In der Ukraine spitzt sich der Machtkampf zu. Es gibt inzwischen mindestens 18 Tote und hunderte Verletzte, auf dem Unabhängigkeitsplatz stehen rund 20.000 Protestierende. Die U-Bahn fährt nicht mehr.

Kiew. Der seit Monaten anhaltende Machtkampf in der Ukraine ist nach Wochen angespannter Ruhe blutig eskaliert. Mindestens sechs Menschen sollen bei Ausschreitungen zwischen Opposition und Polizeieinheiten getötet worden sein. Sicherheitskräfte rückten auf den zentralen Unabhängigkeitsplatz Maidan im Zentrum vor, wo sich rund 20.000 Menschen versammelten. Die Opposition, unter anderem geführt von Vitali Klitschko, prangert die prorussische Politik von Präsident Janukowitsch an und verlangt eine Stärkung der parlamentarischen Rechte in der Ukraine. Am Dienstag spitzte sich die Lage zu, die aktuellen Ereignisse lesen Sie hier im Liveticker.

23.55 Uhr: Bei den brutalen Straßenschlachten in Kiew sind nach Aussage der renommierten ukrainischen Ärztin Olga Bogomolez mehr als 1000 Demonstranten verletzt worden. Die Kliniken seien überfüllt, sagte die Medizin-Professorin in der Nacht zu Mittwoch dem oppositionsnahen Fernsehsender 5. Kanal.

23.40 Uhr: Angesichts blutiger Straßenschlachten in Kiew mit mindestens 18 Toten und 500 Verletzten will sich Präsident Viktor Janukowitsch nach Aussage einer Vertrauten an das Volk wenden. „Der Präsident arbeitet an seiner Rede“, sagte die Parlamentarierin Anna German am Dienstagabend. Es blieb unklar, wann die Ansprache gehalten werden soll. Mehrere Oppositionsführer seien am Abend in der Präsidialkanzlei zu Gesprächen eingetroffen. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko und der ehemalige Außenminister Arseni Jazenjuk warteten nach Oppositionsangaben bereits seit weit mehr als einer Stunde auf ein Treffen mit Janukowitsch.

23.15 Uhr: Bei den blutigen Straßenschlachten in Kiew ist die Zahl der Toten nach Behördenangaben auf 18 gestiegen. Das ukrainische Innenministerium teilte am Dienstagabend mit, mittlerweile gebe es sieben getötete Polizisten. Zudem bestätigte das Gesundheitsministerium der früheren Sowjetrepublik den Tod von elf Demonstranten. In abweichenden Berichten war von insgesamt 13 Toten die Rede. Zudem wurden nach offiziellen Angaben mindestens 500 Menschen verletzt, davon etwa 300 Sicherheitskräfte. Weit mehr als 100 Verletzte wurden in Kliniken behandelt. Die Opposition rief die Bevölkerung zu Blutspenden auf.

23.00 Uhr: Nach den blutigen Straßenschlachten in Kiew ist es offenbar auch in westukrainischen Städten zu schweren Ausschreitungen gekommen. In Ternopol rund 360 Kilometer westlich von Kiew versuchten hunderte Regierungsgegner, ein Polizeigebäude zu stürmen. Die Demonstranten hätten Brandsätze geworfen, teilte das Innenministerium am Dienstag mit. Das Gebäude stehe in Flammen. Auch aus Iwano-Frankowsk und Rowno gab es Berichte über Angriffe. In Lwiw (Lemberg) blockierten örtlichen Medien zufolge etwa 3000 Menschen eine Polizeikaserne. Die nationalistisch geprägte Gegend nahe der Grenze zu Polen gilt als Hochburg der radikalen Opposition.

22.30 Uhr: Angesichts der Straßenschlachten in Kiew mit Toten und Verletzten ist der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko zum Amtssitz von Präsident Viktor Janukowitsch gefahren. Das teilte die Sprecherin des Box-Weltmeisters am Dienstagabend mit. „Klitschko ist in die Bankowaja-Straße gefahren“, schrieb Oxana Sinowjewa bei Twitter mit Verweis auf den Amtssitz des Präsidenten. Nähere Angaben machte sie zunächst nicht. Unter Berufung auf Oppositionskreise berichteten Medien, dass auch der Oppositionspolitiker und frühere Außenminister Arseni Jazenjuk zu dem Treffen erwartet werde. Bei Straßenschlachten in Kiew waren am Dienstag mindestens 13 Menschen getötet worden.

