Drage. Ausnahme von der Corona-Regel: Dauergäste genießen auf vielen Campingplätzen im Norden Privilegien – und sie wissen das zu schätzen.

Hotels und Pensionen sind geschlossen, auch mit dem Wohnmobil ist Urlaub kaum möglich. Glücklich, wer in der Corona-Pandemie Dauercamper ist. In Schleswig-Holstein und Niedersachsen dürfen sie unter Bedingungen auf die Plätze, in Mecklenburg-Vorpommern allerdings nur tagsüber und wenn sie aus dem eigenen Land sind.

Auch auf dem Campingplatz Stover Strand ist die Nachfrage nach Dauercampingplätzen groß. „Gegenüber dem Vorjahr haben wir die Anzahl aufgestockt. Alle sind weg, wir haben eine Warteliste eingerichtet“, sagte Geschäftsführer Norbert Kloodt. Nach dpa-Informationen gibt es am Stover Strand derzeit 110 Stellplätze für Dauer- und Saisoncamper. Noch mehr Stellplätze möchte Kloodt derzeit nicht umwidmen: „Wenn es wieder erlaubt ist, begrüßen wir sehr gern auch wieder touristische Camper.“ Deren Verweildauer beziffert er mit durchschnittlich drei Tagen.

Chef am Stover Strand: "Camping ist der sicherste Urlaub"

Vorerst bis zum 9. Mai sind touristische Übernachtungen in Niedersachsen verboten. „Auch aufgrund der Erfahrungen der Modellregionen in Schleswig-Holstein bin ich zuversichtlich, dass Campingurlaub danach wieder freigegeben wird“, so Kloodt. Im vergangenen Jahr erfolgte die Öffnung am 11. Mai. „Sollte das Beherbergungsverbot verlängert werden, werden wir bei der Anzahl der Dauerstellplätze nochmal nachlegen“, sagte der Geschäftsführer. „Mit Blick auf mögliche Infektionen ist Campingurlaub der sicherste Urlaub. Man hat seine eigene Unterkunft, seine eigenen Sanitäranlagen und bewegt sich sonst an der frischen Luft in der Natur.“

Die Dauercamper Marianne und Paul-Jürgen Post sitzen in ihrem Vorzelt auf dem Campingplatz und genießen die Auszeit.
Die Dauercamper Marianne und Paul-Jürgen Post sitzen in ihrem Vorzelt auf dem Campingplatz und genießen die Auszeit. © dpa | Hauke-Christian Dittrich

Sehr gut angenommen worden sei das Wohnmobil-Dinner des zum Campingplatz gehörenden Restaurants „Stover Strandgut“. 70 bis 80 Personen genossen ein Drei-Gang-Menü auf dem Boot, im Wohnmobil oder in der Dauercampingparzelle. Auch Tagesgäste mit Wohnmobil durften bestellen und essen, mussten abends aber wieder nach Hause fahren. Das nächste Dinner ist für Sonnabend, 1. Mai, geplant.

Auf der Insel Fehmarn betreibt Malte Riechey zusammen mit seinem Vater den Campingplatz Wulfener Hals. Von den 805 Standplätzen sind aktuell 265 an Dauercamper vermietet. Der Trend in den vergangenen Jahren sei überall an der Küste eher weg vom Dauercamping gewesen. „Das liegt nicht an der mangelnden Nachfrage.“ Aber die Nachfrage an touristischen Stellplätzen sei eben noch stärker gestiegen. Mitte April waren in der Woche etwa 10 Prozent der Dauercamper da, am Wochenende 20 bis 30 Prozent. „Das wird sich jetzt ganz deutlich steigern“, ist der 42 Jahre alte Riechey sicher. Die meisten Dauercamper kommen aus einen Gebiet mit maximal zwei bis drei Stunden Anreisezeit.

Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:

  • Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
  • Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
  • Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
  • Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
  • Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).

