Lindhorst. Der Betrieb von Jürgen Maack zeigt, wie der „Niedersächsische Weg“ zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft aussehen kann.

Wenn Kartoffelbauer Jürgen Maack im Frühjahr seine Äcker bestellt, reserviert er ganz selbstverständlich ein Viertel der Flächen für den Natur- und Artenschutz. 25 Kilogramm bienenfreundliches Saatgut verteilt er jährlich pro Hektar, kümmert sich darum, dass Areale nicht verbuschen und Gewässer geschützt werden. Er sorgt dafür, dass Bäume gepflanzt und im Feld Freiflächen für die Bodenbrüter bereitgehalten werden.

Jürgen Maack, 59 Jahre, Vater eines Sohnes, aufgewachsen im bäuerlichen Betrieb seiner Eltern, betreibt seit 30 Jahren den Kartoffelhof Maack im Seevetaler Ort Lindhorst. Er hat keinen Biobetrieb, sondern einen konventionellen Hof. Mit seinem Engagement für den Naturschutz und den Erhalt der Vegetation ist der Lindhorster jedoch bestes Beispiel dafür, wie ein Weg zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft aussehen kann.

Möglichst viele Betriebe in Niedersachsen sollen diesen Weg gehen

Genau diesen „dritten Weg“ sollen, so wünschen es sich die Landesregierung, Landwirtschafts- und Naturschutzverbände, künftig möglichst viele landwirtschaftliche Betriebe in Niedersachsen gehen. Im vergangenen Jahr haben sie dafür eine bundesweit einmalige Vereinbarung getroffen. Sie trägt den Titel „Niedersächsischer Weg“. In dem gemeinsamen Vertrag verpflichten sich alle Beteiligten, zu großen Anstrengungen bei Natur- und Artenschutz, bei Biodiversität und beim Umgang mit der Ressource Landwirtschaft. Ihr Ziel: landwirtschaftliche Leistungen, den Erhalt der Kulturlandschaft und gesellschaftliche Ansprüche an einen nachhaltigen Artenschutz in Einklang zu bringen und infolgedessen das Insektensterben zu stoppen.

Für Jürgen Maack ist das alles schon lange Selbstverständlichkeit. „Einer der Gründe für das Insektensterben ist der Verlust von Nahrung und Lebensräumen“, sagt er. „Da müssen wir als Bauern allein schon aus Eigennutz gegensteuern. Denn was nützen mir Nutzpflanzen, wenn diese nicht mehr von Bienen bestäubt werden? Also muss ich auch für diese Lebensraum schaffen.“

Maack: „Umweltschutz ist am günstigsten über Landwirte zu haben“

Bei Familie Maack in Lindhorst werden die Kartoffeln direkt ab Hof verkauft.
Bei Familie Maack in Lindhorst werden die Kartoffeln direkt ab Hof verkauft. © HA | Hanna Kastendieck

Jürgen Maack ist davon überzeugt, dass Umweltschutz am günstigsten über die Landwirte zu haben ist. „Wir Landwirte können günstig und großflächig Blühwiesen anlegen“, sagt er. „Kleine Blühinseln an Gehwegen sind zwar schön, bringen aber ökologisch so gut wie gar nichts. Die Fläche macht den Nutzen aus. Und davon haben wir Bauern in der Regel jede Menge.“

Um trotz reduzierter Produktionsfläche ertragreich wirtschaften zu können, setzt Bauer Maack außerdem seit vielen Jahren auf Direktvermarktung ab Hof und verzichtet auf den Handelsverkauf. „Verkauf ab Hof ist nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch sinnvoll“, sagt er.

Unterstützung auf seinem Weg bekommt der Landwirt von der CDU in der Gemeinde Seevetal. Diese möchte nicht nur möglichst viele Betriebe für die Idee des Artenschutzes begeistern, sondern sieht auch die Gemeinde selbst in der Pflicht. „Wir brauchen mehr Landwirte wie Jürgen Maack“, so die CDU-Bürgermeisterkandidatin Emily Weede. „Also müssen wir als Gemeinde Anreize schaffen.“ Möglichkeiten dafür gebe es viele, so Weede. „Um die Direktvermarktung als ökologisch sinnvollen Vertriebsweg zu fördern, können die Landwirte Zuschüsse beantragen, die dann von der Gemeinde kofinanziert werden.“ Darüber hinaus könne die Gemeinde steuernd eingreifen, in dem sie Flächen, die Gemeindeeigentum sind, künftig ausschließlich an Landwirte verpachte, die den Niedersächsischen Weg unterstützen und für den Artenschutz aktiv seien.

