Neu Wulmstorf. Ministerpräsident Stephan Weil diskutiert in Neu Wulmstorf mit Schülern die Corona-Folgen – und verspricht etwas.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat sich für eine Corona-Sonderimpfaktion bei Jugendlichen ausgesprochen. Schüler und Schülerinnen könnte damit eine Perspektive für die Zeit nach den Sommerferien geboten werden, deutete Weil während einer Diskussion im Gymnasium Neu Wulmstorf im Landkreis Harburg an.

Zumal es sich in der dritten Pandemie-Welle gezeigt habe, dass sich Virus-Mutationen verstärkt auch unter jungen Menschen verbreiten würden. „Eine Sonderimpfaktion wäre mir daher sehr lieb“, antwortete der SPD-Politiker auf die Frage einer Schülerin aus dem Sechser-Rat, der eine Art Sprechergruppe der Jahrgangsstufen zehn bis 13 an der Schule ist.

Schüler fordern bei Corona-Debatte Recht auf Ausbildung ein

Es gebe ein „Recht auf Ausbildung“ und das könne mit einer Impfung nach den Sommerferien wieder hergestellt werden, argumentierte die Schülerin und verwies auf den Impfstoffhersteller Pfizer/Biontech, der für seinen Wirkstoff in den USA gerade die Zulassung für Kinder und Jugendliche im Alter von zwölf bis 15 Jahren erhalten hat.

Ministerpräsident Stephan Weil im Gymnasium Neu Wulmstorf.
Ministerpräsident Stephan Weil im Gymnasium Neu Wulmstorf. © AT | Axel Tiedemann

Man werde in Niedersachsen versuchen, „Sonderkontingente“ dafür zu bekommen und sei dazu bereits in Gesprächen mit den anderen Ländern, sagte Weil, dämpfte aber auch gleichzeitig die Erwartungen: „Ob das gelingt, ist noch völlig offen und steht in den Sternen.“

Vor wenigen Tagen hatte sich der Nachrichtenagentur dpa zufolge aber auch Niedersachsens Gesundheitsministerin Daniela Behrens (SPD) schon offen für eine solche Impfaktion gezeigt. „Ich bin schon daran interessiert, die 12- bis 18-Jährigen schnell in die Impfkampagne hereinzuziehen“, sagte sie. Insgesamt handele es sich dabei um etwa 450.000 junge Menschen.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Und diese Altersgruppe ist es offensichtlich auch, die sich in der Pandemie von der Politik nicht richtig wahrgenommen fühlt. Das zeigten jedenfalls viele der Fragen in der Neu Wulmstorfer Diskussionsrunde mit dem Ministerpräsidenten. Seit 15 Monaten müsse man sehr isoliert leben, habe kaum soziale Kontakte und sei ständig mit vielen Unsicherheiten im Schulalltag konfrontiert, kritisierten die jungen Fragesteller.

Öffnungen im Tourismus – aber nicht an den Schulen?

„Das haben wir gemacht, um die Älteren zu schützen, jetzt können die raus – und wir sind immer noch eingesperrt“, spitzte der 18-jährige Schülersprecher Pelle Wilhelm die Kritik zu. Es werde jetzt beispielsweise viel über Öffnungen beim Tourismus diskutiert, nicht aber über die Situationen an den Schulen. Unverständnis zeigte die Fragerunde auch darüber, dass für den Schulbesuch eine regelmäßige Testpflicht besteht, für Arbeitnehmer in Großraumbüros aber nicht. Auch das sei eine Ungleichbehandlung, kritisierten die Neu Wulmstorfer Schüler.

Schülersprecher Pelle Wilhelm läutet die Fragerunde der Schüler ein.
Schülersprecher Pelle Wilhelm läutet die Fragerunde der Schüler ein. © AT | Axel Tiedemann

Er könne diese Wahrnehmung und dieses Gefühl verstehen, sagte Weil. „Doch die Schulen waren bei unseren Beratungen ständig ein Top-Thema“, versicherte er. Es sei aber nun einmal so, dass es in Schulen zu besonders vielen und engen Kontakten komme. Und Kontaktbeschränkungen seien das Mittel gewesen, um noch mehr Tote und Schwererkrankte zu verhindern, sagte Weil und sprach angesichts von 85.000 Verstorbenen von einer „erschreckenden Zahl“.

