Der Nebel besitzt ein problematisches Image, obwohl er – bei Licht betrachtet – viel zu bieten hat
„Hydrometeor des Grauens“? Wer seinen Horrorfilm so nennen würde, hätte damit zwar alle Meteorologen glücklich gemacht, weil die Fachbezeichnung stimmt. Aber an der Kinokasse würde dieser nebulöse Name garantiert floppen. Fair wäre das nicht, denn für zur Melancholie neigende Gemüter ist der Nebel, dieses sanft herumfliegende Wasser, ein sanfter Vorbote vom Herbst, der schönsten aller Jahreszeiten. Er ist feiner als aufdringlich nässender Regen, und er verhüllt diskret, dass es bald monatelang dunkel sein wird, saukalt, windig und schrecklich, bevor Mitte Juni die drei Hamburger Sommertage passieren.
Denkt man das mal weiter, gehört der Nebel als hanseatischer Stimmungsverstärker eigentlich ins hiesige Stadtwappen. Ohne gemütlich wabernde Nebelschwaden wäre das Hafenpanorama: ein Hafenpanorama ohne Nebelschwaden. Und in der Kunsthalle, da wäre noch viel mehr los. Nähme man nämlich das hochromantische Nebelmeer aus dem wohl berühmtesten Gemälde dieses Hamburger Museums, wäre dort nur noch ein profaner Wanderer über einem Berg-Mix aus der Sächsischen Schweiz zu sehen.
Im Nebel ist nichts klar, sondern höchstens vage zu ahnen. Man tappt so vor sich hin, ohne Durchblick zu haben. Hin und wieder läuft man gegen ein Hindernis, holt sich eine Beule und muss sich dann neu orientieren, obwohl man nach wie vor nicht weiß, wo es langgeht. Gibt es ein besseres Symbol für das lebenslange Herumstolpern im Sein? Nein, gibt es nicht. Kein Wunder also, dass schon Goethe wusste (und es 1797 in einem Brief an Schiller schrieb): „Der Herbst ist immer unsere beste Zeit.“