Mit 462 der insgesamt 631 Abgeordnetenstimmen wurde Angela Merkel zum dritten Mal wiedergewählt. Union und SPD haben zusammen 504 Stimmen.

Berlin. Fast drei Monate nach dem Sieg bei der Bundestagswahl und wenige Tage vor Weihnachten wurde Angela Merkel an diesem Dienstag zum dritten Mal zur Kanzlerin gewählt. Im Bundestag stellte sich die 59-jährige CDU-Vorsitzende der Abstimmung, nachdem Union und SPD am Montag den Vertrag über eine große Koalition unterzeichnet hatten.

Angela Merkel hat zwar ein besseres Wahlergebnis bekommen als 2005 bei ihrer ersten Wahl zur Bundeskanzlerin einer Großen Koalition. Aber die Versprechungen des neuen SPD-Fraktionschefs Thomas Oppermann gingen nicht in Erfüllung. Merkel erhielt jetzt 91,6 Prozent der Stimmen ihrer Unions-SPD-Koalition. Oppermann hatte 95 Prozent Zustimmung versprochen. 42 Bundestagsmitglieder aus dem eigenen Lager (504 Abgeordnete) wählten sie nicht. Im Jahr 2005 hatte Merkel allerdings nur die Zustimmung von 88,7 Prozent der damaligen Großen Koalition. Im Jahr 2009 begann sie die Union-FDP-Koalition mit einer Zustimmung von 97,3 Prozent. Vor vier Jahren stimmten nur neun Abgeordnete des schwarz-gelben Lagers nicht für Merkel.

Nach der Vereidigung erhält Merkel von Bundespräsident Joachim Gauck die Ernennungsurkunde. Anschließend werden auch die Minister der neuen schwarz-roten Bundesregierung vereidigt. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wird Vizekanzler und Minister für Wirtschaft und Energie.

Für den späten Nachmittag (17.00 Uhr) ist die erste Sitzung des neuen Kabinetts angesetzt. Wahrscheinlich wird dort die Nachfolge des Datenschutzbeauftragten Peter Schaar geregelt. Im Gespräch für das Amt ist die Brandenburger Rechtspolitikerin Andrea Voßhoff (CDU).

Thema könnte auch ein Bericht der „New York Times“ werden, wonach die USA Deutschland den Abschluss eines sogenannten Anti-Spionage-Abkommens verweigern wollen. Dies habe die US-Sicherheitsberaterin Susan Rice bei Gesprächen in Berlin deutlich gemacht, berichtet das Blatt unter Berufung auf einen deutschen Regierungsbeamten. „Die USA wollen keinen Präzedenzfall schaffen“, zitiert die Zeitung den Beamten.

Der neue Innenminister Thomas de Maizière (CDU) holt laut „Rheinischer Post“ (Dienstag) die derzeitige Außenstaatssekretärin Emily Haber in sein Ressort. Offensichtlich solle die international erfahrene Verhandlungsführerin als neue Innenstaatssekretärin für de Maizière als erstes das No-Spy-Abkommen mit den USA aushandeln, berichtet die Zeitung. Haber war zuvor Politische Direktorin des Auswärtigen Amtes.

Unklar ist noch die Besetzung des Behindertenbeauftragten: Nach Informationen der Zeitung „Die Welt“ wird der CDU-Politiker Hubert Hüppe dafür in der schwarz-roten Regierung nicht mehr berufen. Wie das Blatt schreibt, geht dieser Posten wie schon das Amt der Integrationsbeauftragten von der CDU an die SPD.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet sieht im Wechsel von Schwarz-Gelb zur großen Koalition keine maßgebliche Veränderung der Regierungspolitik. „Vieles, was wir mit der FDP begonnen haben, wird jetzt fortgesetzt. Es gibt keinen Politikwechsel, sondern viel Kontinuität“, sagte Laschet der „Welt“. Er wisse nicht, woher die Jubelstimmung der SPD komme: „Der Koalitionsvertrag kann nicht der Grund sein.“ Die geplante abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren bezeichnete Laschet als den einzigen Punkt im Koalitionsvertrag, „bei dem man überhaupt vermuten könnte, dass wir uns auf SPD-Wünsche zubewegt haben“.

Eine große Mehrheit der Bundesbürger gibt indessen wenig auf die Zusage von Union und SPD, nicht an der Steuerschraube drehen zu wollen. 71 Prozent meinen, dass es während der Zeit der großen Koalition bis 2017 Steuererhöhungen geben werde. Dies erbrachte eine repräsentative Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur dpa. Unter den SPD-Wählern erwarten sogar 79 Prozent höhere Steuern, bei den Unions-Wählern sind es 63 Prozent.