Rund 200.000 Hamburger leben in Wohnungen von Baugenossenschaften – Tendenz steigend. Die Wartelisten sind allerdings oft lang. Die Vorteile einer Genossenschaftswohnung sind vielfältig.

Hamburg. Familie Salzingers Wohnungsglück begann bei einem Spaziergang durch ihren Stadtteil Alsterdorf. Wo bisher der Parkplatz einer Autowerkstatt lag, war plötzlich eine Baugrube zu sehen mit dem Hinweis, dass die Baugenossenschaft BGFG hier ein Neubauprojekt verwirkliche. Salzingers zeigten Interesse und ließen sich direkt bei der Genossenschaft auf die Warteliste setzen. Nur drei Monate später hatten sie die Zusage im Briefkasten: 96 Quadratmeter, zwei Bäder, Fußbodenheizung, Einbauküche, große Terrasse, kontrollierte Be- und Entlüftung. Kostenpunkt: 8,75 Euro netto kalt den Quadratmeter, insgesamt unter 1100 Euro Warmmiete. „Wir haben hier ohne Probleme unsere Traumwohnung gefunden, und das, nachdem wir auf dem freien Wohnungsmarkt vier Jahre lang vergeblich gesucht hatten“, sagt Grit Salzinger, 43, die seit 2010 mit ihrem Mann Eric, 43, und Tochter Eve, 6, in der neuen Anlage lebt. Auch wenn sich die „Grundnutzungsgebühr“ 2015 im Zuge einer Staffelmiete um 20 Prozent erhöhen wird, denken die Salzingers nicht daran, wieder auszuziehen. „Selbst dann liegt die Miete noch unterhalb des Durchschnitts im nördlichen Teil Alsterdorfs“, erklärt die Mutter.

Salzingers gehören mit ihrer gewählten Wohnform nicht etwa zu einer kleinen Minderheit in Hamburg. Rund 30 Genossenschaften vereinigen sich in dem Arbeitskreis Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften e.V., darüber hinaus gibt es in Hamburg noch rund 40 weitere kleine Genossenschaften. Mehr als 200.000 Mitglieder leben in den rund 130.000 Wohnungen – das sind etwa 25 Prozent des Mietwohnungsmarktes in der Hansestadt.

Die Vorteile einer Genossenschaftswohnung sind vielfältig. Wichtigstes Argument: Die Mieten sind vergleichsweise günstig. „Die Nutzungsgebühr pro Quadratmeter liegt durchschnittlich unter sechs Euro netto kalt“, sagt Frank Seeger, Vorstandsmitglied des Arbeitskreises. Und der Wohnungsbestand verteilt sich auf alle Bezirke und fast alle Stadtteile, darunter auch die besonders beliebten. Die Mieten bei Neubauten ohne Förderung lägen mittlerweile zwar bei über zehn Euro, doch diese Erhöhung hebe den Schnitt nur unwesentlich an.

Zudem genießen die Mitglieder lebenslanges Wohnrecht und können sich als Gemeinschaftseigentümer mit ihrer Stimme für ihre Belange einsetzen. Eigentümer deshalb, da jeder Mieter vor dem Einzug Genossenschaftsanteile zeichnen muss. Das ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Somit sind die Mitglieder praktisch Mieter im eigenen Haus und sind Vermieterwillkür oder einer Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarfs des Besitzers nicht ausgesetzt.

Die Höhe der Anteile legt jede Genossenschaft selbst fest. Häufig richten sie sich nach der Größe der Wohnung und liegen meist zwischen 50 und 100 Euro pro Quadratmeter. Das erscheint zunächst viel, die Anteile werden jedoch sehr gut verzinst. Derzeit liegt die jährlich ausgezahlte Dividende zwischen zwei und fünf, oft bei vier Prozent. Dafür fallen Kosten für eine Kaution oder Maklercourtage weg.

Den oft gehörten Vorwurf, Wohnungen nur noch an vorhandene Mitglieder zu vergeben, weist Seeger zurück: „Etwa 50 Prozent der neu vermieteten Wohnungen gehen an neue Mitglieder, darunter auch viele zentrumsnahe Objekte.“ Wie im Fall der Salzingers. Doch nicht alle Genossenschaften nehmen wie die BGFG neue Mitglieder auf. Die dhu, die einen großen Wohnungsbestand im beliebten Stadtteil Winterhude hat, gliedert schon seit 2006 nur noch Mitglieder in Verbindung mit der Anmietung einer Genossenschaftswohnung ein. Dies sind dann Wohnungen, an denen die bestehenden Mitglieder kein Interesse zeigen, in oft nicht so attraktiver Lage. Und in dieser Wohnung müsste der Interessent dann auch mindestens zwei Jahre leben, ehe er sich auf die Warteliste setzen kann für ein anderes Objekt aus dem Gesamtbestand. Dieser Aufnahmestopp soll sich in absehbarer Zeit nicht ändern.

Ähnlich verhält es sich bei der Kaifu-Nordland eG, die mit einem großen Bestand an Wohnungen in Eimsbüttel punkten kann. Auch dort können sich Nichtmitglieder nicht auf Wartelisten setzen lassen. Der einfache Grund: Selbst bestehende Mitglieder müssen derzeit sechs bis acht Jahre warten, ehe sie eine große Wohnung in den beliebtesten Stadtteilen anmieten können.

Doch der Wohnungsbestand der Genossenschaften wird wachsen. Für 2013 und 2014 sind jeweils rund 1000 Wohnungsneubauten geplant.

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