Osnabrück. Nach wie vor gehen viele Menschen betrügerischen Anrufern auf den Leim, bei denen sich die unbekannten Täter als Angehörige in Not ausgeben. Nun gibt es eine neue Spielart dieser “Enkeltricks“, vor der die Polizei warnt.
Die Polizei warnt vor einer neuen Spielart des "Enkeltricks", bei dem Anrufer sich bei ihren meist älteren Opfern als Angehörige in Not ausgeben, um so an Geld zu kommen. Die neue Masche bestehe darin, dass die Anrufer mit der Angst um die eigenen Kinder der Opfer besonderen emotionalen Druck aufbauen wollen, sagte der Sprecher der Polizeidirektion Osnabrück, Marco Ellermann. So geben sich Anrufer als Tochter oder Sohn des oder der Angerufenen aus und berichten von einem Verkehrsunfall, bei dem sie eine Radfahrerin tödlich verletzt haben. Mit weinerlicher Stimme werde darum gebeten, dass die Angerufenen eine Kaution zahlen, um die vermeintlichen eigenen Kinder vor dem Gefängnis zu bewahren.
"Die Fälle haben sich im Vergleich zum Vorjahr schon verdoppelt, obwohl das aktuelle Jahr erst zur Hälfte rum ist", sagte Ellermann für den Bereich der Polizeidirektion Osnabrück. Bei den meisten Taten bleibe es beim Versuch, aber die Schadenssumme in der Direktion liege in diesem Jahr schon bei rund 500 000 Euro - fast doppelt so viel wie im vergangenen Jahr. Mit dieser oder anderen Betrugsmaschen sei am Telefon jederzeit zu rechnen.
So habe im Landkreis Osnabrück bei einem 87-Jährigen ein Betrüger angerufen und behauptet, sein Sohn habe jemanden totgefahren. Für die Freilassung benötige man nun Geld. Das Opfer habe dem Unbekannten eine mittlere fünfstellige Bargeldsumme ausgehändigt. In Aurich sei ein 79 Jahre altes Betrugsopfer von einem vermeintlichen Polizisten oder Staatsanwalt angerufen worden, es müsse eine Kaution für die Schwiegertochter gezahlt werden. Die Betrüger kamen so an eine Bargeldsumme in niedriger sechsstelliger Höhe. Und in Meppen rief ein vermeintlicher Polizeibeamte einen 87-Jährigen an und behauptete, sein Sohn habe ein 15 Jahre altes Mädchen totgefahren. Der 87-Jährige habe eine mittlere fünfstellige Summe von der Bank geholt und sie den Betrügern übergeben, sagte Ellermann.
Die Polizei rate, sich nicht auf solche Gespräche einzulassen, einfach aufzulegen und die Polizei zu verständigen. Auch ein eigener Anruf bei der eigenen Tochter oder eigenem Sohn schütze vor dem Betrug. Auch Auskünfte über die eigene finanzielle Situation sollte man niemand Unbekannten am Telefon geben, rät Ellermann. Grundsätzlich gelte, dass die echte Polizei niemals zu Überweisungen oder Geldübergaben auffordere. Im Zweifel sollten Verwandte, Bekannte oder die Polizei angerufen werden, um sich Klarheit zu verschaffen.
Beim "Enkeltrick" verändern die Täter immer wieder ihre Vorgehensweisen oder die Geschichten, mit denen sie ihre Opfer hereinlegen wollen. Wahrscheinlich bleibe der Täterkreis weitgehend gleich, aber die Täter ändern ihr Vorgehen, um es an aktuelle Entwicklungen und auch an die Präventionsarbeit der Polizei anzupassen, sagte die Sprecherin des Landeskriminalamtes.
Auch wenn es keine genaue Statistik zu den "Enkeltrick"-Fällen gibt, habe das Landeskriminalamt die tendenzielle Lageentwicklung im Blick, sagte eine Sprecherin. Im vergangenen Jahr ist es nach Angaben des Landeskriminalamtes Niedersachsen zu rund 2500 "Enkeltrick"-Taten gekommen. Der Schaden lag bei rund 1,5 Millionen Euro. Im Jahr 2018 waren es etwa 730 bekanntgewordene Fälle, im Jahr 2019 1500. Im ersten Halbjahr 2021 seien die Fälle nach erster Einschätzung landesweit um das anderthalbfache im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Bei den vollendeten Taten verhalte es sich gleich, diese liegen laut Landeskriminalamt im zweistelligen Bereich.
© dpa-infocom, dpa:210801-99-647326/2