Hamburg. Die Duden-Sprachberatung nahm sich ihrer an. Immerhin umschiffte man in Berlin einen Stolperstein.

Das Jahr 2023 ist schon wieder einen Monat alt, und die vielen Nachrufe auf das alte und die Flut der Absichten für das neue Jahr setzen langsam Schimmel an. Wie immer zu Silvester gab es geradezu eine „Inkontinenz“ (Dieter Nuhr) von Wortmeldungen der Protagonisten, Wichtigtuer, der ehrlich Besorgten oder der Apokalyptiker der letzten Generation – auch zur Sprache. Das Wort des Jahres, das Jugendwort des Jahres, die Floskel des Jahres und natürlich das Unwort des Jahres wurden gekürt und von den Medien dankbar aufgenommen.

Das Unwort des Jahres („Klima-Terroristen“) hatte ich zwar noch nie gebraucht oder gelesen, aber bei der üblicherweise linksgedrehten Auswahl kam es darauf auch nicht an, sodass ich beschloss, für das nächste Mal das Wort „Unwort“ als Unwort des Jahres vorzuschlagen.

Was noch fehlte, waren die Sprachfehler des Jahres

Was noch fehlte, waren die Sprachfehler des Jahres. Dieser Lücke nahm sich die Sprachberatung des Dudenverlags an, die in ihrem Januar-„Newsletter“ (der Ausdruck „Rundschreiben“ würde für ein deutsches Wörterbuch natürlich viel zu deutsch klingen!) die Liste der am meisten nachgefragten Falschschreibungen erklärte. Ein „Entgelt“ ist kein „Endgeld“. Obwohl es etwas mit dem Geld zu tun hat, gehört das Wort zu dem Verb „entgelten“. Es kommt selten vor, dass der „Brillant“ oder „brillant“ nicht als falscher „Brilliant“ auftaucht. Das Adjektiv und das Substantiv gehen auf das französische Verb „briller“ (glänzen) zurück. Beide werden im Deutschen nur mit einem -i- vor (!) dem Doppel-l geschrieben.

Zu Paris gehört der Eiffelturm. Sein Name hat aber nichts mit der Eifel, dem deutschen Mittelgebirge, zu tun. Der „Eiffelturm“ wurde von einem Ingenieur erbaut, dessen Familienname „Eiffel“ mit Doppel-f lautete. Immer wieder lesen wir die Bezeichnung „Imbusschlüssel“. Das „m“ ist falsch, denn der Schlüssel ist die geschützte Abkürzung für „In“nensechskantschlüssel der Firma „B“auer „u“nd „S“chaurte.

Berliner Behörden umschiffen erfolgreich orthografischen Stolperstein

Bis ins Lateinische müssen wir der Erklärung folgen, warum man die „Reflektion“ richtig als „Reflexion“ mit -x- schreibt. Das Verb „reflectere“ (zurückbiegen) heißt im Partizip Perfekt „reflexus, -a, -um“. Die „Lappalie“ schreibt man mit -pp-, weil es sich um eine scherzhafte Latinisierung zum Lappen handelt. Das „Schlafittchen“, an dem wir jemanden packen, bekommt ein -f-, weil es etwas mit den Schwungfedern, den „Schlafittichen“, von Enten und Gänsen zu tun hat. Die „Apartheid“ endet auf -d, weil die Endsilbe im Niederländischen und Afrikaans mit -d geschrieben wird. „Graffito“ schreibt man mit -ff-, denn das Wort ist aus dem italienischen „graffito“ (das Gekratzte) entlehnt. Der Plural lautet übrigens „die Graffiti“ und nicht etwa „Graffitis“, wie man es immer wieder hört.

Ein Leser aus Berlin schrieb mir, auf der aktuellen Wahlbenachrichtigung sei das Wort „statt“ in der Formel „an Eides statt“ kleingeschrieben worden. Jeder Deutschkenner wisse doch, dass es „an Eides Statt“ mit dem Substantiv „Statt“ für „Stelle“ heißen müsse. Bevor er sich an mich wandte, hatte er in den zurzeit gültigen Duden geguckt – und siehe da, auch dort stand an „Eides statt“ mit einem Kleinbuchstaben! Während ich mich freute, dass die Behörden in der deutschen Hauptstadt, deren Fähigkeit, Wahlen abzuhalten, in den übrigen deutschen Landen zur Lachnummer geworden war, diesmal immerhin einen orthografischen Stolperstein erfolgreich umschifft hatten, glaubte der Leser, eine weitere „Ungereimtheit“ in der „Rechtschreibreform für Hilfsschüler“ entdeckt zu haben.

Ob Hilfsschüler oder Gymnasiasten den Fortschritt der Rechtschreibänderung von 1996 eingesehen haben, ist nebensächlich. Die Reformer hingegen hatten einen Irrtum aus der Norm von 1901 beseitigt. Beim kleingeschriebenen „statt“ handelt es sich nämlich um kein Substantiv, sondern um eine nachgestellte Präposition (um ein Verhältniswort) im Sinne von „anstelle“, und Präpositionen werden kleingeschrieben: „an Kindes statt, an Eides statt, an Zahlungs statt“. Noch deutlicher wird die Regel bei Voranstellung: „statt des Eides“. Das Wort kann sogar zur Konjunktion (zum Bindewort) werden in der Fassung „statt einen Eid zu leisten“.

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