Hamburg. Baugenehmigung wird überprüft. Neue Infratest-Umfrage: Fast jeder zweite Hamburger lehnt Großunterkünfte ab
Katy Krause
Die Arbeiten zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft in Blankenese dürfen vorerst nicht weitergehen. Das Hamburger Verwaltungsgericht hat gestern den Bau des Pavillondorfes für 192 Personen am Ende des Björnsonwegs vorläufig gestoppt. Die Richter wollen zunächst genauer prüfen, ob die durch das Bezirksamt Altona erteilte Baugenehmigung möglicherweise gegen das Umweltrecht verstößt. Einer Umfrage zufolge lehnt fast jeder zweite Hamburger die vom rot-grünen Senat geplanten Großsiedlungen für Flüchtlinge ab.
Mit dem Baustopp wollen die Verwaltungsrichter verhindern, dass unumkehrbare Tatsachen geschaffen werden. So untersagte das Gericht das Fällen von 42 Bäumen und die „Freiräumung der naturschutzrechtlich derzeit als Teil eines Waldes geltenden Fläche“.
Am Dienstag hatte ein Anwohner vor Gericht einen Eilantrag eingereicht und die Untersagung weiterer Vorarbeiten beantragt. Ob die Stadt von ihrem Recht auf Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht Gebrauch macht, ist bislang nicht entschieden. Ebenfalls am Dienstag hatten Blankeneser Bürger die Zufahrt zu der Sackgasse Björnsonweg mithilfe von Privatautos versperrt und somit Baumfällarbeiten verhindert.
Zugleich ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag von NDR 90,3 und dem „Hamburg Journal“, dass 45 Prozent der Hamburger Großsiedlungen für Flüchtlinge für „nicht angemessen“ halten. Mehr als jeder Dritte (36 Prozent) ist mit den Plänen des Senats einverstanden. Zweifel an der Linie des rot-grünen Senats, für Flüchtlinge größere Wohnsiedlungen zu bauen, haben vor allem Anhänger der Linken (55 Prozent) und der Grünen (58 Prozent). Infratest dimap hatte in den vergangenen Tagen 1000 repräsentativ ausgewählte Hamburgerinnen und Hamburger gefragt, wie zufrieden sie mit der Flüchtlingsunterbringung sind.
Währenddessen formiert sich in der Hansestadt Widerstand gegen den geplanten Volksentscheid über die Unterbringung von Flüchtlingen in größeren Unterkünften. Eine Gruppe engagierter Flüchtlingshelfer will mit dem Verein „Hamburg integriert“ einen Dachverband für ehrenamtliche Gruppen in der Stadt anbieten. Dadurch sollen Kräfte gebündelt, Probleme schnell erkannt und Forderungen formuliert werden. Der Verband verzeichnet den Gründern zufolge eine große Resonanz. Binnen zweier Tage hätten 70 Verbände Interesse an dem Zusammenschluss bekundet, teilte der Vorsitzende Claus Scheide gestern mit.
Der Verband hat seine Wurzeln im Stadtteil Rissen und bezieht Stellung gegen den Volksentscheid. „Dabei geht es am Ende doch um die Frage: Für oder gegen Flüchtlinge? Dieser Art, die Gesellschaft zu spalten, muss etwas entgegengesetzt werden“, sagte Scheide dem Abendblatt.
Bei der Volksinitiative, für die Ende Februar Unterschriften gesammelt wurden, ging es darum, die Zahl der Flüchtlinge in einer Unterkunft auf 300 Bewohner zu begrenzen. Innerhalb von fünf Tagen hatten die Initiatoren der Volksinitiative gut 26.000 Unterschriften dafür gesammelt.
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