Landkreis Harburg. Nach der Flut in Westdeutschland soll geklärt werden, ob die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr in der Region ausreichen. Eine Bilanz

Während sich die Wassermassen nach der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen langsam zurückziehen, wird die Frage nach dem Katastrophenschutz lauter – auch im Landkreis Harburg. Dort sieht man sich für den Ernstfall gut aufgestellt und hat keinen akuten Handlungsbedarf.

Das ergab eine Anfrage der FDP-Kreistagsfraktion. Die wollte wissen, welche strategisch konzipierten, vorausschauenden Maßnahmen es gibt, abzuwendende Gefahren frühzeitig zu erkennen und abzuwehren.

Jahrhundert-Katastrophe in Westdeutschland wirft Fragen auf

„Die aktuelle erschütternde Jahrhundert-Katastrophe in Westdeutschland wirft besorgte Fragen auf, wie sich die Vorsorge-Situation in und um den Landkreis Harburg darstellt“, sagt der FDP-Fraktionsvorsitzende Arno Reglitzky. „Es ist davon auszugehen, dass Naturgewalten zu Katastrophen von bisher nicht vermuteten Ausmaßen führen können. Daraus abgeleitet ist die Sorge, wie man mit sicherer Vorausschau auch in unserem Verantwortungsbereich Menschen vor solchen Ereignissen schützen und retten kann.“

Die generellen Einrichtungen zum Katastrophenschutz seien im Prinzip bekannt und hätten gerade wieder im Zusammenhang mit der Pandemie gute Schlagkraft bewiesen. „Aber dieser, durch Starkregen mit Sturm und Wassermassen über Nacht aufgetretene Notstand bei den Menschen beunruhigt“, so Reglitzky, dessen Fraktion vor allem hinterfragt, ob die frühzeitige Warnung vor Gefahren sichergestellt ist.

Warnung vor Gefahren im Landkreis Harburg sicherstellen

Denn gerade hier werfen die jüngsten Ereignisse in Westdeutschland Fragen auf. Nach Angaben des nordrhein-westfälischen Innenministeriums seien die extremen Überflutungen nicht überraschend gekommen, die amtlichen Warnungen an die Leitstelle der Kreise und kreisfreien Städte zugestellt worden. Die Bürgerinnen und Bürger aber haben diese offenbar nicht rechtzeitig erreicht.

„Wie also ist die frühzeitige Warnung vor Gefahren im Landkreis Harburg sichergestellt?“, wollte die FDP wissen. „Die Warnung der Bevölkerung erfolgt im Landkreis Harburg mehrgleisig“, so die Antwort der Verwaltung. „Unsere Pressestelle in Zusammenarbeit mit der Abteilung Rettungsdienst, Brand- und Katastrophenschutz veröffentlichen Warnungen über Presse, Fernsehen, Radio, Websites, Social Media, WarnApp, Sirenen und je nach Lage auch über Lautsprecherfahrzeuge von Einsatzfahrzeugen“, sagt Kreissprecher Bernhard Frosdorfer. Der Großteil der Kommunen sei noch mit Sirenen ausgestattet. Hier­über könne die Rettungs- und Feuerwehrleitstelle einen entsprechenden Warnton aussenden. Zusätzlich gebe es eine spezielle Programmierung für die Sirenen im Hochwassergebiet entlang der Elbe.

Bundesweiter Warntag zeigte flächendeckende Mängel auf

Fraglich ist jedoch, ob das System auch funktioniert. Der bundesweite Warntag im vergangenen Jahr hatte flächendeckende Mängel aufgezeigt – auch im Landkreis Harburg. „Im Ergebnis daraus hat der Bund ein Förderprogramm für den Ausbau und Erweiterungen von Sirenenanlagen initiiert“, so Frosdorfer. „Der Landkreis Harburg, in Zusammenarbeit mit allen Kommunen, wird sich an diesem Förderprogramm beteiligen.“

Die Gefahrenwarnung ist zudem mit den umliegenden Landkreisen und der Stadt Hamburg abgestimmt, heißt es aus der Verwaltung. „Die ständige Arbeit im Katastrophenschutz geht auch über die Kreisgrenze hinaus“, sagt Bernd Frosdorfer. „Untereinander werden Informationen und Katastrophenschutzpläne ausgetauscht sowie gemeinsam geübt.“ Darüber hinaus gebe es im Landkreis die ergänzende WarnApp BIWAPP, die mit einer Schnittstelle zu anderen zur Zeit bekannten WarnApps wie NINA und KATWARN verbunden ist.

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App-Warnungen könnten aber nur ein ergänzender Teil verschiedenster Kanäle für die Warnung der Bevölkerung sein, räumt Frosdorfer ein, der betont, dass der Landkreis auch bezüglich der Hilfsorganisationen wie Freiwilligen Feuerwehren, Rettungsdiensten, Polizei und Technischem Hilfswerk, DLRG, DRK und Johannitern gut aufgestellt sei. „Wir haben in der Vergangenheit viele Übungen durchgeführt und werden das auch in Zukunft tun“, sagt Frosdorfer. „Wir sind gut vorbereitet und arbeiten kontinuierlich daran, Krisensituationen bestmöglich begegnen zu können.“ Zudem erarbeiten die Kommunen im Landkreis zur Zeit in einem gemeinsamen Projekt eigenständige Krisenpläne, damit die Zusammenarbeit zwischen Kreis und Kommunen im Katastrophenfall auch reibungslos funktioniert.

FDP-Mann Arno Reglitzky reicht das noch nicht. Er will das Thema Katastrophenschutz als Schwerpunktaufgabe in den neuen Kreistag bringen, der im Oktober das erste Mal tagen wird. „Wir müssen den Klimaveränderungen Rechnung tragen und genau prüfen, ob wir für solche Katastrophen wie Sturm, Starkregenereignisse und Feuer tatsächlich den ausreichenden Schutz in der Region haben“, sagt Reglitzky. „Hier braucht es einen gemeinsamen Aktionsplan von Landkreis und Gemeinden, der den Bürgern Sorgen und Ängste über mögliche drohende Gefahren nimmt.“