Karoxbostel. Emily Weede will Bürgermeisterin der Gemeinde Seevetal werden. Die Christdemokratin kennt Land und Leute in ihrer Heimat gut.

Ein Gespräch mit Emily Weede kann kein reiner Dialog bleiben, zumindest nicht an der Wassermühle Karoxbostel. Mehrmals kommen Menschen über den Hof auf sie zugelaufen, um ein paar kurze Worte zu wechseln. Das liegt sicher nicht nur an den Kuchenstücken, die sie in der kühlen Morgensonne zum Kaffee aus der Thermoskanne großzügig aufgetischt hat. Sie selbst trinkt lieber Tee, ostfriesisch oder englisch.

Die Bürgermeisterkandidatin der CDU kennt viele Menschen in der Gemeinde, sie sieht sich im „normalen Leben“ verankert und schätzt eine gute Streitkultur. Es sei ihr wichtig, unterschiedliche Meinungen zuzulassen und sich damit auseinanderzusetzen, sagt Emily Weede, die aus einer politisch aktiven Familie stammt. „Ich bin jemand, der nicht polarisiert. Das brauchen wir im Moment für Seevetal.“

Bekannt als Vorsitzende des Karoxbosteler Mühlenvereins

Bekannt ist die 58-Jährige in Seevetal als Gesicht der Wassermühle Karoxbostel. Als erste Vorsitzende des Mühlenvereins sorgte sie mit zahlreichen ehrenamtlichen Mitstreitern dafür, dass das Denkmal-Ensemble seit 2012 wiederaufgebaut und als vielfältiger Lernort wiederbelebt wurde. Für das mehrfach ausgezeichnete Projekt gab es unter anderem den Deutschen Preis für Denkmalschutz. „Es ist unheimlich schön, sich für dieses Projekt verantwortlich und zugehörig zu fühlen“, sagt Emily Weede. Immer dabei ist Berner Sennenhund Goldie, ein selbstbewusster „Salonlöwe“ und damit genau der zu ihr passende Hund, wie sie es selbst beschreibt.

Der Verein zählt mittlerweile rund 1200 Mitglieder, knapp 200 bringen sich regelmäßig aktiv in der Mühle ein. Die Rücksprache mit dem Team sei ihr immer wichtig, sagt Emily Weede. Vor Entscheidungen drücke sie sich jedoch nicht. „Es ist wichtig, dass wir vorankommen.“ Auch die Gedanken der Menschen vor Ort ziehe sie dabei mit ein. Diese seien genauso wertvoll wie die Ratschläge von Experten.

Zwölf Jahre lang Vorsitzende der Hittfelder CDU

Dass sie zwar zwölf Jahre Vorsitzende des Hittfelder CDU-Ortsverbands war und einige Jahre im Rat der Gemeinde und im Kreistag saß, jedoch keine Erfahrung aus dem Inneren der kommunalen Verwaltung vorweisen kann, sieht Emily Weede gelassen. „Wir haben eine gute Verwaltung. Es ist gut, wenn an der Spitze jemand steht, der anders denkt. Als Bürgermeisterin muss ich den Mitarbeitern den Rücken stärken, sodass sie neue Ideen entwickeln können.“ Zudem sei sie in Seevetal und im Landkreis gut vernetzt – nicht nur politisch, sondern auch im sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich.

Natürlich hat die Kandidatin, die mit 19 Jahren in die CDU eingetreten ist, einige Ideen, wie sich die Gemeinde in den kommenden Jahren entwickeln sollte. Dabei bleibt sie pragmatisch, will keine falschen Hoffnungen wecken. „Ich sage lieber gleich die Wahrheit, auch wenn sie blöd ist.“

Wurzeln in der bäuerlichen Landwirtschaft

Das betrifft vor allem die Finanzlage der Gemeinde. Die werde sich durch die Corona-Pandemie deutlich verschlimmern, sagt Emily Weede. „Wir müssen bei der Verschuldung aufpassen und den Bürger ehrlich sagen, was geht und was nicht geht. Luftschlösser gibt es mit mir nicht.“ Um die Finanzen solide aufzustellen, sei es wichtig, auf die Einkommenssteuer zu gucken – und dafür jeden Teil der Gemeinde als lebenswerten Wohnort zu erhalten.

