Maschen/Hittfeld/Fleestedt/Meckelfeld. An vielen Wohnhäusern und Schulen nahe den Hauptverkehrsstraßen ist es zu laut. Aktionsplan zeigt Schwerpunkte auf

Etwa 13.000 Menschen in der Gemeinde Seevetal sind durch Lärm an Hauptverkehrsstraßen belastet. Betroffen sind 6200 Wohnungen und 17 Schulgebäude. Das ergeben Daten einer Lärmkartierung durch das Niedersächsische Ministeriums für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz.

Lärmaktionsplan liegt im Rathaus aus

Diese sind Grundlage für einen Lärmaktionsplan, den die Gemeinde zurzeit erarbeitet. Ein Entwurf dieses Plans, der auf einem Muster des Landes beruht und vom Hamburger Ingenieurbüro Lärmkontor erstellt wurde, liegt derzeit im Rathaus in Hittfeld aus.

Wie groß ist die Lärmbelastung an den Hauptverkehrsstraßen in Seevetal? Um zu dieser Frage verlässliche Antworten zusammenzustellen, ist die Gemeinde verpflichtet, einen Lärmaktionsplan zu erstellen. Der umfasst die Lärmbelastung, weist ruhige Gebiete aus und zeigt langfristige Strategien zur Verbesserung der Situation auf.

Betrachtet werden alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen im Gemeindegebiet, auf denen mehr als 8000 Fahrzeuge täglich unterwegs sind. Das entspricht jeweils etwa drei Millionen Fahrzeugen im Jahr. In Seevetal sind dies die A 1, die A 7 und die A 39 sowie die L 213 auf ihrem Abschnitt von Helmstorf über Hittfeld bis Emmelndorf und Fleestedt.

Kernproblem sind die Autobahnen

Vier Anschlussstellen – Hittfeld, Ramelsloh, Fleestedt und Maschen – sowie das Horster Dreieck und das Maschener Kreuz verbinden das Gemeindegebiet mit den Autobahnen. Zusätzlich ist die L 213 zwischen den Anschlussstellen Fleestedt (A 7) und Hittfeld (A 1) als Abkürzung beliebt und entsprechend stark befahren.

Die Belastung entlang der Hauptverkehrsstraßen trifft fast jeden dritten Menschen in der rund 41.000-Einwohner-Gemeinde. Diesen Schätzungen zufolge herrscht auf einer Fläche von rund 33 Quadratkilometern – etwa ein Drittel der Gemeindefläche – sogenannter Umgebungslärm von mehr als 55 Dezibel. Von hohen Lärmwerten über 65 Dezibel, die als potenziell gesundheitsgefährdend gelten, sind 1100 Menschen betroffen, sehr hohe Lärmbelastungen über 70 Dezibel treffen 200 Seevetaler. Nachts gelten jeweils etwas geringere Werte als Indikator für Lärm.

Bahnstrecken belasten Meckelfeld

In dem Plan ist auch die Lärmbelastung an den Haupteisenbahnstrecken aufgeführt. Sie wurde durch das Eisenbahnbundesamt zuvor in einem gesonderten Aktionsplan erfasst. Seevetal wird durchzogen von den beiden großen Bahnstrecken zwischen Hannover und Hamburg sowie Bremen und Hamburg. Dort betrifft die Lärmbelastung 10.760 Menschen auf einer Fläche von rund 21 Quadratkilometern.

Als Grundlage für den Plan hat das beauftragte Büro die Daten der Lärmkartierung des Landes verwendet. Die wurden in den Jahren 2015 bis 2017 vom Umweltministerium erhoben und mit den Kommunen abgestimmt. Die Werte sind nicht das Ergebnis tatsächlicher Messungen vor Ort, sondern sie werden mit Hilfe einer europaweit einheitlichen Methode berechnet.

Dabei flössen viele Faktoren zu den jeweiligen Bedingungen vor Ort ein, sagt Fred Patzwaldt, Leiter der Planungsabteilung im Seevetaler Bauamt. „Das Bild, das durch die Berechnung entsteht, hilft uns zu erfassen, an welchen Stellen es besonders laut ist.“ Um darzustellen, wie sich die Lärmbelastung in Seevetal verteilt, haben sich die beauftragten Ingenieure die Nacht-Werte in den betroffenen Ortsteilen genauer angesehen.

In Waldesruh ist es besonders laut

Besonders laut ist es demnach in Waldesruh. Dort werden zahlreiche Wohnhäuser an der A 1 hoch und sehr hoch belastet. In Meckelfeld gilt dies – trotz des vorhandenen Lärmschutzes – für zahlreiche Wohn- und Schulgebäude an der A 1, in Fleestedt sind Wohnhäuser an der A 7 und der B 4 betroffen. Meckelfeld wird zudem erheblich durch Schienenlärm belastet.

