Neu Wulmstorf. Betreiber dementiert Gerüchte um Schließung: „Haus an den Moorlanden“ in Neu Wulmstorf soll saniert werden – Bewohnern droht trotzdem Umzug
Bald könnte die Gemeinde Neu Wulmstorf mit ihren 24.000 Einwohnern ohne ein einziges Pflegeheim dastehen – wenigstens übergangsweise. Die letzte verbliebene Pflegeeinrichtung – das „Haus an den Moorlanden“ an der Konrad-Adenauer-Straße – steht aktuell vor schwerwiegenden Problemen, die dafür gesorgt haben, dass im Ort bereits Gerüchte über eine endgültige Schließung des Pflegeheims kursieren. Auf Abendblatt-Nachfrage dementiert der Betreiber diese Gerüchte, räumt aber ein, dass die Bewohner und Bewohnerinnen das Haus demnächst möglicherweise tatsächlich verlassen müssen.
Grund dafür ist der Sanierungsbedarf, der im Gebäude vorherrscht. „Im Haus an den Moorlanden sind leider einige Rohrleitungen defekt, ein Teil des Hauses weist Wasserschäden auf“, bestätigte eine Sprecherin der Korian Deutschland GmbH als Betreiberin der Einrichtung auf Abendblatt-Nachfrage: „Unsere Planungen sehen vor, das Haus zu renovieren.“ Kleinere Reparaturen würden bereits durchgeführt. „Gemeinsam mit dem Vermieter suchen wir nun nach Wegen, die großflächigen Schäden zu beheben“, so die Sprecherin weiter.
Neu Wulmstorf und Umgebung: „Leider gestaltet sich die Suche nicht so einfach“
Sowohl eine Sanierung im laufenden Betrieb als auch eine vorübergehende Verlegung der Bewohner und Bewohnerinnen an einen nahe gelegenen Standort seien im Gespräch. Deshalb sei der Vermieter – die IMMAC Holding AG – aktuell auf der Suche nach einer geeigneten Immobilie. „Dies wäre für unsere Bewohner und Mitarbeiter sicherlich die angenehmste Lösung, so würden sie nicht über längere Zeit mit Baulärm konfrontiert“, so die Korian-Sprecherin. „Leider gestaltet sich die Suche nicht so einfach, da für Pflegeheime spezielle Standards gelten.“ Gesucht werde in einem Umkreis von etwa 25 Kilometern.
Es müssten 78 noch verbliebene Bewohner und Bewohnerinnen umziehen – eine hochemotionale Angelegenheit für Menschen mit Betreuungsbedarf und ihre Angehörigen, zumal im Ort keine alternative Einrichtung zur Verfügung steht. Eigentlich verfügt das „Haus an den Moorlanden“ über 124 Plätze, doch wegen der Sanierungsarbeiten ist ein Flügel derzeit nicht belegt. Die Einrichtung an der Konrad-Adenauer-Straße hatte schon einmal für traurige Schlagzeilen gesorgt: Im September 2020 zeigte das Coronavirus in der Alten- und Pflegeeinrichtung in Neu Wulmstorf seine tödliche Kraft: 17 Heimbewohner und -bewohnerinnen starben. Der Ort wurde in der Pandemie zu einem Hotspot im Landkreis Harburg.
Sanierungsbedarf sei schon länger bekannt, sagt Neu Wulmstorfs Bürgermeister
Der Sanierungsbedarf sei schon länger bekannt, sagt Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke. Er selbst sei bereits im vergangenen Jahr nach dem Hinweis einer Angehörigen, dass dort etwas getan werden müsse, in der Einrichtung gewesen. Auch der Landkreis als Heimaufsicht, der die Unterbringung in Pflegeheimen zu prüfen hat, ist über die Lage im „Haus an den Moorlanden“ informiert.
„Es hat Gespräche mit der Gemeinde und dem Betreiber gegeben“, bestätigt Landkreis-Sprecher Bernhard Frosdorfer. Der Landkreis sei informiert darüber, dass das Gebäude saniert werden soll. Offenbar zieht sich die Sanierung auch deshalb hin, weil sich Betreiber und Vermieter nicht darüber einig sind, wer die Sanierung durchführen muss. Eine Anfrage des Abendblatts beim Vermieter ließ die IMMAC Holding AG bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet. „Bauphasen und Sanierungen muss jedes Gebäude mal überstehen“, so Handtke. „Wichtig ist, dass an dem Standort festgehalten werden soll und die Bewohner und ihre Angehörigen dort eine Perspektive haben.“ Er habe dem Betreiber angeboten, auf die Gemeinde zuzukommen. „Bisher habe ich aber noch keine Rückmeldung erhalten“, so Handtke.
Erhalt der Einrichtung ist für Neu Wulmstorf extrem relevant
Der Erhalt der Einrichtung ist für Neu Wulmstorf extrem relevant, denn ohne das „Haus an den Moorlanden“ würde die Gemeinde über keine einzige Pflegeeinrichtung mehr verfügen. Das Seniorenheim an der B 73 wurde schon vor Jahren geschlossen, das Pflegeheim „Haus am Marktplatz“ im Zentrum Neu Wulmstorfs wurde im Mai 2021 kurzfristig vom Betreiber dicht gemacht – das war ebenfalls der europaweit agierende Heimkonzern Korian. Der Eigentümer des Hauses hatte offenbar an der Immobilie lange nichts gemacht und nichts investiert. Das habe es für den Träger möglicherweise rentabler gemacht, das Heim einfach zu schließen, vermuteten Betroffene damals. Beide ehemaligen Seniorenheime wurden einer Umnutzung als Flüchtlingsunterbringung zugeführt.
Anfang des Jahres drohte nach der Insolvenz des Pflegeheimbetreibers Convivo zudem das Scheitern des großen Seniorenwohnprojektes der Convivo-Gruppe, das derzeit an der Bahnhofstraße in Neu Wulmstorf entsteht. Es wurde zwar von dem Bremer Unternehmen Hesse + Partner übernommen, das einen neuen potenziellen Betreibern sucht, welcher die Wohnanlage wiederum als Pächter nach der Fertigstellung übernehmen könnten. Doch bis die Gebäude bezogen werden können, dauert es mindestens noch ein Jahr.
Anwohner in Neu Wulmstorf stehen vor einem großen Problem
Weitaus länger müssen die Neu Wulmstorfer auf die neue Seniorenwohnanlage auf dem Kirchberg warten. Die Bauarbeiten für das dort geplante Pflegeheim mit integrierter Tagespflege und die altengerechten Wohnungen haben noch nicht einmal begonnen.
Anwohner in Neu Wulmstorf stehen daher häufig vor einem großen Problem, wenn in der Familie ein Platz in einem Pflegeheim benötigt wird und müssen auf das Umland ausweichen. Deshalb zählt für Bürgermeister Handtke jeder Pflegeplatz in der Gemeinde. „Ich bin sehr froh, dass Korian bestätigt hat, das ,Haus an den Moorlanden’ auf jeden Fall nicht schließen zu wollen“, sagt er.