Bremerhaven. Mehr als eine Million Tonnen Munition aus den Weltkriegen liegen vermutlich allein in der deutschen Nordsee, oft in versenkten Kriegsschiffen. Forscher nehmen nun Wracks unter die Lupe. Sie wollen wissen, welche Gefahr von ihnen ausgeht.
Auf der Suche nach gefährlicher Alt-Munition brechen Wissenschaftler am Dienstag (6. April) zu einem Schiffswrack aus dem Ersten Weltkrieg in der Nordsee auf. Mit dem Forschungsschiff "Heincke" geht es ab Bremerhaven zum Kriegsschiff "SMS Mainz", das 1914 westlich von Helgoland versenkt wurde, wie das Deutsche Schifffahrtsmuseum (DSM) mitteilte. Dort sollen Proben genommen werden, um mögliche Gefahren zu analysieren, die von im Wrack liegenden Kampfmitteln ausgehen. "Wir leisten für die Nordsee Pionierarbeit", sagte der Unterwasser-Archäologe am DSM, Philipp Grassel.
Versuche in der Ostsee zeigten bereits, dass von alten, sich zersetzenden Waffen, Minen, Granaten und Bomben Gefahren für die Umwelt ausgehen. In der Nordsee sei durch Tide und Strömung die Situation noch einmal eine andere als in der Ostsee.
Eigentlich war die Forschungsreise bereits für Frühjahr 2020 geplant gewesen. Wegen der Corona-Beschränkungen konnte sie bisher aber nicht stattfinden. Reicht die Zeit, könnten die Forscher mit der SMS Ariadne und der V187 noch zwei weitere Wracks westlich von Helgoland unter die Lupe nehmen, sagte Grassel.
Nach offiziellen Schätzungen liegen allein in der deutschen Nordsee rund 1,3 Millionen Tonnen Munition aus Weltkriegszeiten. Über die Auswirkungen, die die Altlasten auf Fische, Pflanzen und Menschen haben, ist bisher wenig bekannt. Ein Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Schifffahrtsmuseums sucht im Rahmen des 2018 gestarteten "North Sea Wrecks"-Projekts nach Antworten. Beteiligt sind neben Deutschland auch Belgien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark. Die Projektergebnisse werden ab August in einer Wanderausstellung präsentiert. Nach dem Start im DSM in Bremerhaven wird sie in allen am Projekt beteiligten Ländern zu sehen sein. Die deutschen Wissenschaftler wollen im Herbst 2021 und im nächsten Jahr zu weiteren Wracks aufbrechen, um sie zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen in die laufende Ausstellung einfließen.
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