21.52 Uhr: Die Regierungsgegner haben am späten Dienstagabend mehrere Verwaltungsgebäude im Westen des Landes besetzt. Sie stürmten den Sitz der Regionalregierung und das Polizeirevier in Lemberg (Lwiw), wie ein AFP-Reporter berichtete. B

21.15 Uhr: Ukrainische Kirchen haben das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Regierungsgegner verurteilt. Der griechisch-katholische Kiewer Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk ordnete am Dienstagabend an, wegen der „Gefahr des Brudermordes“ alle Kirchenglocken zu läuten. „Im Namen Gottes verurteile ich Gewalt und die Missachtung von Menschenrechten und des Willens des Volkes.“

20.58 Uhr: Die Sicherheitskräfte rücken von Norden her auf dem Unabhängigkeitsplatz vor. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, dass die Zelte der Demonstranten in Flammen stehen.

20. 42 Uhr: In Kiew sind mindestens 300 Menschen verletzt worden. Die Behörden in der Hauptstadt Kiew teilten am Abend mit, dass etwa 185 Demonstranten ärztlich versorgt werden müssten. Das Innenministerium gab die Zahl der Toten in den eigenen Reihen mit drei an. Die Opposition sprach von sieben getöteten Regierungsgegnern. 135 Verletzte der Sicherheitskräfte würden derzeit in Krankenhäusern behandelt, teilte das Ministerium mit. Im ganzen Land war der regierungskritische Fernsehsender 5 Kanal abgeschaltet, wie Agenturen meldeten.

20.19 Uhr: Oppositionspolitiker Vitali Klitschko hat den Westen zur Intervention aufgefordert. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, „wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet“, sagte Klitschko einer Mitteilung seiner Partei Udar (Schlag) zufolge am Dienstagabend. „Die Regierung hat bewusst eine Provokation organisiert, um den Unabhängigkeitsplatz mit Blut und Gewalt auseinanderzujagen, und die Proteste und die Aktivisten zu vernichten.“ Der Ex-Boxweltmeister warf Präsident Viktor Janukowitsch ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ vor.

20.13 Uhr: Das ukrainische Parlament soll angesichts der eskalierenden Gewalt in Kiew noch am Dienstagabend zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Die Abgeordneten seien für 22.00 Uhr Ortszeit (21.00 Uhr MEZ) aufgerufen, sich in der Rada einzufinden, um über einen Ausweg aus der Krise des Landes zu beraten.

19.57 Uhr: Das Lager der Opposition ist in Flammen aufgegangen.

19.35 Uhr: Mit Wasserwerfern und Blendgranaten rückten die Polizisten gegen das Protestlager vor. Zuvor waren Tausende Oppositionsanhänger auf den Maidan geströmt, um das Lager zu verteidigen. Oppsitionsführer Arseni Jazenjuk sagte, die Staatsmacht habe erneut angefangen, Menschen zu erschießen. „Sie wollen die Ukraine in Blut ertränken“, rief er. „Wir werden keinen Schritt von diesem Platz zurückweichen. Wir haben keinen Ort, um uns zurückzuziehen.“

19.13 Uhr: Nach gewaltsamen Zusammenstößen mit neun Toten ist die ukrainische Polizei am Dienstagabend in des Oppositions-Camp im Zentrum Kiews eingerückt. Die Regierung hatte die Demonstranten zuvor aufgefordert, die Ausschreitungen zu beenden.

18:56 Uhr: Ukrainische Regierung kündigt an, den Autoverkehr in die Hauptstadt ab Mitternacht zu begrenzen, „um eine Ausweitung der Gewalt zu verhindern“.

18.45 Uhr: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat inzwischen mit Sanktionen gegen Einzelpersonen gedroht. „Wer Entscheidungen zu verantworten hat, die zu einem Blutvergießen im Zentrum Kiews oder anderswo in der Ukraine führen, wird damit rechnen müssen, dass Europa die bisherige Zurückhaltung bei persönlichen Sanktionen überdenken muss“, erklärte Steinmeier in Berlin. Die Opposition in der Ukraine fordert seit längerem Einreiseverbote in die EU für Regierungsmitglieder oder Kontensperrungen. Die EU hat das bisher abgelehnt. „Eine Eskalation der Gewalt ist das letzte, was das Land jetzt gebrauchen kann“, betonte Steinmeier. Die ukrainischen Sicherheitskräfte würden besondere Verantwortung für die jetzt dringend gebotene Deeskalation der Lage tragen.

