Hamburg. Ein Hamburger Immobilienbesitzer berichtet, wie viele Probleme er mit manchen Mietern hat – bis hin zu Müllbergen nach Auszügen.

Unter dem Arm trägt Ernst Müller auf dem Weg in die Redaktion vier dicke Akten. Aufmerksam hat er im Abendblatt die Berichte im Rahmen des Projekts „Wem gehört Hamburg?“ über unseriöse Vermieter gelesen. Müller, der in Hamburg und Norderstedt insgesamt 42 Wohnungen verwaltet, möchte bei seinem Besuch beim Abendblatt nun die andere Seite der Medaille darstellen. Er will reden über Mieter, die ihre Miete wieder und wieder nicht zahlen, beim Auszug Müllberge hinterlassen und sich nicht an die elementarsten Regeln halten. Müller kann über Rechtsanwaltsschreiben und Gerichtsurteile alle Vorwürfe belegen. Nur seinen echten Namen möchte er nicht in der Zeitung lesen. Denn Ärger, sagt er, „habe ich nun wirklich genug“.

Der Mietnomade

Als erfahrener Vermieter – die von ihm verwalteten Wohnungen sind zum Teil seit Jahrzehnten im Familienbesitz – hat Müller eine Lektion gelernt: „Den Wohnungsschlüssel gebe ich erst raus, wenn die Kaution eingegangen ist.“ Darauf bestand er auch, als ein Interessent es dringend machte, da er sich von seiner Frau getrennt habe. Müller verließ sich auf die telefonische Auskunft seiner Hausbank. Das Institut des Mieters habe soeben angerufen und versichert, dass die Kaution nun überwiesen sei.

Ein folgenschweres Täuschungsmanöver: Der Mieter hatte vom Telefon­anschluss seines Bruders angerufen, der bei dieser Bank beschäftigt war und sich unter falschen Namen gemeldet. „Da war mir klar, dass wir einem Mietnomaden aufgesessen waren.“ Mietnomaden sind in der Branche gefürchtet. Mit krimineller Energie täuschen sie Solvenz vor, zahlen nicht und suchen sich nach ein paar Monaten ihr nächstes Opfer.

Bei Müller war der Mietnomade besonders dreist. Er ignorierte alle Zahlungsforderungen, kassierte stattdessen einen Untermieter ab, den er illegal in die Zweizimmerwohnung einquartiert hatte. Als die Räumungsklage dann durch war, hatte sich der Hauptmieter längst mit unbekanntem Ziel abgesetzt.

Allein 1041 Euro musste Müller für Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, der Schaden lag bei 4000 Euro. Sein Anwalt riet von weiteren Klagen ab: „Bei dem ist eh nichts zu holen.“

Solche Fälle seien nicht selten, sagt Torsten Flomm, Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbands Hamburg: „Noch unerfreulicher wird es, wenn der Mieter schon ohne Kündigung über alle Berge ist. Denn der Vermieter darf nicht einfach die Wohnung räumen. Denn der Mieter hat das alleinige Nutzungsrecht bis zur Rechtskraft eines Räumungs­titels.“ Dieser Titel könne aber oft nicht mehr zugestellt werden, was den ganzen Vorgang weiter verzögere: „Am Ende bleibt der Vermieter sowohl auf den Kosten als auch auf den Mietausfällen sitzen.“

Das Messie-Paar

Unter Tränen hatte die junge Frau um die Wohnung gebeten. Der Stiefvater mache ihr das Leben zur Hölle. Und nein, selbstverständlich habe weder sie noch ihr Lebensgefährte ein Haustier. Das war schon mal eine faustdicke Lüge, die beiden züchteten in der Wohnung fortan Ratten und Mäuse.

Als die Mietrückstände immer höher wurden, drohte Müller mit einer Räumungsklage. Schließlich zog das Paar freiwillig aus. Die Erleichterung darüber wich indes purem Entsetzen, als Müller die Wohnung inspizierte: „Es stank entsetzlich, die gesamte Wohnung war völlig vermüllt.“ Und nicht nur das: Auch im Kellerabteil sowie auf dem Dachboden, zu dem sich das Paar verbotenerweise Zutritt verschafft hatte, stapelte sich der Abfall bis zur Decke. Mit Freunden räumte Müller die Wohnung auf, mit Anhänger karrten sie den Müll zur Deponie. Und sie hatten Glück, dass die Müllwerker Mitleid hatten: „Wir konnten den Abfall nicht trennen, gebrauchte Küchentücher stapelten sich neben dreckigen Klamotten und Sperrmüll.“ Müller blieb auf allen Kosten sitzen. Die ausstehenden Mieten hatte er eh schon abgeschrieben: „Auch in diesem Fall wären nur weitere Kosten entstanden.“

