Jedenfalls, wenn es sich um einen ungarischen Soldaten handelte. Über einige Korrekturen der Rechtschreibreform.

Wissen Sie, was ein Tollpatsch ist? Natürlich, ein ungeschickter Mensch, der schwerfällig durch die Gegend tollt und dabei womöglich noch einfältig um sich patscht. Alles spricht auf den ersten Blick dafür, dass der Tollpatsch zur Wortfamilie des Adjektivs „toll“ gehört, das bereits im Althochdeutschen „dumm und töricht“ bedeutete und später mit „getrübt, umnebelt, verwirrt“ erklärt wurde.

Das heißt, aus dem Niederländischen wanderte „dol“ auch in der Bedeutung „ausgelassen“ nach Deutschland ein und traf zuerst auf die Rheinländer. Was damit angerichtet worden ist, sehen wir während der drei tollen Tage, die einen kühlen Norddeutschen zu der Überzeugung kommen lassen, dass die Erklärung „umnebelt und verwirrt“ doch passender gewesen wäre.

Wir kennen die Tollheit, das Tollhaus und die Tollkirsche. Die Tollwut ist eine Zusammenrückung aus „tolle Wut“, und „tollkühn“ heißt „auf tolle Weise kühn“. Dennoch – unser Tollpatsch hat nichts mit dem Adjektiv „toll“ zu tun! Vielmehr müssen wir den deutschen Sprachraum Richtung Budapest verlassen. Ein „Tolpatsch“ ist ursprünglich ein ungarischer Fußsoldat, ein talpas, ein „Breitfüßiger“ von ung. talp (Sohle).

Warum ein Tollpatsch gar nicht so toll ist

Im 17. Jahrhundert bekamen die ungarischen Infanteristen keine Schuhe, sondern befestigten sich Fußlappen mit Schnüren als Sohlen unter den nackten Füßen. Wenn die besser ausgestatteten Österreicher so einen ungarischen Fußsoldaten, dessen Sprache sie nicht verstanden, unsicher auf den Beinen durch die Straßen wanken sahen, nannten sie ihn einen Tolpatsch – und da es sich um die Eindeutschung des ung. talpas handelte, natürlich analog mit nur einem „l“.

Falls vor der Rechtschreibreform ein Schüler „toller Tolpatsch“ schreiben sollte, fiel es ihm schwer, zwischen einem und zwei „l“ zu unterscheiden. Zur Not half damals auch einmal eine Ohrfeige, bis er es kapiert hatte. Ohrfeigen im Unterricht sind heutzutage glücklicherweise verboten und in diesem Fall auch nicht mehr nötig. Seit 1998 schreiben wir den Tollpatsch mit Doppel-l.

Ich will in dieser Kolumne möglichst den Rechtschreibfrieden wahren, aber um zu zeigen, was ist, ist es ab und zu angebracht, einen Blick darauf zu werfen, was war. Neben umfassenden Regeln wie die ss/ß-Auslautung oder die klare Bestimmung „Verb und Verb immer getrennt“ änderten die Reformer nicht nur beim Tollpatsch, sondern bei rund 40 Wörtern die Schreibweise, indem sie den Stamm oder die Analogie (Vergleichbarkeit) anpassten. Wir mussten uns zuerst daran gewöhnen, dass der „Stengel“ zum Stängel, die „Gemse“ zur Gämse und die „Greuel“ zu Gräueln geworden waren. Manch einer schnäuzte („schneuzte“) sich überschwänglich („überschwenglich“) und sah sein Fachwissen bedroht. Die deutsche Sprache ist jedoch so kompliziert, dass jede Vereinfachung ihre Akzeptanz nur erhöhen kann.

Einige Schreibweisen wurden zu Recht angeglichen

Wenn früher Väter oder Dorfschulmeister doch einmal zum Rohrstock griffen, um uns den Hintern zu versohlen, war dieser Körperteil hinterher unter Umständen blau. Also heißen die zugehörigen Verben auch verbläuen oder einbläuen? Heute ja, damals nein. Mit den blauen Flecken, zu denen die Schreibweise umgangssprachlich gerechnet worden ist, hat diese Tätigkeit primär nichts zu tun. Das damalige „verbleuen“ kommt vom ahd. bliuwan (schlagen) und wurde deshalb bis 1998 mit „e“ geschrieben.

Zu Recht angeglichen hat man die nicht angepassten Schreibweisen „mit Nummern numerieren“, „auf dem Platz plazieren“ oder den „Tip auf dem Tippschein“ ausfüllen. Als Kind dachte ich immer, bei einem Albtraum laste ein ganzes Gebirge auf der Brust. Dabei kommt der Ausdruck von dem Alb, einem Naturgeist, der ein solches Albdrücken hervorruft, und nicht von den Alpen.

Und dann hätten wir da noch das Wort „belämmert“, das mit der Reform vom „e“ zum „ä“ wechseln musste und zum Schlagwort in der Rechtschreibdiskussion geriet. Schließlich komme „belämmert“ nicht von den Lämmern, die auf der Weide stünden und belämmert nach der Mutter blökten, hieß es. Nein, nicht von den Lämmern, aber vielleicht von „lahm“ und „lähmen“?

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