Tostedt. Die Gemeinde Tostedt hat aufgrund eines Ratsbeschlusses zum Thema eine Mitteilung an die Bürger veröffentlicht.
Weiße Kiesel und graue Splittstücke geometrisch angeordnet, dazwischen ein paar säulenförmige immergrüne Koniferen – Schottergärten gelten als vermeintlich pflegeleicht, sind aber ökologisch bedenklich. Laubfreiheit und ein mit Folie versiegelter Boden gegen Unkraut oder sich ausbreitendes Gras mögen dem Grundstücksbesitzer wenig Arbeit machen, ein Lebensraum für Insekten, Vögel und Kleinlebewesen sind Schottergärten auf keinen Fall.
Naturschutzorganisationen kritisieren diesen Mode bei der Gartengestaltung seit geraumer Zeit, inzwischen reagieren auch die ersten Kommunen. Die Gemeinde Tostedt hat aufgrund eines Ratsbeschlusses zum Thema nun eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie an die Bürger appelliert, bei der Gartengestaltung auf Schotter und sonstige Bodenversiegelungen zu verzichten.
Garten muss als Grünfläche angelegt werden
Grundlage ist der Paragraf 9, Absatz 2 der Niedersächsischen Bauordnung (NBauO). Dieser besagt: „Die nicht überbauten Flächen der Baugrundstücke müssen Grünflächen sein, soweit sie nicht für eine andere zulässige Nutzung erforderlich sind. Der Garten ist die nicht überbaubare Fläche des Baugrundstücks, er muss als Grünfläche angelegt werden.“
Mit „zulässiger Nutzung“ sind Stellplätze und deren Zufahrten, Terrassen oder Nebengebäude gemeint. Die Nutzung von Gartenflächen als Schottergarten müsse damit beantragt werden, „im Idealfall im Zuge des Bauantrags“, so die Gemeinde. Allerdings würden diese Schotterflächen dann in die Ausnutzung der Grundflächenzahl (GRZ) einberechnet.
Die GRZ sagt aus, wie viel Prozent einer Grundstücksfläche bebaut beziehungsweise versiegelt sein dürfen: „Dies kann unter Umständen dazu führen, dass man sich zwischen Schottergarten und Terrassenpflasterung oder Carport entscheiden müsste.“
Noch kein konkretes Verbot
Ein konkretes Verbot spricht die Gemeinde Tostedt jedoch nicht aus: „Dies ist in erster Linie ein Appell“, sagt Gemeindedirektor Peter Dörsam. Es werde in den Bebauungsplänen entsprechende Hinweise geben. „Die Gemeinde Tostedt möchte allen Hauseigentümern und Gartenbesitzern dringend ans Herz legen, den eigenen Garten als vielfältige und blühende Grünflächen anzulegen. Diese Grünflächen in den privaten Gärten sind für den Naturhaushalt unverzichtbar.
Von der Anlage eines Schottergartens sollte Abstand genommen werden. Leisten Sie einen Beitrag zur Artenvielfalt, wirken Sie dem Insektensterben entgegen, die Möglichkeiten sind vielfältig und einfach umzusetzen, beispielsweise durch Ansaat insektenfreundlicher Blumen und Kräuter oder Anpflanzung heimischer Sträucher“, heißt es weiter in der Mitteilung.
Ähnlich verfährt auch die Stadt Buchholz: Sie gibt Bauherren eine Infobroschüre an die Hand mit Tipps zur umweltfreundlichen Gartengestaltung. „Das ist ein guter Ansatz“, findet auch Gemeindedirektor Dörsam. In den anderen Gemeinden des Landkreises sind Schottergärten in den politischen Gremien noch nicht weiter behandelt worden.
Garten komplett ohne Grünflächen ist nicht zulässig
Das niedersächsische Umweltministerium bestätigt, dass die Gemeinden über ihre örtlichen Bauvorschriften Regeln für die Grundstücksgestaltung aufstellen können. Ein reiner Schottergarten – also ein Garten komplett ohne Grünflächen – sei wie im Paragraf 9 der NBauO beschrieben nicht zulässig. Das Ministerium teilt außerdem mit, dass die Untere Bauaufsichtsbehörde, also der Landkreis, für die Einhaltung der Vorschriften zuständig ist.
Der Landkreis könnte also einschreiten, wenn Schottergärten entgegen der in der Gemeinde geltenden Bauordnung angelegt würden, indem er den Rückbau verlangt und bei Zuwiderhandlung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren erwirkt. Doch der Landkreis Harburg möchte es so weit nicht kommen lassen und setzt auf die Vernunft der Bürger. „Die Verhältnismäßigkeit muss gegeben sein. Man könnte im Sinne der Gleichbehandlung ohnehin nur ganze Baugebiete betrachten“, so ein Landkreis-Sprecher.
Auch das Ministerium bestätigt, die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt sein. Die Unteren Bauaufsichtsbehörden seien im vergangenen Dezember per Runderlass über die Rechtslage informiert worden, um die Bürger für das Thema zu sensibilisieren.