Nach Riecheys Angaben wird es Zeit, dass der normale Betrieb wieder losgeht. Im Winter hätten sie mehr als eine Millionen Euro investiert, in der Hoffnung auf eine normale Saison. Wie groß die wirtschaftliche Not sei? „Das hängt davon ab, wann es wieder losgeht.“ Der Ausfall Ostern sei hart gewesen. „Jeder Tag, der geschlossen ist, kostet uns richtig Geld.“ Die Dauerplatzerlöse können das Geschäft nicht tragen, sie machen nach Angaben des 42-Jährigen nur etwa zehn Prozent der Gesamterlöse aus. „Wir brauchen händeringend unsere Gäste.“ Der Geschäftsführer verweist auf strenge Hygienemaßnahmen, große Abstände und den beständigen Wind, der um die Wohnwagen streicht. „Wie soll man sicherer Urlaub machen?“

Besondere Situation der Dauercamper während der Corona-Pandemie

Der 65 Jahre alte Martin Gerken aus Hannover macht seit 1988 Urlaub auf dem Platz Wulfener Hals, seit Anfang der 90er Jahre als Dauercamper. Mehrere Kinder sind dort quasi groß geworden und verbringen weiterhin dort ihren Urlaub, jetzt auch mit Enkelkindern. Gerken schwärmt vom Dauercamperleben auf dem Platz Wulfener Hals, der mit Restaurant, Wassersport, Spielplatz und Animation alles biete: „Für Kinder gibt es definitiv nichts Schöneres. Die gehen morgens raus und man weiß, sie kommen wieder, wenn sie Hunger haben.“

Er lobt den Gemeinschaftssinn. Man achte aufeinander und feiere gemeinsame Feste. „Das ist schon schön, das macht Spaß.“ Der besonderen Situation der Dauercamper während der Corona-Pandemie ist Gerken sich bewusst: „Wir sind privilegiert.“

In Niedersachsen ist die Nachfrage nach Dauercampingplätzen größer als das Angebot. Die Wartelisten sind lang. „Die aktuelle Nachfrage ist enorm, wir haben Anfragen ohne Ende“, sagte Julia Staarmann, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes der Campingplatzunternehmer Niedersachsen.

Campingplatz Stover Strand in Stove Elbmarsch mit kleinem Hafen Serie Landkreis Harburg
Campingplatz Stover Strand in Stove Elbmarsch mit kleinem Hafen Serie Landkreis Harburg © Michael Rauhe | Michael Rauhe

Im Ferien- und Erlebnispark Alfsee im Landkreis Osnabrück, wo Staarmann arbeitet, sind etwa 380 von 750 Standplätzen ganzjährig vermietet. Ganzjahresplätze sind auch im Südsee-Camp in Wietzendorf in der Lüneburger Heide gefragt. 600 von 1300 Plätzen sind ganzjährig gebucht, alle Möglichkeiten sind vergeben. Die Preise liegen zwischen 1800 und 2500 Euro plus Nebenkosten.

In Mecklenburg-Vorpommern gelten seit Sonnabend aber strengere Regeln. Dauercamper aus anderen Bundesländern dürfen sich nicht mehr auf den Plätzen aufhalten. In einigen Regionen hatten sie wegen hoher Corona-Inzidenzen auch schon vorher die Plätze verlassen müssen. Etwa in den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald.

Wer seinen Wohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern hat, darf nach Angaben des Landes-Campingverbandes nur tagsüber auf die Plätze, übernachten ist verboten. Der Geschäftsführer des Campingplatzes im Ostsee-Bad Graal-Müritz, Oliver Behrens, nennt die Regelung „völlig unverständlich“. Menschen aus der sicheren Umgebung eines Campingplatzes in eine große und enge Stadt zurückzuschicken, werde von den Betroffenen als „totaler Irrsinn“ bezeichnet. „Das sorgt für großen Unmut“, sagt Behrens.

Der Bundesverband der Campingwirtschaft schätzt, dass es rund 260.000 Dauerstandplätze in Deutschland gibt. Die Zahl der Touristikstandplätze liege bei rund 230.000. Nach Ländern aufgeschlüsselte Zahlen liegen nicht vor.