Nach der Lärmkartierung des Landes werden auch in Ohlendorf und Ramelsloh entlang der A 7 zahlreiche Wohngebäude sowie Schulgebäude hoch oder sehr hoch belastet. Dabei wurde jedoch nicht berücksichtigt, dass dort inzwischen offenporiger Asphalt verbaut wurde, der sieben Dezibel leiser ist als der angenommene Asphalt.

Ähnlich ist die Situation in Horst und Maschen. Südlich des Horster Dreiecks wurde ebenfalls sogenannter Flüsterasphalt aufgebracht. In Emmelndorf werden einzelne Wohnhäuser entlang der L 213 und der A 7 hoch belastet. Zusätzlich sind Fleestedt und Emmelndorf erheblich durch Schienenlärm betroffen.

In Hittfeld sind einige Wohngebäude entlang der L 213 und westlich der Autobahnanschlussstelle hoch und sehr hoch belastet. Im weiteren Verlauf der L 213 nach Süden gibt es in Helmstorf an der L 213 Wohnhäuser, deren straßennahen Fassaden ebenso belastet sind.

Gemeinde kann selbst nichts unternehmen

Auch wenn die Gemeinde die Zahlen nun zusammengefasst vorliegen hat – etwas zur Verringerung des Straßenlärms unternehmen kann sie nicht. Für die besagten Straßen sind die Autobahn GmbH und die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr zuständig. „Die Frage der Verantwortlichkeit ist der Schwachpunkt beim Lärmaktionsplan“, sagt Patzwaldt. „Wir sehen den Bund in der Pflicht, sich um die Lärmminderung an den Autobahnen zu kümmern. Aber die Gemeinde kann die Umsetzung nicht einfordern.“

Die entwickelten Maßnahmen sind in dem Plan daher als Prüfaufträge an die Baulastträger formuliert. Das Bundesimmissionsschutzgesetz gibt jedoch weder Grenz- noch Richtwerte vor, bei deren Überschreitung ein Anspruch auf Lärmminderungsmaßnahmen greifen würde.

Die in dem Entwurf aufgelisteten Maßnahmen sind den Autoren zufolge demnach allesamt „vorläufig und unverbindlich“. Möglich wären ein Tempolimit, das Aufbringen von Flüsterasphalt, der Bau oder die Erhöhung von Schallschutzwänden- und wällen und der Einbau von Schallschutzfenstern. Lärmmindernd könnte es auch wirken, wenn der Durchgangsverkehr in den Ortsteilen durch Umfahrungen verringert, der Bus-, Rad- und Fußverkehr gefördert oder der Lkw-Verkehr eingeschränkt wird.

Flüsterasphalt und Tempolimit soll Lärm verringern

Insbesondere der Lärm in Maschen, Hittfeld, Fleestedt und Beckedorf könnte durch weitere A-7-Abschnitte mit Flüsterasphalt verringert werden. Ähnliches gilt für den Abschnitt der A 1 in Waldesruh und Hittfeld. Hier schlagen die Autoren zudem eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 100 vor. Offenporiger Asphalt könnte auch das Gymnasium und die Oberschule in Meckelfeld entlasten, zusätzlich sind höhere oder längere Schutzwände denkbar.

Auch an der L 213 sollte das Land prüfen, ob in den Ortsdurchfahrten von Helmstorf und Hittfeld ein leiserer Asphalt aufgebracht werden kann. In beiden Ortsteilen könnte zudem streckenweise das erlaubte Tempo nachts auf 30 begrenzt werden. Generell empfehlen die Autoren, konsequent auf die Geschwindigkeitsbegrenzungen hinzuweisen. Sie schätzen, dass durch die genannten Maßnahmen die Zahl der lärmbelasteten Menschen in Seevetal halbiert werden könnte.

Als Teil einer langfristigen Strategie sollte die Gemeinde auch auf allen kommunalen Straßen – im Zuge der generellen Sanierung – lärmarmen Asphalt einbauen. Darüber hinaus muss sie sogenannte ruhige Gebiete vor neuem Lärm schützen. Als solche gelten Teile des Waldgebietes Buchwedel an der Grenze zur Gemeinde Stelle, Waldgebiete südlich von Ramelsloh und das Waldgebiet zwischen Fleestedt und Meckelfeld.

Trotz des fehlenden Durchgriffsrechts der Gemeinde sieht Patzwald in dem Lärmaktionsplan ein sinnvolles Instrument. „Er verdeutlicht die Intensität des Problems und ist eine wichtige Basis, um mit den Verantwortlichen in den Dialog zu treten.“ Diesmal standen die Hauptverkehrsstraßen im Mittelpunkt, in einem späteren Schritt soll auch der Lärm an kleineren Straßen in Seevetal erfasst werden. „Das Thema ist wichtig und wird uns noch weiter beschäftigten“, sagt der Leiter des Planungsamts. „Alle Prognosen gehen von einem Verkehrszuwachs aus.“