Die Schweiz rettet die Credit Suisse – und der Steuerzahler die Branche.

Manchmal fühlt man sich wie in einem schlechten Film: Die Story wirkt wie eine Wiederholung, weil sie Altbekanntes erzählt. Irgendwo in Amerika beginnt eine Bank zu taumeln. Die Welt zuckt die Achseln und hält das alles für eine regionale Geschichte, bis sich das regionale Geschehen zum Flächenbrand ausweitet. Am Ende taumeln weltweit Banken, und der Steuerzahler muss die Institute retten, um ein noch größeres Desaster zu verhindern. Die Moral von der Geschicht’: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert.

So war es bei der letzten großen Finanzkrise 2007/2008. Damals hielt man die Turbulenzen für eine amerikanische Entwicklung, weil zunächst nur regionale In­stitute betroffen waren. Im März 2008 erwischte es mit Bear Stearns die erste große Investmentbank, die von einem Konkurrenten gerettet werden musste. Mitte September rutschte mit Lehman Brothers ein großes Institut in die Pleite.

Auch da wähnte man sich in Deutschland noch auf einer Insel der Seligen – Finanzminister Peer Steinbrück lobte im Bundestag, das deutsche Bankensystem sei „im internationalen Vergleich relativ robust“ und versprach, ein Bankenrettungsprogramm wie in den USA sei in Deutschland „nicht notwendig“.

Finanzkrise 2007/08 begann mit dem Ende einer Bank

Wenige Tage später kollabierte die Hypo Real Estate, der Steuerzahler musste die halbe Branche retten. Unvergessen die Garantie, die Angela Merkel und Steinbrück Anfang Oktober 2008 abgaben: „Die Spareinlagen sind sicher.“

Vor wenigen Tagen sagte Kanzler Scholz: „Die Einlagen der deutschen Sparerinnen und Sparer sind sicher.“

Mit der Credit Suisse mussten die Schweizer nun eines der größten Institute der Welt retten. Die Finanzkrise 2.0, die in den USA mit den Problemen der Silicon Valley Bank klein begann, ist in Europa angekommen. Noch ist unklar, ob es so schlimm kommt wie vor 15 Jahren – aber angesichts der Parallelen sollte man sich nicht zu sicher sein.

Finanzmärkte sind undurchschaubar

Die Weltfinanzmärkte bleiben eine Black Box. Die ihr eigene Risikolust und die vielen Abhängigkeiten untereinander schaffen ein fragiles Gebilde, das an ein Dominospiel erinnert und von Gier und Panik regiert wird. Noch vor wenigen Tagen galt die Credit Suisse als sicher, nun musste sie über Nacht gerettet werden. Damit schwindet das Vertrauen im Welt­finanzsystem weiter und macht es noch anfälliger. Das Perverse daran: Mit der Credit Suisse trifft es eine Zockerbude, die sich als Schweizer Traditionshaus verkleidete.

Kaum ein Skandal ging an dem Institut vom Zürcher Paradeplatz vorbei: Geldwäsche, Fehlinvestments, Skandale. Und eine kapitalistische Unmoral, die sich marxistischer Agitprop nicht besser ausdenken könnte. Laut „Tages-Anzeiger“ schüttete die Bank an ihre Topmanager seit 2013 Boni in Höhe von 32 Milliarden Franken (32,2 Milliarden Euro) aus – bei kumulierten Verlusten von 3,2 Milliarden Franken. Nun müssen die Schweizer Steuerzahler wahrscheinlich die Rechnung für diese Party übernehmen.

Trotzdem blieb unseren Nachbarn kaum etwas anderes übrig. Denn seit Lehman kennt die Welt die Folgen einer Bankenpleite: Weltrezession, Verarmung, Hunger. Trotz aller wohlklingenden Versprechen nach 2008 hat sich die Finanzwelt zu wenig verändert. Das unselige „Too big to fail“ – zu groß, um zu scheitern – bleibt ein Freifahrtschein für Zocker und Hasardeure. Die nach 2008 verschärften Regeln konnten die Krise nicht verhindern. Nun gilt es zu hoffen, dass sie die Krise zumindest einzuhegen vermögen. Die Geschichte der Weltfinanzkrise 2008 darf sich nicht wiederholen.