Zur Ausweisung des US-Agenten

Wie sehr haben die (West-)Deutschen die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg verehrt, spätestens, als aus den Besatzern Beschützer und schließlich Freunde wurden. Viele Bürger, vor allem aber die Kanzlerin, erwachen gerade aus einer Illusion. Sie erkennen, dass all die schönen Reden über die besonders engen Beziehungen dann nichts mehr wert sind, wenn es um die Interessen der Supermacht USA geht. Aus dem großen Bruder ist längst Big Brother geworden, der allgegenwärtige Überwacher. Das erkennt jetzt auch die Bundesregierung. Die Ausweisung des Geheimdienstmannes ist ein erster symbolischer Akt. Sie beginnt, ihr schwärmerisches Vertrauen durch eine nüchterne Haltung gegenüber den USA zu ersetzen. Auch wenn es schmerzt. KÖLNER STADT-ANZEIGER

Über einen Zwist zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten können sich nur die Feinde des Westens freuen. Denn hier streiten und lähmen sich enge Verbündete. die immer behaupten, ihr Bündnis, ja ihre „Freundschaft“ gründe auf einem stabilen Fundament von gemeinsamen Werten und Überzeugungen. Daran aber wachsen auf beiden Seiten des Atlantiks die Zweifel, und das ist der eigentliche Sprengstoff, der in dieser Affäre steckt. Die amerikanische Spionage in Deutschland ist ein politisches Misstrauensvotum. Hierzulande versteht man nicht, warum Washington wegen „lächerlicher Informationen“ das im Grunde gute Verhältnis belastet. Die Supermacht hat offenbar immer noch Schwierigkeiten zu begreifen, dass sie es nicht mehr mit einem teilsouveränen Staat unter ihrer Fuchtel zu tun hat. Merkel ist nicht Obamas Pudel. FRANKFURTER ALLGEMEINE

Nun muss Schwarz-Rot nachlegen und gegen den eigentlichen Skandal vorgehen. Der besteht nicht darin, dass Washington deutsche Staatsbedienstete zum Geheimnisverrat anstiftet, sondern vielmehr in der massenhaften Überwachung von Bürgern weltweit. Geht Schwarz-Rot nicht gegen die Ursachen der NSA-Affäre vor, ist die Ausweisung lediglich populistisch. FRANKFURTER RUNDSCHAU