18.16 Uhr: Bei den Straßenschlachten sind nach offiziellen Angaben nun bereits mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Sieben Zivilisten und zwei Sicherheitskräfte seien getötet worden, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag der Agentur Interfax.

18.04 Uhr: Die ukrainische Protestbewegung will den seit November besetzten Unabhängigkeitsplatz nicht freigeben. „Wir sind hier auf dem Maidan und geben ihnen nicht die Möglichkeit, ihn zu säubern“, sagte Klitschko. Er kündigte neue Verhandlungen mit Präsident Viktor Janukowitsch für diesen Mittwoch an.

17. 48 Uhr: Die Kiewer Stadtverwaltung hat den Tod von drei Menschen bei den Ausschreitungen in der ukrainischen Hauptstadt bestätigt. Rettungsärzte hätten die Leichen am Dienstag im Haus der Offiziere in der zentralen Gruschewski-Straße untersucht, teilte die städtische Gesundheitsbehörde nach Angaben der Agentur Interfax mit.

17. 39 Uhr: Die ukrainische Justiz hat den Oppositionsführern wie Vitali Klitschko die Schuld an den blutigen Straßenschlachten in Kiew gegeben. „Für jeden Verletzten, für jedes angezündete Auto und zerschlagene Fenster werden die Organisatoren der Massenunruhen die Verantwortung übernehmen müssen“, teilte Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka am Dienstag mit.

17. 20 Uhr: Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat sich „ernstlich besorgt“ über die Eskalation der Gewalt in der Ukraine gezeigt. „Ich appelliere an alle Seiten, auf Gewalt zu verzichten und rasch den Dialog wieder aufzunehmen.“

17.41 Uhr: Der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko hat alle Frauen und Kinder auf dem Maidan in Kiew aufgerufen, den Platz zu verlassen. Ein Angriff der Sicherheitskräfte auf die versammelten Demonstranten sei nicht ausgeschlossen, sagte Klitschko am Dienstag.

17.15 Uhr: Um 17 Uhr sollte das Ultimatum des Innenministeriums an die Protestteilnehmer ablaufen, bis 18 Uhr (17 Uhr in Deutschland) sollten sie ihre Proteste beenden.

16.56 Uhr: Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat sich „tief besorgt“ über die „schwere neue Eskalation“ des Konflikts in der Ukraine und die neuen Opfer gezeigt. „Ich verurteile alle Gewalt“, erklärte Ashton am Dienstag in Brüssel. „Ich mahne die Regierung in der Ukraine, sich mit den Ursachen der Krise zu befassen.“

16.34 Uhr: Präsident Janukowitsch plant für Mittwoch ein Treffen mit der Opposition. Dies gibt der Parlaments-Präsident bekannt. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zeigt sich angesichts der Gewalt „tief besorgt“. Ein Fotograf sagt der Nachrichtenagentur Reuters, er habe vor einer U-Bahnstation am Unabhängigkeitsplatz zwei Leichen gesehen.

16.22 Uhr: Die U-Bahn Kiews wurde am späten Nachmittag komplett gesperrt. Damit drohte der Nahverkehr in der Metropole mit etwa 2,8 Millionen Einwohnern zusammenzubrechen. „Alle Haltestellen sind zu. Die Metro fährt nicht mehr“, sagte ein Metrosprecher der Agentur Interfax.

15.47 Uhr: Nach den schweren Ausschreitungen in der Hauptstadt Kiew hat die ukrainische Regierung den Protestteilnehmern ein Ultimatum gestellt. Die Regierungsgegner hätten zwei Stunden, um ihre gewaltsamen Proteste zu beenden, erklärten das ukrainische Innenministerium und der Staatsschutz am Dienstag. Ansonsten würden die Sicherheitskräfte ab 18.00 Uhr (Ortszeit, 17.00 Uhr MEZ) zu „schwerwiegenden“ Maßnahmen greifen, um die Gewalt zu stoppen.

15:20 Uhr: Die ukrainische Polizei durchbricht einem TV-Bericht zufolge Barrikaden, die Demonstranten in der Nähe des Stadions des Fußballvereins Dynamo Kiew errichtet haben. Sie rücken demnach auf den Unabhängigkeitsplatz vor.