Hittfeld. Die KVG hat so viele Busse auf einen Schlag angeschafft wie nie zuvor. Damit sollen nach Corona die Pendler zum ÖPNV gelockt werden.

Mit 47 neuen Fahrzeugen wollen die KVG Stade GmbH und der Landkreis Harburg das Busfahren noch bequemer machen und möglichst viele Menschen zum Umsteigen vom Auto in den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) bewegen. Das sei angesichts der gesetzten Klimaziele vom Bund, dem Land Niedersachsen und dem Landkreis dringend nötig, betonen Landrat Rainer Rempe und der KVG-Geschäftsführer Jan Behrendt bei der Einweihung der Fahrzeuge auf dem Betriebshof in Hittfeld. Allerdings steht der Busverkehr derzeit noch im Zeichen von Corona.

Seit vielen Monaten jonglieren die Verkehrsplaner der KVG mit ständig wechselnden Rahmenbedingungen herum. Ein Schwerpunkt ist der Schulbusverkehr, der zwischen kompletten Schulschließungen, Schule für bestimmte Altersklassen und Wechselunterricht hin und her pendelt. „Zu Beginn der Krise hatte ich befürchtet, Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken zu müssen“, blickt Behrendt zurück. „Dann mussten sogar mehr Fahrten organisiert werden, damit die Busse nicht zu voll werden.“

Die 47 neuen Busse für den Landkreis ersetzen zahlreiche ältere Fahrzeuge

Ronald Hinz, Leiter des KVG-Betriebshofs Hittfeld, stellt hinter der Infektionsschutz-Scheibe die Funktionen des Busses vor.
Ronald Hinz, Leiter des KVG-Betriebshofs Hittfeld, stellt hinter der Infektionsschutz-Scheibe die Funktionen des Busses vor. © Hillmer/HA | Angelika Hillmer

Zu Beginn der Pandemie sei das Fahrgastaufkommen um 80 Prozent gesunken, sagt KVG-Sprecher Oliver Blau. „Im Sommer hatte sich der Busverkehr erholt, dann kam der zweite Lockdown. Heute liegen wir bei 40 bis 50 Prozent des Vorkrisenniveaus.“ Trotz der aktuell schwierigen Lage macht das Unternehmen jetzt einen Schritt nach vorn. „Mit KVG in die Zukunft“, steht es an der Zielanzeige der in Hittfeld präsentierten Busse. Folgerichtig sind sie mit modernster Technik wie WLAN, Abbiegeassistenten und einer dynamischen Haltestellenanzeige ausgestattet.

Diese informiert die Fahrgäste auf einem großen Bildschirm nicht nur über die nächste Haltestellen, sondern gibt Auskunft, ob der Bus verspätet ist und welche Anschlüsse erreicht werden. Dabei kann der Bordcomputer nicht nur den Fahrgästen, sondern auch dem Fahrzeugdisponenten die Busposition mitteilen. So kann er bei Verspätungen dafür sorgen, dass die Fahrgäste nicht den Anschluss verlieren – und dabei sogar Zugverbindungen berücksichtigen. Dieses System wurde bereits Ende 2018 eingeführt und Busse schrittweise umgerüstet. Fahrgäste, die nicht im Bus sitzen und auf den Bildschirm schauen können, erhalten diese Informationen auch über eine App auf ihrem Smartphone.

Elektronik sorgt für aktuelle Informationen zu weiteren Anschlüssen – auch der Bahn

Beim Einsteigen sehen die neuen Busse auf den ersten Blick nicht so anders aus als die Vorgänger (in Corona-Zeiten). Der Spuckschutz dominiert den Blick Richtung Fahrer. Als die Pandemie in Deutschland angekommen war, habe man sich zum Teil mit Duschvorhängen beholfen, sagt der Hittfelder Betriebsleiter Ronald Hinz bei der Präsentation eines Busses. „Um unsere Fahrer vor Infektionen zu schützen, mussten wir eine Zeit lang die vordere Einstiegstür sperren“, ergänzt Behrendt. „Dadurch verloren wir Umsatz, weil viele Fahrgäste nicht zahlten. Es gab aber auch welche, die ein paar Tage später extra zu einem unserer Büros kamen und sagten, sie seien eine bestimmte Strecke gefahren und möchten die Fahrt nun nachträglich bezahlen.“

Selbstverständlich geriet der ÖPNV unter Corona-Einfluss allgemein in tiefrote Zahlen, auch im Landkreis Harburg. Bund und Länder haben Rettungsschirme in Milliardenhöhe aufgespannt, um die Struktur der Verkehrsangebote über die Infektionswellen hinweg zu retten, sagt Behrendt. An die KVG seien 2,1 Millionen Euro geflossen. Doch nun soll es – wie überall im Lande – bergauf gehen. „Wir haben noch nie auf einen Schlag so viele Neufahrzeuge in Betrieb genommen“, sagt Behrendt. Neben 41 „normalen“ Bussen werden acht Gelenkbusse die gut 160 durch den Landkreis rollenden KVG-Fahrzeuge ergänzen. Mehr als zehn Millionen Euro haben die Fahrzeuge des Herstellers IVECO gekostet; vier Millionen Euro steuerte das Land Niedersachsen bei.

Videokameras stärken das Sicherheitsgefühl

„Die 40-Prozent-Unterstützung war dringend nötig“, sagt Landrat Rempe. Schließlich müssten Bus und Bahn angesichts verschiedener Klimaziele deutlich zulegen. So hatte der Kreistag im Juni 2020 beschlossen, dass der Landkreis Harburg bis 2040 klimaneutral werden soll. „Die Busse legen im Landkreis rund 5,6 Millionen Kilometer zurück. Wir wollen sie noch attraktiver machen, und das ist uns mit diesen Fahrzeugen gelungen“, sagt Rempe. Der Fahrgastraum werde klimatisiert und videoüberwacht. Letzteres stärke das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste, so Behrendt.

Die Busse werden von Dieselmotoren angetrieben, die die strengste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Langfristig könnten Elektro- und womöglich auch Wasserstoffantriebe zur Alternative werden, so Rempe. Auch dazu werden der Landkreis und die KVG eng zusammenarbeiten und Pilotprojekte starten, kündigt der Landrat an und erntet auf dem KVG-Betriebshof zustimmendes Nicken.