Winsen/Luhe. Mit Kraftfahrern chatten, Youtube-Videos über die Arbeit drehen: Polizei und Feuerwehr kommunizieren zunehmend digital.

„Guten Morgen ihr da in meinem Handy, euch allen einen guten Start in die Woche, passt auf euch auf“, dazu ein Herz – ein blaues natürlich. Wenn Andrea Möller ihre Arbeit beginnt, tut sie das häufig mit einem freundlichen Gruß in die Welt. Das Steckenpferd der Polizeioberkommissarin ist nämlich ihr Profil im digitalen Netzwerk Facebook“. So wie die Beamtin in Winsen halten es auch viele andere.

Gerade erst hat die Polizei Uelzen nachgezogen und eine Beamtin für digitale Medien eingestellt. „Community Policing“ nennt die Polizei diese Form der Kommunikation nach außen, Neudeutsch respektive Englisch für bürgernahe Polizeiarbeit. Mehr als ein Dutzend Polizeibeamte aus Niedersachsen übernehmen diese noch relativ neue Aufgabe.

Was in Hamburg mal der Bünabe war, ist heute der Insta-Cop

Was in Hamburg immer der Bünabe (Bürgernaher Beamter) war und anderswo KOB (Kontaktbereichsbeamter) hieß, ist heute der Insta-Cop. Zwar gibt es die echten Menschen auf der Straße und in der Schule natürlich auch noch – aber die Kommunikationswege in den digitalen Kanälen wie „Twitter“, „Facebook“, „Instagram“ und „Youtube“ kann keine Organisation ignorieren, die in Kontakt mit Menschen gehen will.

Andrea Möller ist über das digitale Netzwerk „Facebook“ mit Kraftfahrern im Gespräch. Die Beamtin arbeitet bei beim Autobahn-Polizeikommissariat Winsen
Andrea Möller ist über das digitale Netzwerk „Facebook“ mit Kraftfahrern im Gespräch. Die Beamtin arbeitet bei beim Autobahn-Polizeikommissariat Winsen © Polizei | Polizei

Andrea Möller zählt zu den ersten Polizeibeamten überhaupt, die in Niedersachsen diesen Weg der Kommunikation mit ihrer Zielgruppe eingeschlagen hat. Schon seit vier Jahren informiert sie auf „Facebook“ über ihre Arbeit. „Auf diesem Weg bin ich mit den Kraftfahrern im Gespräch“, erklärt die Polizeioberkommissarin. „Es geht mir um Verkehrssicherheit und Wertschätzung für den Beruf des Kraftfahrers.

Ich mache sie auf unfallträchtige Stellen aufmerksam, melde Vollsperrungen und weise darauf hin, wenn sie irgendwo besonders aufpassen sollen. Ich sage aber auch mal, dass wir wieder einen überladenen Holzlaster angehalten haben und dass das so einfach nicht geht.“ Und sie wünscht ihren Kraftfahrern regelmäßig einen guten Start in die Woche und eine sichere Fahrt. Ihre Strategie ist sehr erfolgreich: Mehr als 6.000 Personen haben ihren Kanal abonniert, rund 5.000 davon Lkw-Fahrer.

Auch wenn Jasmin Ritz am Wochenende Dienst hat, nimmt die Polizeikommissarin ihre Fans mit auf Streife – und zeigt am Sonnabendmorgen ein Foto ihres Streifenwagens vorm Sonnenaufgang. Die 26-Jährige ist die neuste digitale Beamtin in der Region und hat gerade ihren Auftritt im Online-Dienst „Instagram“ gestartet. Ihr Kollege Frank Dreyer ist bereits seit Ende 2019 bei „Facebook“ präsent.

Polizisten sind bei „Facebook“, „Instagram“ und „Twitter“ aktiv

„Wir versuchen, uns in diesem Bereich breit aufzustellen“, sagt Kai Richter als Pressesprecher der zuständigen Polizeiinspektion Lüneburg. Verschiedene Kollegen sind mit ihrem Namen und ihrem Gesicht in den sozialen Netzwerken von „Facebook“, „Instagram“ und „Twitter“ aktiv. Dabei bewege sich die Polizisten stets auf einem schwierigen Grat. „Wir sind die Exekutive des Staates und kein hippes Start-up“, sagt Richter. „Gleichzeitig machen wir auch mal etwas mit einem Augenzwinkern.“ Während es bei „Instagram“ vor allem um „Polizei zum Anfassen“ und Emotionen gehe, sowie um Image, Nachwuchswerbung und Prävention, stehen bei „Twitter“ Nachrichten, Termine und Präventionsarbeit im Vordergrund, ähnlich wie bei „Facebook“.

