig zum Ausprobieren und für Therapieangebote.
Was den Planer überrascht hat, ist der erfolgreiche Winterbetrieb in der Schweiz. „Wir sind grundsätzlich davon ausgegangen, dass im Winter geschlossen ist.“ Bei entsprechender Nachfrage könnte es aber auch in Stade Wellen in der kalten Jahreszeit geben.
Mit dem „Winter Cup“ findet in der Schweiz auch ein Wettbewerb statt. Was Spitzensport betrifft, sieht Jan Podbielski viel Potenzial für den Stader Standort. „Für Profis bietet ein Surfpark perfekte Trainingsbedingungen, in vielen Fällen besser als in der Natur“, sagt er. Langfristig werde es in Folge des Aufbaus vieler Surfparks in Europa und der Welt auch neue Wettbewerbsformate geben. „Irgendwann finden große Meisterschaften statt – dann auch in Stade.“