Göttingen. Jahrhundertelang war klar, wo und wie Verstorbene bestattet werden - auf einem Friedhof. Mittlerweile entscheiden sich immer mehr Menschen für Beerdigungen unter Bäumen. Die Gründe für Waldbestattungen sind vielfältig.

Naturnah, pflegeleicht und kostengünstig: Für eine letzte Ruhestätte auf einem Waldfriedhof gibt es zahlreiche Gründe. Für einige Menschen in Niedersachsen sind es offenbar schlagkräftige Argumente - die Waldfriedhof-Betreiber berichten von steigender Nachfrage. "Seit unserer Eröffnung 2009 hatten wir in jedem Jahr ein zweistelliges prozentuales Wachstum", sagt etwa Ralf Schickhaus. Er betreibt den Ruheforst Deister in der Region Hannover. Die Tendenz sei weiter steigend.

Landesweit gehören zwölf Waldfriedhöfe zum Franchise-Geber Ruheforst, der von der Landwirtschaftskammer unterstützt wird. Bundesweit gibt es 74 Ruheforste. Schickhaus, der eigentlich Förster ist, hat auf seinem Gelände inzwischen 8000 Menschen bestattet.

Neben Ruheforst gehört Friedwald zu den größten Naturbestattern in Niedersachsen. Die Firma aus dem hessischen Griesheim betreibt im Land ebenfalls zwölf jeweils rund 50 Hektar große Grabflächen im Grünen. Jeweils 200 bis 300 Menschen finden dort jährlich ihre letzte Ruhe, wie ein Sprecher der Niedersächsischen Landesforsten als Kooperationspartner sagt. Standorte sind unter anderem Bispingen in der Lüneburger Heide, Schwanewede bei Bremen sowie Bovenden bei Göttingen. 74.140 Menschen haben sich der Firma zufolge landesweit für eine Bestattung in einem Friedwald entschieden. Von ihnen wurden bis November 33.055 Menschen beigesetzt.

Nach Einschätzung der Betreiber wächst das Interesse an der Bestattungsform. Zahlen für das Bundesland zur Entwicklung von Waldbestattungen liegen aber nicht vor, wie ein Sprecher des Bestatterverbandes Niedersachsen sagt. Regional sei allerdings eine steigende Nachfrage nach Naturbestattungen zu beobachten.

Bei diesen Bestattungen wird jeder Mensch in einer ökologisch abbaubaren Urne an einem Baum beigesetzt, der selbst ausgesucht werden kann. Die Bäume können auch mit anderen Menschen geteilt werden. Ein schlichtes Schild erinnert an die Verstorbenen. Grabsteine oder Grabschmuck sind nicht erlaubt.

"Die Grabstätte selbst wird von der Natur individuell gestaltet", sagt Carola Wacker-Meister, Sprecherin von Friedwald. Neben emotionaler Verbundenheit zum Wald spiele für viele auch das Finanzielle eine Rolle. Ein Grab an einem Baum sei meist günstiger als auf einem Friedhof - und es gebe keine weiteren Kosten etwa für die Grabpflege.

Teilweise seien den Angehörigen die Regeln und Normen eines gewöhnlichen Friedhofes zu starr, sagt Ralf Schickhaus vom Ruheforst Deister. Andere hätten keine Zeit für die Grabpflege, da sie nicht am gleichen Ort wie der Verstorbene lebten. Zudem habe der Wald für viele Menschen einen hohen Stellenwert und könne Trost spenden. Bei der Beisetzung sei für viele Menschen Individualität wichtig, berichtet Schickhaus. Die Gestaltung des Abschieds könne deshalb sehr unterschiedlich ausfallen. "Ob eine Andacht gehalten, ein Gebet gesprochen oder die Beisetzung mit einem Waldspaziergang verbunden wird - das ist den Angehörigen oder dem Verstorbene überlassen."

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