Hamburg. Bürgermeister Scholz will Zahl der Rückführungen von Ausländern ohne Bleiberecht erhöhen. SPD und Grüne loben Entscheidung
Es ist die Rückkehr zu einer früher üblichen Praxis: Hamburg will wieder ein Abschiebegewahrsam schaffen. Die Einrichtung zur Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern soll auf dem Gelände des Flughafens Fuhlsbüttel entstehen. Es ist das bundesweit erste Abschiebegewahrsam direkt an einem Airport.
„Hamburg wird am Flughafen die Möglichkeit schaffen, Personen für kurze Zeit vor ihrer Abschiebung in Gewahrsam zu nehmen“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Der Bürgermeister kündigte an, die Stadt wolle die Bemühungen für freiwillige Ausreisen ausreisepflichtiger Ausländer verstärken. Zugleich solle das Konzept für ein „Rückführmanagement“ weiterentwickelt werden. „Ist eine freiwillige Ausreise nicht möglich, wird jedoch abgeschoben“, sagte Scholz.
Wer zur Ausreise verpflichtet ist, kann ein bis vier Tage vor der Abschiebung in Gewahrsam genommen werden. Nach den Worten von Scholz ist eine Einrichtung mit einer Platzkapazität „im unteren zweistelligen Bereich“ vorgesehen. Der Bürgermeister hat die Innenbehörde beauftragt, mit dem Flughafen die Schaffung einer solchen Einrichtung vorzubereiten. Derzeit ist noch offen, wann das neue Abschiebegewahrsam seinen Betrieb aufnehmen wird.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte 2014 die Unterbringung abgelehnter Asylbewerber in Justizvollzugsanstalten – also zusammen mit Straftätern – verboten. In Hamburg waren Abschiebehäftlinge bis dahin in die Justizvollzugsanstalten Billwerder und Hahnöfersand eingeliefert worden. Seit dem Urteil des EuGH werden ausreisepflichtige Ausländer, die nicht freiwillig das Land verlassen, in eine Einrichtung in Brandenburg gebracht.
„Wer nicht freiwillig ausreist, muss nach unseren Gesetzen zwangsweise zurückgeführt werden“, sagte SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Andreas Dressel. Unterstützung für den Vorstoß des Bürgermeisters kam auch vom SPD-Koalitionspartner Grüne. „Das Abschiebegewahrsam ist aus grüner Sicht die Ultima Ratio, um eine Rückkehr durchzusetzen“, sagte Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks. Die politische Priorität liege aber weiterhin bei der freiwilligen Ausreise. Der CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator sprach von einem „späten Eingeständnis der bisherigen Untätigkeit“ des Senats.
Die rot-grüne Koalition hat die Bemühungen um Rückführungen bereits im vergangenen Jahr verstärkt. Im Oktober 2015 waren 76 Menschen, im November 195 Menschen abgeschoben worden. Von Januar bis November betrug die Zahl der Abschiebungen 570,, während 1186 Ausländer freiwillig ausreisten. Allerdings waren Ende November 5440 abgelehnte Asylbewerber zur Ausreise verpflichtet, von denen aber 1600 keine Reisedokumente hatten.
Seite 2 Leitartikel Seite 14 Bericht