Schrempp wird den Autokonzern überraschend noch in diesem Jahr verlassen.Er wird nicht in den Aufsichtsrat des Autobauers einziehen. Nachfolger wird ab Januar 2006 der amtierende Chrysler-Chef Dieter Zetsche. Jubel bei Aktionärsschützern und an der Börse
Stuttgart. DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp räumt überraschend seinen Posten zum Jahresende. Nachfolger wird ab Januar 2006 der amtierende Chrysler-Chef Dieter Zetsche, wie das Unternehmen in Stuttgart mitteilte. Schrempps Vertrag war erst im vergangenen Jahr vorzeitig bis April 2008 verlängert worden. Er habe nicht die Absicht, in den Aufsichtsrat zu wechseln, sagte Schrempp. Anlegerschützer begrüßten den Personalwechsel an der Spitze des deutsch-amerikanischen Autobauers. An der Börse löste Schrempps Rücktritt heftige Kurssprünge aus.
Schrempp soll keine Abfindung erhalten. Auf sein bis 2008 ausstehendes Gehalt verzichte er, sagte ein Sprecher. Handfeste Gründe für Schrempps vorzeitiges Ausscheiden nach zehn Jahren auf dem Chefsessel nannte das Unternehmen dagegen nicht. Der Aufsichtsrat habe lediglich beschlossen, daß "wichtige Herausforderungen" wie die Sanierung von Chrysler, der Ausstieg bei Mitsubishi oder das Maut-System Toll Collect "gelöst worden sind", sagte ein Sprecher. Mit dem guten Quartalsergebnis sei ein "optimaler Zeitpunkt für einen Wechsel" erreicht. "Persönlich kann ich Ihnen versichern, daß ich ein sehr glücklicher Mann bin", versicherte Schrempp bei einer Telefonkonferenz.
Tatsächlich hat der Stuttgarter Autobauer für das zweite Quartal bessere Zahlen vorgelegt als von den meisten Beobachtern erwartet. Der operative Gewinn fiel mit 1,67 Milliarden Euro zwar ein Fünftel niedriger aus als im Vorjahreszeitraum, als herbe Verluste von Mitsubishi auf das Ergebnis drückten. Analysten hatten aber einen Einbruch um die Hälfte befürchtet. DaimlerChrysler machte vor allem die Sanierungskosten von 311 Millionen Euro bei der Kleinwagenmarke Smart für das schlechte Abschneiden verantwortlich. Geringere Steuerzahlungen und Aktienverkäufe federten das Ergebnis jedoch ab.
Die Mercedes-Gruppe, zu der neben der Marke mit dem Stern auch Smart und Maybach gehören, rutschte mit zwölf Millionen Euro Betriebsgewinn im zweiten Quartal nur knapp an den roten Zahlen vorbei. Nur dank der Nutzfahrzeuge und der US-Tochter Chrysler verbuchte der Autobauer im ersten Halbjahr unter dem Strich ein Plus von 1,025 Milliarden Euro, vier Prozent mehr als im Vorjahr. "Das ist eine gute Basis, von der aus wir zuversichtlich in die Zukunft blicken können", sagte Schrempp. Zwar sei der Konzern noch nicht da, wo er sein wolle. Er sei jedoch sicher, daß DaimlerChrysler das Ziel erreichen werde, an der Weltspitze mitzufahren.
Ein Blick auf die Entwicklung von Börsenkurs und Unternehmenswert läßt viele Anleger an dieser Einschätzung zweifeln. Tatsächlich stand der 60jährige wegen seiner Vision der Welt-AG schon lange in der Kritik. Die Kritischen Aktionäre Daimler Chrysler (KADC) bezeichneten seinen Abgang als "längst überfälligen Schritt". "Der Traum von Herrn Schrempp, einen weltumspannenden Konzern zu schaffen, ist schon lange gescheitert. Die Zeche hierfür haben die Aktionäre gezahlt", erkärte der Chef der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Ulrich Hocker. Auch dem Aufsichtsrat stellte Hocker kein gutes Zeugnis aus, weil dieser Schrempps Vertrag 2004 vorzeitig verlängert hatte.
Einen Strategiewechsel werde es mit Zetsche aber nicht geben, betonte der Konzern. Der 52jährige, der sein ganzes Berufsleben "beim Daimler" verbracht hat, war vor knapp fünf Jahren angetreten, Chrysler zu sanieren. Anders als Mercedes-Chef Eckhard Cordes, der auch als Schrempp-Nachfolger gehandelt wurde, kann Zetsche Erfolge vorweisen. Sein Amt in den USA übernimmt der 51jährige Kanadier und Chrysler-Manager Tom LaSorda.
An der Frankfurter Börse wurde Schrempps Abgang freudig aufgenommen. Bis zum Nachmittag (14.30 Uhr) schoß die Aktie des deutsch-amerikanischen Autoriesen um 10,24 Prozent auf 40,05 Euro und war mit großem Abstand Tagesgewinner im Deutschen Aktienindex (DAX).