Der Hartz-IV-Trick

Bei der Vermietung einer Wohnung an eine alleinerziehende Mutter waren ebenfalls hohe Mietrückstände entstanden. Das Sozialamt in Norderstedt bat Müller von einer Räumungsklage abzusehen, man werde in Absprache mit der Mieterin nun die Miete direkt an ihn überweisen, er müsse sich keine Sorgen machen, versprochen. Ein paar Monate ging alles gut. Dann blieben die Mietzahlungen aus. „Das Sozialamt sagte mir dann, dass die Mieterin erklärt habe, sie wolle wieder selbst die Miete zahlen.“

Der Streit mündete schließlich in eine Auseinandersetzung um Schimmel in der Wohnung. Bei einer Besichtigung vor Ort stellte Müller fest, dass die Wohnung in der Tat so feucht war, dass man die Tapeten von den Wänden ziehen konnte. Für den Vermieter nicht wirklich eine Überraschung, laut Auskunft anderer Mieter im Haus liefen Waschmaschine und Trockner jede Nacht, offenbar machte die Frau nebenbei für andere die Wäsche. „Da nicht gelüftet wurde, kam es natürlich zu Feuchtigkeit“, sagt Müller.

Nach dem Auszug behielt Müller die Kaution ein, um die Schäden zu beseitigen. Vor Gericht kam es dann zu einem Vergleich, zwei Drittel der Kaution musste Müller auszahlen. Der Richter ließ durchblicken, dass die Mieterin aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse nicht habe wissen können, dass sie laut Vertrag hätte lüften müssen.

„Ich könnte noch viele andere ähnliche Fälle erzählen“, sagt Müller. Dabei lässt er auf seine langjährigen Mieter nichts kommen. Dort sei es immer möglich, etwas auf dem kleinen Dienstweg zu regeln. Zum Beispiel, dass eine Partei Reinigungsarbeiten übernimmt, dafür günstiger wohnt. Ohnehin sei er nicht an dem schnellen Euro interessiert: „Unsere Wohnungen in Norderstedt kosten im Schnitt 7,61 Euro den Qua­dratmeter.“ Stress hat er fast nur mit neuen Mietern: „Irgendwelchen Ärger gibt es bei mindestens 25 Prozent.“

Daher hat Müller jetzt seinen Immobilienbestand von einem Makler taxieren lassen: „Ich überlege, die Wohnungen, die meinem Bruder und mir gehören, zu verkaufen. Ich will den Ärger nicht mehr.“ Früher hätte die Haus­gemeinschaft unter sich Probleme gelöst: „Jetzt ruft ständig jemand an und beschwert sich über einen anderen Mieter. Der ist zu laut, der trennt den Müll nicht, alles Mögliche. Ich bin es so leid.“

In seinem Eppendorfer Mehrfamilienhaus habe jüngst ein Mieter die beschädigten historischen Kacheln im Eingang moniert: „Die waren aber nur kaputt, weil jemand mit Gewalt an der Haustür gezogen hat, obwohl sie noch an einem Haken an einer Fliese hing.“ Müller bat per Aushang, dass der Verursacher den Schaden bei seiner Haftpflichtversicherung regulieren möge: „Am nächsten Tag rief mich ein Mieter an und erklärte mir, aus unserem Haus wird sich niemand melden.“

Der mangelnde Respekt vor fremdem Eigentum zeige sich auch in Kleinigkeiten: „Wir montieren mit viel Aufwand neue Klingel- und Briefkastenschilder, damit alles einheitlich aussieht. Ein paar Wochen später ist schon wieder alles überklebt.“ Auf Solidarität hatte Müller auch gehofft, als ihn der drogensüchtige Partner einer Mieterin angriff – über dessen Exzesse hatten sich Mieter beschwert: „Aber als ich um Zeugenaussagen bat, hörte ich nur, damit will ich nichts zu tun haben.“

Angesichts der gestiegenen Immobilienpreise würde ein Verkauf Müller zum mehrfachen Millionär machen. Aber er würde den Deal auch bedauern: „Wahrscheinlich gehen die Wohnungen an einen Fonds, der ganz anders vorgehen wird als ich.“ Seine treuen Mieter täten ihm jetzt schon leid.

Mieter können sich weiter an der Aktion beteiligen. Alle Informationen im Internet unter www.wem-gehoert-Hamburg.de. Die Daten­sicherheit ist gewährleistet. Persönliche Daten wie Mietverträge oder Nebenkostenabrechnungen werden nicht veröffentlicht.