Winsen. Noch bremsen Vorschriften aus der Raumordnung das Projekt: Wenn sich das ändert, könnte im Ortsteil Tönnhausen ein Solarpark entstehen.
Ein neuer Solarpark für Winsen? Das bayerische Ingenieurbüro Actensys würde ihn gern im Ortsteil Tönnhausen bauen. Doch noch stehen dem nicht zu überwindende Vorbehalte in den Raumordnungsprogrammen von Kreis und Land entgegen. Deshalb hat der städtische Planungsausschuss jetzt eine Entscheidung zunächst vertagt. Deutlich ist aber: Die Politik hat Interesse an dem Park, um die bundespolitisch gewünschten erneuerbaren Energien zu fördern und damit zum Klimaschutz beizutragen.
Die Spezialisten aus Bayern, die bereits 2700 Anlagen geplant und gebaut haben, brachte WendelinSchmücker ins Spiel. Der größte Schafhalter im Landkreis Harburg hatte eine Fläche von 38 Hektar für das Projekt ausgeschrieben, von denen ihm 25 Hektar gehören. Den Rest hat er gepachtet. Auf dem Terrain weiden Schmückers Tiere.
Für das Projekt sollen 18 Millionen Euro investiert werden
Nun sollen dort 18 Millionen Euro investiert und eine Kapazität von 34 Megawatt installiert werden. „Damit könnten wir 8500 Haushalte mit Strom versorgen und gleichzeitig 13.600 Tonnen Kohlendioxid einsparen“, sagte Martin Neher, der die Planungen von Actensys im Ausschuss vorstellte.
Die Vorteile für die Stadt zählte der bei dem Ingenieurbüro für die Akquise und die Projektfinanzierungen zuständige Bankbetriebswirt gleich mit auf: Außer einem Beitrag zur Energiewende gebe es vor allem auch Gewerbesteuereinnahmen durch den Firmensitz in Winsen und dazu 0,2 Cent pro erzeugte Kilowattstunde, die an die Stadt gehen. Diese Regelung hat die Regierungskoalition vor einigen Tagen beschlossen. Hochgerechnet auf die 34 Megawatt ergibt sich für Winsen jährlich eine Summe von 68.000 Euro.
Auf den Wiesen soll der Einsatz von Maschinen möglich bleiben
Die einzelnen Reihen mit den Solarpanels sollen bei dem Neubau mit 5,50 Meter weit auseinander stehen. Das soll ermöglichen, zwischen ihnen landwirtschaftliche Maschinen etwa zum Mähen einzusetzen. Dies könnte nach dem Entwurf für die Landesraumordnungsprogramm 2021 als Ausnahmeregelung greifen, um künftig Solarparks auf landwirtschaftlichen Flächen bauen zu können.
Um Wiesenvögel zu schützen, sollen laut Neher Hecken und Sträucher gepflanzt werden. Zudem soll ein Zaun mit einer Bodenfreiheit von 15 Zentimetern entstehen. Ihn können kleinere Tiere passieren, viele ihrer natürlichen Feinde würden aber ausgegrenzt. „So können sich Flora und Fauna über die Jahre entwickeln“, sagte Neher. Durch eine artenschutzrechtliche Prüfung im Vorfeld und ein Monitoring während des Betriebs der Anlage könnten nachteilige Wirkungen auf die Natur abgeklärt werden.
Grünflächen gelten nicht als geeignet für Photovoltaik-Anlagen
Problematisch wird das Projekt jetzt jedoch dadurch, dass es sich bei den ausgesuchten Grundstücken um Grünland handelt. Dies sei „als Nahrungs- und Bruthabitat von Wiesenvögeln sowie für die Nahrungssuche für Weißstörche von Bedeutung“, hat der Landkreis in einer Stellungnahme an die Kreisstadt geschrieben. Aufgrund der großen Fläche der geplanten Photovoltaik-Anlage sei davon auszugehen, dass solche Funktionen nachhaltig beeinträchtigt würden. „Eine Vereinbarkeit mit dem Artenschutz wird im konkreten Einzelfall von den hiesigen Fachbehörden ausdrücklich nicht geteilt. Eine Vereinbarkeit mit den Zielen der Raumordnung ist somit nicht gegeben“, heißt es weiter.
Landesweit gilt zudem derzeit noch das Raumordnungsprogramm 2017. Darin heißt es eindeutig: „Landwirtschaftlich genutzte und nicht bebaute Flächen, für die der raumordnerische Vorbehalt für die Landwirtschaft gilt, dürfen für die Erzeugung von Solarstrom nicht in Anspruch genommen werden.“ Der städtische Planer Peter Max Möller stellte klar: „Derzeit ist die geplante Photovoltaik-Anlage daher nicht möglich.“
Winsener Politiker sind von dem Projekt angetan
Winsens Politiker setzen nun darauf, dass mit dem Landesraumordnungsprogramm 2021 eine neue Rechtslage entsteht. „Ein spannendes Projekt“, sagte Cornell Babendererde (CDU). Auch Brigitte Netz (SPD) setzte sich für den Solarpark ein: „Die Bedenken stammen wohl noch aus einer Zeit, als es die modernen Anlagen noch nicht gab.“ Bernd Meyer und Erhard Schäfer (beide Grüne) sehen den Vorstoß ebenfalls positiv. „Ich empfehle, die Flächen danach zu untersuchen, welche Vögel dort fliegen“, sagte Meyer. „Wir müssen die Photovoltaik ausbauen. Dafür reichen Dachflächen nicht aus“, so Schäfer.
Dennoch will die Winsener Verwaltung nun auch den Ausbau von Dächern in der Stadt prüfen. Die größte Fläche innerhalb der Stadt hat Planer Möller mit 3,7 Hektar ausgemacht. Sie gehört zu den Gebäuden des Online-Versandriesen Amazon im Gewerbegebiet Luhdorf. Möller will es dabei nicht belassen. „Wir können innerhalb eines halben Jahres eine Aufstellung über Flächen für Solarmodule auf Dächern vorlegen“, sagte er. Anfragen für solche Projekte lägen bei der Stadt vor.
Schafe weiden bereits seit sieben Jahren zwischen Solarmodulen
Für Wendelin Schmücker ist das beste Beispiel für einen Solarpark mit Tieren sein Hof in Borstel. Er ist der bisher größte im Landkreis und kann 1100 Haushalte versorgen. Zwischen den einzelnen Solarmodulen weiden seine Schafe bereits seit sieben Jahren. „Sie fühlen sich wohl“, versichert ihr Halter.
Bei der Genehmigung gab es keine Schwierigkeiten. Denn hier liegt der Park nahe Autobahnen und Gleisen. Für solche Gebiete gelten die Vorbehalte aus der Raumordnung nicht.