Zuschüsse werden von der Wohnort-Gemeinde kofinanziert

Emily Weede und Frank Schmirek von der Seevetaler CDU wollen Landwirte, Gemeinde und Bürger mit auf den „Niedersächsischen Weg“ nehmen.
Emily Weede und Frank Schmirek von der Seevetaler CDU wollen Landwirte, Gemeinde und Bürger mit auf den „Niedersächsischen Weg“ nehmen. © HA | Hanna Kastendieck

„Der Niedersächsische Weg ist freiwillig“, betont der CDU-Fraktionsvorsitzende Frank Schmirek. „Wir möchten, dass die Landwirte diesen aus Überzeugung beschreiten.“ Als Gemeinde sei es Aufgabe, den Landwirten zu vermitteln, dass sich dieser Weg für sie lohne. „Wir haben in Seevetal 81 landwirtschaftliche Betriebe, die 5400 Hektar Fläche bewirtschaften“, so Schmirek. „Diese müssen wir mit auf den Weg nehmen und gleichzeitig dafür sorgen, dass sie weiterhin gut wirtschaften können.“

Aufklärung sei wichtig, den Landwirten zu zeigen, was möglich sei und wo es Förderung gebe - zum Beispiel bei der Anlage neuer Blühflächen. So fördert das Land Niedersachsen die Anlage und Pflege von einjährigen Blühstreifen bzw. Blühflächen auf Ackerland mit einem Fördersatz von 700 Euro pro Hektar, bei Imkerbeteiligung zuzüglich 100 Euro pro Hektar. Die Förderung ist auf maximal zehn Hektar je Betrieb begrenzt.

Kandidatin: Gemeinde Seevetal sollte Vorbild und Vorreiter sein

Doch nicht nur die Landwirte in der Region sollen künftig für ein blühendes Seevetal sorgen, auch die Gemeinde selbst ist aufgefordert, zu handeln. „Wir sollten als Gemeinde Vorbild und Vorreiter sein“, sagt Emily Weede. „Das bedeutet, dass auch das Grünflächenmanagement aktiv werden und die Vernetzung von Biotopen sicherstellen muss.“ Die Gemeinde könne auf diese Weise durchgehend große blühende Flächen schaffen. Und dann seien da noch die Bürgerinnen und Bürger, die ihren Beitrag leisten könnten. Auch diese will die CDU mit ins Boot holen.

„Jeder einzelne kann etwas für den Natur- und Artenschutz tun“, sagt Emily Weede. „Es braucht dafür keinen großen Garten.“ Über die Möglichkeiten für mehr Biodiversität auf privaten Flächen sollen Impulsreferate, Vorträge und Flyer informieren. „Ein artenfreundlicher Garten ist eigentlich ganz einfach zu bewirtschaften, macht wenig Arbeit und kostet nicht viel Geld“, sagt Emily Weede. „Es reicht schon aus, wenn man einen kleinen Teil der Fläche einfach der Natur überlässt. Unordnung im Garten sorgt für viele Arten.“

Info: Der Niedersächsische Weg in der Landwirtschaft

In Niedersachsen ist seit dem 1. Januar 2021 der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln auf Dauergrünland in Naturschutzgebieten und Natura-2000-Gebieten verboten. Um den Niedersächsischen Weg in die Fläche zu tragen, ruft das Landwirtschaftsministerium engagierte Natur-, Arten- und Gewässerschützer auf, zu zeigen, wie sie diesen umsetzen. Wer für die Dauer von mindestens zwei Jahren fünf erfolgreiche Maßnahmen umsetzt, erhält kostenfreie Schilder und wird zum #Wegbereiter. Infos: www.ml.niedersachsen.de/wegbereiter.