Landkreis Stade. Telefonpanne am Sperrwerk sorgte für Überschwemmung. Die Geschädigten warten auf Antworten. Bislang meist vergeblich.
Vor genau einem Monat trat die Lühe im Landkreis Stade über die Ufer und überflutete mehrere Keller, einen Hof und einen Campingplatz. Grund für die Überflutungen war das trotz eines leichten Elbhochwasser geöffnete Sperrwerk an der Lühemündung.
Ein technischer Fehler in der Meldekette sei vermutlich schuld daran, dass der zuständige Sperrwerkswärter in der Nacht nicht über den ansteigenden Pegel informiert worden sei, hieß es schnell vonseiten des zuständigen Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Erst als ein Anwohner den Wärter per Telefon erreichte, schloss er die Tore. Seitdem laufen die Ermittlungen der Wasserschutzpolizei und der Staatsanwaltschaft Stade wegen des Herbeiführens einer Überschwemmung.
Überschwemmung im Landkreis Stade wegen technischen Fehlers
Am Montagmorgen hofften die Abgeordneten des Landkreises Stade auf genauere Antworten vom NLWKN, wie es zu diesem Fehler kommen konnte. Doch Anne Rickmeyer, die Direktorin des NLWKN, konnte während der Sitzung des Kreistages auch Wochen nach dem Vorfall nur wenig Neues berichten. „Derzeit erfolgt noch die Aufklärung, ob, wo und wann es zu Fehlern in der Meldekette gekommen ist“, sagte sie. Das müsse man abwarten, bevor man zu einzelnen Fragen Auskunft geben könne.
Das System, was zum Schließen eines Sperrwerks führt, funktioniert mit einer automatischen Meldekette. Überschreitet der Pegelstand einen bestimmten Wert, löst ein Server einen automatischen Alarm an den zuständigen Sperrwerkswärter aus. Der Wärter muss eine aktive Rückmeldung geben, ansonsten wird der Nächste in der Telefonliste verständigt. Dieses System funktionierte in der Vergangenheit ohne Probleme und läuft auch aktuell noch.
Telefonkette nicht hintereinander, sondern gleichzeitig?
Laut Anne Rickmeyer prüfe man gerade unter anderem, ob noch weitere Meldungen in das System laufen könnten, um es „noch sicherer“ zu gestalten. Außerdem plane die Behörde, dass ab einer bestimmten Warnstufe die Telefonkette nicht hintereinander angerufen werde, sondern gleichzeitig. Generell halte das NLWKN die Benachrichtigungskette nach wie vor für richtig, erklärte Rickmeyer.
Birgit Butter von der CDU reichten die Aussagen aber weitem nicht: „Ich erwarte eigentlich nach vier Wochen konkrete Antworten. Wir haben keine Zeit. Das Wasser kommt, wann es will.”
Für Direktorin Rickmeyer ist es allerdings eine schwierige Situation: „Ich möchte vorsichtig sein. Einzelne Mitarbeiter werden teilweise angegangen. Ich stelle mich vor die Mitarbeiter, weil hier überhaupt nichts bewiesen ist, dass irgendwas falsch gelaufen ist.” Sie könne sich nicht weiter äußern, bevor die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind. „Ich kann die Ermittlungen nicht beschleunigen. Wir tragen aber alles dazu bei, um es aufzuklären”, sagte die Direktorin.
Überschwemmungen im Landkreis Stade: Ermittlungen gegen Unbekannt
Die Staatsanwaltschaft Stade bestätigte auf Nachfrage, dass derzeit die Ermittlungen gegen Unbekannt und nicht gegen einen konkreten Tatverdächtigen geführt werden. Wieso das System nicht funktionierte, sei noch Gegenstand der Ermittlungen. Wann diese beendet werden, ist laut Staatsanwaltschaft nicht absehbar.
Für die betroffenen Anwohner steht die Frage im Raum, wer die entstandenen Schäden denn nun bezahlt. Bei einigen beschädigten Autos haben aber bereits die Versicherungen Kosten erstattet. „Die Frage der rechtlichen Haftung für die entstandenen Schäden kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden”, stellte Anne Rickmeyer klar. Sollten sich die Geschädigten bisher vor allem an die Wasserschutzpolizei wenden, will nun plötzlich auch das NLWKN die Schadenshöhe ermitteln. „Wir gehen jetzt aktiv auf die Geschädigten zu”, sagte die Direktorin des NLWKN.
Ob die niedersächsische Behörde aber am Ende wirklich für die Schäden aufkommt, zeigt sich im schlechtesten Fall erst nach dem Abschluss eines möglichen Gerichtsverfahrens. Doch Anne Rickmeyer versprach: „Wenn uns nachgewiesen wird, dass wir einen Fehler gemacht haben, dann zahlen wir.”