„De Mann in’n Stroom“ feiert am 30.9. Uraufführung. Till Huster spielt die Titelrolle
Vor mehr als 60 Jahren erschien Siegfried Lenz’ „Der Mann im Strom“. Er erzählt nicht nur vom alternden Taucher Jan Hinrichs, er beschreibt auch das Hamburg der Nachkriegszeit, in dem viele Menschen einen Neuanfang suchten. Bereits 1958 wurde Lenz’ Roman mit Hans Albers fürs Kino verfilmt, 2006 in einer neuen Fassung mit Jan Fedder fürs ARD-Fernsehen. Am 30. September kommt der Stoff erstmals auf die Bühne: Als „De Mann in’n Stroom“ (Regie: Murat Yeginer) hat er Uraufführung im Ohnsorg-Theater. Die Titelrolle spielt Till Huster, seit 1999 Ensemble-Mitglied, zu erleben zuletzt etwa in der Komödie „Dinner för Spinner“ oder im Musical „Hallo Dolly“.
Moin, Till Huster! Wie haben Sie sich auf das Stück und die Rolle des Hinrichs vorbereitet?
Till Huster: Ich habe mich vor allem mit der Nachkriegszeit und dem damaligen Bild des Mannes in Beruf und Familie beschäftigt, dazu Wochenschauen gesichtet und mit älteren Menschen gesprochen, die diese Zeit noch bewusst erlebt haben.
Im Fernsehfilm mit Jan Fedder haben Sie ja sogar selbst mitgespielt. Wie schwer wiegt der Vergleich mit den Film-Vorbildern Fedder und Hans Albers?
Im Film mit Jan Fedder habe ich einen bayerischen Touristen gespielt, der mit seinem zehnjährigen Sohn Zeuge wird, wir ein tödlich verunglückter Hafentaucher aus dem Wasser gezogen wird. Von Vorbildern versuche ich mich prinzipiell freizumachen, was in diesem Fall nicht so schwierig ist, da die Rolle auf der Bühne ganz andere Anforderungen stellt. Im Film kommt es sehr auf den Schnitt an.
Worin liegt die Herausforderung, eine Roman- und eine Filmvorlage zu spielen?
Das fängt schon beim Bühnenbild an, das den vielen verschiedenen Spielorten Rechnung tragen muss. Ein Roman beschreibt die inneren Vorgänge einer Figur häufig sehr detailliert. Das kann hilfreich sein, kann aber auch einengen. Bei den Theaterstücken, die als solche geschrieben sind, findet sich – außer ein paar Regieanweisungen – lediglich der Text. Hier ist man freier. Aber auch bei einer Romanvorlage und großen Vorgängern ist es möglich, zusammen mit dem Regisseur, eine eigene Interpretation für die Rolle und die Figur zu finden.
Was schätzen Sie am Autor Siegfried Lenz?
Ich mag Lenz’ genaue Beobachtungsgabe und seine unpathetische Schreibweise. Mir kommt es vor, als respektiere Lenz seine Figuren sehr, versucht auch, für vermeintlich negative Charakterzüge Verständnis aufzubringen. Das macht es für uns Schauspieler spannender, die Figuren in ihrer Widersprüchlichkeit zu zeichnen.
Ein Drama nach Lenz oder eine Komödie: Was ist schwieriger, was reizvoller?
Beides gehört zu unserem Beruf. Die Komödie ist schwieriger. Hier ist der Grat schmaler, wo Komik nur allzu leicht aufgesetzt wirkt; beim „ernsten“ Stück hat man vielleicht eine breitere Möglichkeit in der Interpretation zwischen großem Pathos und distanzierter Abgeklärtheit. Da aber die Figuren, an denen ich gerade arbeite, ein Stück weit auch privat von mir Besitz ergreifen, bin ich in den Zeiten auch leichter missgestimmt und melancholisch. Da freut sich dann meine Familie auf die nächste Komödie.
Tauchen Sie eigentlich selbst?
Ich habe mal getaucht. Es war für mich aber zu beklemmend – das Gefühl kann ich für die Rolle des Hinrichs gut gebrauchen. Inzwischen halte ich mich als begeisterter Wassersportler lieber oberhalb der Wasseroberfläche auf.
„De Mann in’n Stroom“ UA So 30.9., 19.30, bis 9.11., Ohnsorg-Theater (U/S Hbf.), Heidi-Kabel-Platz 1, Karten zu 15,50 bis 31,-: T. 35 08 03 21; www.ohnsorg.de