Der E-Mail-Wechsel zwischen Christoph Schwennicke und Lars Haider. Heute: Das Geschehen in der ältesten Demokratie der Welt.

Christoph Schwennicke (r.), Chefredakteur des in Berlin produzierten Magazins „Cicero“, und Lars Haider, Chefredakteur des Hamburger Abendblatts, pflegen eine E-Mail-Freundschaft, die wir jeden Sonnabend an dieser Stelle veröffentlichen.

Schwennicke: Darf ich heute ausnahmsweise mal zu Anfang eine Frage stellen, du bist doch geografisch etwas näher dran: Blickst du noch durch in Britannien?

Haider: Nein, nein, nein, nein, nein.

Schwennicke: Das war nur fünfmal, das Unterhaus hatte es sogar auf acht Neins gebracht. Sie wissen offenbar genau, was sie nicht wollen. Aber überhaupt nicht mehr, was sie wollen. Wenn es nicht so fatal wäre, wäre es lustig, und man könnte den Philosophen Obelix ins Feld führen: Die spinnen, die Briten. Aber hier gibt sich die älteste Demokratie der Welt vor aller Augen der Lächerlichkeit preis. Und desavouiert eine ganze Staatsform, von der ein weitaus fähigerer britischer Premier als Theresa May mal sagte, es sei die beste unter den schlechten.

Haider: Und das alles kurz vor einer Europawahl, bei der man sowieso nicht ahnt, was sie uns bringt. Oder wagst du eine Prognose?

Schwennicke: Aus diversen Gründen, auch wegen dieses Trauerspiels auf der Insel: Bei uns in Deutschland werden die Grünen und die AfD die Gewinner sein. Es sind die beiden politischen Pole in unserer aktuellen politischen Debatte. Und insgesamt wird sich im EU-Parlament eine Situation einstellen, in der es ähnlich schwer wird wie im britischen Unterhaus, dann eine Koalition der EU-Willigen auf die Beine zu stellen, die die operative Arbeitsfähigkeit dieses Parlaments sicherstellt.