Wulfsen. Leonhardt Korn verkauft Pakete mit Getränken, Krügen und Gutscheinen für örtliche Betriebe. Sechs Gemeinden machen mit.
Restaurants und Kneipen, Bars und Gaststätten – die Gastronomie hat in den vergangenen elf Monaten stark unter der Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen gelitten. Viele Betriebe in der Region hatten auf die jetzt anstehende fünfte Jahreszeit gehofft, doch auch der Faslam fällt in diesem Jahr aus. Deshalb hat sich ein Start-up aus Wulfsen eine Aktion ausgedacht, um die Gastronomen mit Gutscheinen zu unterstützen und ihnen Mut zu machen.
„Gemeinsam mit den Faslamsgemeinden Wulfsen, Salzhausen, Ashausen, Sahrendorf, Hoopte und Dibbersen haben wir Supporterpakete geschnürt“, sagt Pascal Dürmeyer, einer der beiden Gründer von Leonhardt Korn. Gemeinsam mit Christopher Brandt hat er vor knapp zwei Jahren einen Korn entwickelt, der speziell für die Menschen aus dem Landkreis Harburg gedacht ist.
Denn zur Gründungsidee der beiden Mittdreißiger gehört die Verbundenheit mit ihrer Heimatregion. Auf den Etiketts der Flaschen prangt ein Löwe, wie im Wappen des Landkreises, auf der Rückseite ist dessen Umriss abgebildet. Jetzt wollen die Unternehmer mit ihrer Aktion den Gastronomen in der Gegend zeigen, dass sie hinter ihnen stehen.
Auch für die Menschen in der Region sei es natürlich schade, dass der Faslam diesmal ausfällt, sagt Dürmeyer. „Besonders hart trifft die Absage aber die örtliche Gastronomie und auch Unternehmen wie unseres, für die die fünfte Jahreszeit ein wichtiger Umsatz- und vor allem Spaßfaktor ist.“
Wichtigste Paketzutatsind die Gutscheine
In den Paketen steckt jeweils eine Flasche Korn, weitere Getränke zum Mixen von Drinks und je nach Gemeinde unterschiedliche Zugaben. Die wichtigste Zutat aber sind die Gutscheine, die die Käufer bei lokalen Betrieben einlösen können. In den Paketen für Wulfsen und Hoopte sind zudem Tickets für den Lumpenball beziehungsweise den Faslamsball 2022 enthalten.
„Jede Faslamsgemeinde hat ihr eigenes Paket“, sagt Dürmeyer. „Alle sind unterschiedlich und unterstützen unterschiedliche Gastrobetriebe oder andere Unternehmen aus ihrem Ort." Je nach Ausgabe kosten die Pakete etwa 50 bis 63 Euro. Sie können bis Ende Februar im Online-Shop von Leonhard Korn vorbestellt werden und werden Anfang März verschickt.
Die beiden Unternehmen sind überzeugt, dass Korn die nächste Trend-Alkoholsorte wird. Sie haben sich vorgenommen, das Image des Getränks – der meistverkauften Spirituose im Norden – aufzupolieren und ein Produkt zu schaffen, dass ihren eigenen Ansprüchen an Qualität und Geschmack erfüllt. Das Ergebnis ist ein „milder Klarer“ mit 35 Volumenprozent Alkohol.
Mittlerweile wurde das Sortiment um den Leonhardt Apfel Weirouge, benannt nach der verwendeten Apfelsorte, erweitert. Zudem gibt es jetzt zweimal im Jahr, zu Weihnachten und zu Ostern, einen Eierlikör zu kaufen. Bei der Herstellung arbeiten sie zusammen mit der Konditormeisterin Harika Mahn, Inhaberin der Calluna Eispatisserie in Lüneburg. „Wir produzieren allerdings nur die vorbestellte Menge“, sagt Dürmeyer. Vorbestellungen für Ostern sind noch bis etwa Mitte Februar möglich.
Reinheitsgebot
- Das Reinheitsgebot sieht vor, dass Korn nur aus den Getreidesorten Roggen, Weizen, Gerste, Hafer oder Buchweizen hergestellt werden darf. Er muss einen Alkoholgehalt von mindestens 32 Volumenprozent haben, ab 37,5 Prozent wird er als Kornbrand bezeichnet.
- Zusatzstoffe sind nicht erlaubt. Herstellung nur in Deutschland, Österreich oder im deutschsprachigen Teil Belgiens.
- Im 15. Jahrhundert wurde vermutlich der erste Korn in Deutschland hergestellt. 1789 wurde im thüringischen Nordhausen, bis heute eine Hochburg der industriellen Kornbrennerei, das erste Reinheitsgebot erlassen.
- Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Ruhrgebiet zum Zentrum der Industrie.
Der Korn steht jetzt bei 35 Märkten im Regal
Verkauft werden die Flaschen über ihren eigenen Online-Shop und vor allem über Supermärkte in der Region und Norddeutschland. Waren es anfangs noch fünf Verkaufsorte, steht der Korn jetzt bei 35 Märkten im Regal. Auch räumlich haben sich die Firmeninhaber innerhalb des vergangenen Jahres deutlich vergrößert, die Vorräte lagern nun auf einer Fläche von 100 Quadratmetern.
Dennoch habe die Pandemie ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht, sagt Dürmeyer. Denn für die Gründer ist es wichtig, ihr Produkt bekannt zu machen – nicht nur auf digitalem Weg, sondern vor allem auch im persönlichen Kontakt mit möglichen Kunden. Daher hatten sie einen alten VW-Bulli aufwendig restauriert, damit erste Verköstigungen vor den Supermärkten gemacht und ihn als Bar bei Firmenfeiern und Hochzeiten eingesetzt.
Auch für zehn Weihnachtsmärkte sei die Bullibar bereits gebucht gewesen, sagt Dürmeyer. „Die Lockdowns haben natürlich zur Absage aller Veranstaltungen, Dorffeste, Schützenfeste, Partys und Weihnachtsmärkte geführt, was uns natürlich auch getroffen hat. Wir verkaufen einen guten Korn, aber viel mehr verkaufen wir eine tolle Zeit mit ihm. Wir brauchen den direkten Kontakt zu den Menschen und hoffen sehr, dass das zweite Halbjahr 2021 die Türen wieder öffnet.“
Was ist Faslam?
- Als alter Winterbrauch ist Faslam vor allem im nördlichen Niedersachsen, insbesondere im Landkreis Harburg, verbreitet. Er entstand vermutlich im 19. Jahrhundert. Ursprünglich zogen die Knechte und Mägde um die Wintersonnenwende herum von Hof zu Hof, um lautstark den Winter zu vertreiben. Schon damals trugen sie bunte Verkleidungen.
- Die Faslamsbrüder sammeln auf ihrer Tour Essen und Getränke sowie Bargeld, um anschließend ein Fest zu feiern. Diese Tradition des „Schnorrens“ hat sich ebenfalls bis heute erhalten. Die Dorfgemeinschaft feiert in einigen Orten beim sogenannten Lumpenball oder Faslamsball.
- Ein Umzug mit bunt geschmückten Wagen ist ebenfalls Teil des Brauchs, so zieht der Stöckter Faslamsumzug in normalen Jahren bis zu 30.000 Besucher an. Er findet immer am Sonntag vor Rosenmontag statt.