Seit 35 Jahren mache er Politik, eine solche Situation habe er in seinem Leben aber noch nicht erlebt, so Weil: „Eine Pandemie ist nur begrenzt planbar.“ Doch gerade die Tests vor einem Schulbesuch hätten sich in Niedersachsen als sehr erfolgreich erwiesen. Und gerade diese Tests seien doch auch „eine Hilfe für Euch“ und könnten viele Verbesserungen bringen, so Weil.

Ministerpräsident Weil besucht Landkreis Harburg

Der niedersächsische Ministerpräsident war auf Einladung der Seevetaler SPD-Bundestagsabgeordneten Svenja Stadler und des Neu Wulmstorfer SPD-Bürgermeisterkandidaten Tobias Handtke in den Landkreis Harburg gekommen: Wegen der Pandemie war der Kreis der Diskussionsteilnehmer bei dem Neu Wulmstorfer Schul-Termin auf die Schüler-Vertretung und einige Lehrer beschränkt, die vor allem eine bessere digitale Ausstattung der Schule forderten und sich offensichtlich teils auch allein gelassen fühlten bei der rein technischen Bewältigung der Pandemie.

Der Landhof gehörte auch zum Besuchsprogramm von Ministerpräsident Stephan Weil in Neu Wulmstorf.
Der Landhof gehörte auch zum Besuchsprogramm von Ministerpräsident Stephan Weil in Neu Wulmstorf. © AT | Axel Tiedemann

Um ganz andere Aspekte ging es dann bei dem zweiten Besuchstermin in Neu Wulmstorf: Dort zeigte SPD-Bürgermeisterkandidat Handtke seinem Parteifreund auch den Vorzeige-Bauernhof von Thomas Hauschild. Der gelernte Koch hatte aus dem „Dorfkrug“ seiner Eltern ein vielbesuchtes Restaurant gemacht und dann mit seiner „Sylter Salatfrische“ eine erstaunliche Karriere als Produzent von Saucen und typisch norddeutschen Nachspeisen wie Pudding oder Rote Grütze hingelegt.

War die „Sylter Salatfrische“ zunächst als Geschenk für Gäste gedacht, produziert er mittlerweile in Neu Wulmstorf für den deutschen Markt jährlich bis zu 20 Millionen Flaschen davon, wie er dem erstaunten Ministerpräsidenten bei einem Bummel über seinen neuen „Landhof“ berichten konnte, wo mit einer Kombination aus Umweltverträglichkeit und Computertechnik die Milch für viele seiner Produkte jetzt selbst erzeugt wird.

"Schulen sind sichere Räume":

  • Die Verpflichtung zu regelmäßigen Corona-Selbsttests an niedersächsischen Schulen zeigt offenbar Erfolg. Zu diesem Ergebnis jedenfalls kommt jetzt Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), wie er bei dem Besuch des Neu Wulmstorfer Gymnasium sagte.
  • Danach habe es im Land mittlerweile vier Millionen Tests gegeben. Davon sei aber nur in 1400 Fällen ein positiver Virus-Nachweis erfolgt. Zum einen habe man damit erfolgreich weitere Infektionsketten unterbrechen können. Zum anderen zeige das Ergebnis mit einem Anteil von 0,035 Prozent auch, dass die Schulen derzeit ein „sicherer Raum“ seien.
  • Laut Kultusministerium gilt in Niedersachsen, dass sich „alle SchülerInnen im Präsenzunterricht oder in der Notbetreuung in der Regel zweimal pro Woche vor Unterrichtsbeginn zu Hause testen müssen“.
  • Die Test-Kits erhielten sie in der Schule. Die Schüler nehmen sie mit nach Hause und müssten sie an den Tagen verwenden, die die Schule vorgibt. Die Eltern unterschreiben dann, dass der Test durchgeführt wurde. Bei positivem Ergebnis darf ein Schüler nicht in die Schule kommen.