Identität in den kleinen Ortschaften stärken

Überhaupt ist es ihr ganz wichtig, die Identität der einzelnen Ortschaften zu stärken. „Wir sind an einem kritischen Punkt und dürfen nicht zur gesichtslosen Vorstadt werden.“ Zum Thema Wohnen hat sie einen konkreten Vorschlag: Alte Gehöfte sollten nicht abgerissen, sondern neu genutzt werden. In Stall- und Wirtschaftsgebäude könnten Praxen und Wohnungen für junge und alleinstehende Menschen eingerichtet werden.

„Solche kleinen Einheiten zum Mieten sind wichtig, damit die Menschen in ihrem Ort bleiben können“, sagt Emily Weede, die noch heute auf dem Hof in Karoxbostel wohnt, auf dem sie aufgewachsen ist. Sie befürwortet die Ausweisung weiterer Baugebiete in Seevetal, ist aber gegen eine extreme Verstädterung. „Ich werde hier in der Gemeinde mein weiteres Leben verbringen. Ich kenne die Menschen und die Landschaft und fühle mich verpflichte, mich für meine Heimat zu engagieren. Das treibt mich an und prägt meine Entscheidungen.“

Auf dem eigenen Bio-Hof hält die Familie mittlerweile wieder bis zu zwölf Welsh-Black-Rinder, die am Hof geschlachtet werden. Auch bei der Viehhaltung wolle sie die Verantwortung bis zum Schluss übernehmen, sagt Emily Weede. Wenn ihr Mann und ihre beiden Söhne – 20 und 21 Jahre alt – auf die Jagd gehen, kümmert sie sich ebenso anschließend um die Feinzerlegung des Wilds.

Seevetaler Landschaft ist vor allem Wirtschaftsfläche

Den Bezug zum Land und zur Landwirtschaft will sie auch bei anderen Menschen fördern. Insbesondere Neubewohner müssten verstehen, dass die Seevetaler Landschaft nicht allein für Freizeit und Tourismus reserviert ist, sondern vor allem als Wirtschaftsfläche diene. Deshalb sieht sie auch die Pläne für die Tank- und Rastanlage Elbmarsch bei Meckelfeld kritisch. Dabei gehe es nicht nur um Lärm- und Verkehrsbelastung, sondern auch um einen immensen Flächenverbrauch.

„Die Landwirtschaft hat eine immense Bedeutung für Seevetal, auch was die Steuerzahlungen und Arbeitsplätze angeht“, betont Emily Weede. Die bestehenden 81 Betriebe sollten ihrer Ansicht nach weiter wirtschaften können – biologisch oder konventionell. Anstelle die Konfrontation zu schüren will die Kandidatin die Kooperation fördern. Als Beispiel nennt sie die Milchtankstelle in Glüsingen. Am angeschlossenen Warenautomat können weitere Produzenten aus der Region ihre Waren anbieten. „Dieses Modell wird sich sicher ausweiten, das macht Landwirtschaft sichtbar.“

Öffentlicher Nahverkehr muss besser werden

Auch bei anderen Themen hat Emily Weede sich vorgenommen, auf die einzelnen Ortschaften einzugehen. Mit Blick auf die Mobilität will sie den ÖPNV stärken und auch neue Modelle nutzen – als Vorbild nennt sie das Elbmobil in der Elbmarsch oder den Bürgerbus in Bardowick. Alle Bewohner Seevetals könnten sich dabei einbringen. „Jeder ist dafür verantwortlich, dass die Gemeinschaft gelingt.“