Die Berliner sind durch ein Gegentor in der 93. Spielminute vorzeitig abgestiegen. Das ist zwar bitter, aber trotzdem gerecht.
Die Aggregatzustände von Fußball-Fans sind ja vielschichtig und nehmen zwischen den Extremzuständen der Ekstase und Depression vielerlei Gestalt an. Selbstverständlich steht der eigene Club im Mittelpunkt all dieser Regungen, aber das Treiben in der restlichen Fußballwelt wird natürlich beobachtet. Mit Sympathie, Gleichgültigkeit oder Abneigung – und manchmal mit (bisweilen stark ausgeprägter) Schadenfreude.
Hertha BSC: Schadenfreude ist angemessen
Diese Emotion ist in den meisten Gesellschaften negativ belegt, mit der Folge, dass sie Schuldgefühle auslösen kann. Müssen sich also all diejenigen schlecht fühlen, die am Sonnabend diebische Freude empfanden, weil Hertha BSC Berlin dank eines Kopfball-Wirkungstreffers in der 93. Minute absteigen muss – und der ewige Branchenprimus Bayern München auf dem besten Weg ist, mal nicht Meister zu werden? Nein, natürlich nicht.
Diese Antwort wird nicht gegeben, weil der Autor selbst von Schadenfreude übermannt wurde (was übrigens der Fall ist). Sondern weil die Forschung in jüngerer Zeit herausfand, dass eben nicht vor allem Neid und Missgunst hinter der Schadenfreude stecken, sondern der menschliche Gerechtigkeitssinn.
Kaum ein Abstieg war gerechter
Und selbstverständlich ist es zutiefst gerecht, dass ein Club absteigt, der sich 375 Millionen Euro von einem windigen Investor holt, den Big City Club ausruft, von der Champions League fabuliert und dann all das Geld nachhaltig auf den Konten von cleveren Beratern und nicht mal mittelmäßigen Spielern versenkt.
Wenn jemals der Abstieg eines Vereins gerecht war, dann dieser. Wenn sich Großkotzigkeit mit Unvermögen und Eitelkeit paart, dann darf sich der Fußballfreund reinen Herzens am entstandenen Schaden erfreuen. Und darauf hoffen, dass ein Verein mit Bescheidenheit in der DNA wie der VfL Bochum es schafft, die Klasse zu halten.
Zumal der Traum vom Hauptstadtclub in der Champions League ja durchaus sehr real ist: Union Berlin hat allerbeste Chancen.