Vor genau zwei Jahren installierte die Inspektion bereits einen Insta-Cop mit Isabella Harms. Gerade ist sie in Elternzeit, will ihre Arbeit aber bei ihrer Rückkehr wieder aufnehmen. Mit ihren Einblicken in die Polizeiarbeit hat sich Harms eine echte Fangemeinde aufgebaut: Ihr Kanal bei Instagram mit mehr als 14.000 Nutzern ist der stärkste der Polizei Niedersachsen.

Auch die Feuerwehr Buchholz setzt auf die digitalen Medien

In der digitalen Welt bewegen sich auch zunehmend Wohlfahrtsverbände wie der Landesverband Nord der Johanniter-Unfall-Hilfe. Auf den digitalen Kanälen leisten sie einerseits Service wie etwa Auflistungen von Corona-Teststationen, sie werben für das Tragen eines Fahrradhelms und erzählen von der Rettungshundeausbildung. Und sie machen Werbung: Ob für eigenen Angebote wie einen Kursus für Erste Hilfe am Kind oder dafür, sich als ehrenamtliche Sanitäter zu engagieren.

Auch die Feuerwehr setzt auf die digitalen Medien. Als die Freiwilligen aus Buchholz aufgrund der Corona-Einschränkungen nicht mehr vor Ort üben konnten, drehten Markus Kähler und seine Ausbilderkollegen anstelle von Präsenzdiensten teilweise selbst produzierte Online-Dienste als Videos. So erklärte Kähler in einem mit Stativ aufgenommenen Video im April zum Beispiel alles, was bei Einsätzen mit Motorsägen wichtig ist – von der richtigen Kleidung bis zum Kraftstoff. „Wir dürfen uns ja leider nicht zum Dienst treffen“, sagt Kähler im Video. Doch das digitale Format fand etliche Freunde weit über die Feuerwehr Buchholz hinaus: Fast 600-mal wurde das Video aufgerufen. „Die Angebote wurden sehr gut angenommen“, sagt auch Pressesprecher Oliver Weiß. Daher überlegt die Ortsfeuerwehr Buchholz bereits, trotz der gerade wieder erlaubten Präsenz teilweise an Onlinediensten festzuhalten, zum Beispiel per Videokonferenz.

Video zu "Die Freiwillige Feuerwehr braucht dich"

Es gibt auch professionell gedrehte Spots der Freiwilligen Feuerwehr Buchholz, zum Beispiel ein gemeinsam von dem Buchholzer Videografen Markus Höfemann pro bono gedrehtes Video mit dem Titel „Wann steigst du ein? Die Freiwillige Feuerwehr braucht dich“, in dem es um die Probleme der Tageseinsatzbereitschaft geht.

Viele der Mitglieder arbeiten nicht in Buchholz und sind tagsüber daher nicht verfügbar, obwohl die Feuerwehr an sich an keinem Mitgliedermangel leidet. Mehr als 9.000-mal wurde das Video bislang angesehen. „In dem Video ging es uns darum, die Arbeitgeber zu sensibilisieren. Ein Video ist lebendiger als ein Flyer“, erklärt Weiß. Und eine Hilfe fand sich: Die Stadtwerke Buchholz boten an, dass auf ihrem Gelände ein Fahrzeug der Feuerwehr stehen kann. Von dort aus kann somit ein Einsatz beginnen, anstatt dass viele der Helfer erst durch die halbe Stadt fahren müssen. „Wir sparen damit die Anfahrt zum Feuerwehrhaus.“

Jetzt liege das Thema Feuerwehrfrauen auf dem Tisch. „Das gehen wir als nächstes an“, sagt Weiß. „Besonders für die Tageseinsatzbereitschaft ist es unbedingt wichtig, Frauen anzusprechen.“ Wer weiß, vielleicht hilft auch dabei ein Video auf Youtube.