Hamburg. Von zwei Hamburger Familien, deren Immobiliengeschichten unterschiedlicher nicht hätten verlaufen können.

In meinem Bekanntenkreis gibt es zwei junge Familien, deren Immobiliengeschichten unterschiedlicher kaum hätten verlaufen können. Und das, obwohl sie so ähnlich begonnen haben. Und zwar vor rund zehn Jahren: Die Pärchen lernten sich kennen, kamen zusammen, suchten sich jeweils die erste gemeinsame Wohnung.

Paar 1 eher etwas am Rande der Stadt, weil beide in der Gegend arbeiten. Paar 2 eher zentral, weil beide vorher dort schon wohnten und auch noch nicht ganz klar war, wohin es jobmäßig in der Zukunft noch gehen würde. Nach ein paar Jahren kam bei beiden Paaren das erste Kind und mit diesem der Wunsch nach einem größeren Zuhause.

Eigentumswohnung konnte wieder verkauft werden

Beide Familien hatten also dasselbe Ziel. Doch während es für die eine gut machbar war, dieses zu erreichen, war es für die andere zu diesem Zeitpunkt bereits extrem schwer. Warum? Weil es einen entscheidenden Unterschied gab: Paar 1 hatte die Wohnung, in die es damals gezogen war, nicht gemietet, sondern gekauft. Das ging damals noch ohne Lottogewinn, jedenfalls in der Lage. Die beiden hatten darüber gar nicht groß nachgedacht, waren vielmehr durch Zufall auf die gut gelegene Eigentumswohnung gestoßen und hatten sich dann eher spontan zum Kauf entschieden.

Als nun beide Familien vor ein paar Jahren an den Umzug in ein Haus mit Garten dachten, war die Situation folgende: Familie 1 konnte ihre Eigentumswohnung wieder verkaufen – die sich in der Zwischenzeit im Wert nahezu verdoppelt hatte. Quasi über Nacht war also das nötige Eigenkapital da, um eine größere Immobilie zu erwerben. Und die war in der Nachbarschaft mit diesen Voraussetzungen und durch Mund-zu-Mund-Propaganda dann auch gar nicht so schwer zu finden. So lebt Familie 1 nun seit vier Jahren im eigenen Reihenhaus.

Familie 2 sucht immer noch nach einer Immobilie

Familie 2 ist immer noch auf der Suche. Anders als die Immobilienpreise war ihr Eigenkapital in der Zwischenzeit nicht exponentiell gewachsen, das Angebot dafür kontinuierlich kleiner geworden und die Unsicherheit, wie und wo man leben will und kann, immer größer. Das Preis-Leistungs-Verhältnis hielt sich in Hamburg schon vor fünf Jahren nicht mehr die Waage, und weiter rausziehen, wenn beide täglich in die Stadt müssen, ist eben auch so eine Sache.

Dann kam Corona, und der Immobilienmarkt wurde so krank, dass Familie 2 noch weniger Chancen hatte. Auch nicht im durch Homeoffice und den nun weit verbreiteten Wunsch nach mehr Platz und viel Grün vor der Tür plötzlich wahnsinnig begehrten Umland. Und durch den Wahnsinn in der Ukraine schwand auch noch die letzte Hintertür in ein Eigenheim: die in den vergangenen Jahren zumindest so günstigen Zinsen.

Kredite nicht zu bezahlen

Einziger Ausweg aus der zu kleinen Mietwohnung: eine größere Mietwohnung – mit einer mittlerweile ungleich größeren Miete. Dafür wenigstens in demselben Viertel, in der Nähe von Freunden, Arbeit, guten Schulen. Ein Kompromiss, ein Zwischenschritt, nicht das Ende der Reise für Familie 2 – hoffen sie. Dass die Immobilienpreise mittlerweile leicht sinken, wie es angeblich heißt, hilft nicht, solange die Kredite nicht zu bezahlen sind. Und durch die hohe Miete bleibt am Ende des Monats auch nichts mehr, um es zurückzulegen.

So rückt das Eigenheim für Familie 2 in immer weitere Ferne – während Familie 1 ihr Zuhause in absehbarer Zeit wirklich ihr Eigen nennen kann. Denn durch die moderate monatliche Bankrate blieb genug Spielraum, um Geld, das auf der Bank ohnehin nur für Strafzinsen gesorgt hätte, zu investieren. Die Gewinne flossen in Sondertilgungen, die die Tilgungssätze erneut gesenkt haben. Noch ein kleines Erbe dazu, und schwups, bald ist das Reihenhaus abbezahlt.

Ungleichheit auf dem Immobilienmarkt ist gewaltig

Damit stehen die Familien – die Kinder im Kita- und Grundschulalter, die Eltern Anfang 40, verheiratet, feste Jobs – an demselben Punkt in ihrem Leben und sind doch so grundsätzlich anders aufgestellt. Die Ungleichheit auf dem Hamburger Immobilienmarkt ist gewaltig. Was für eine Ungerechtigkeit.

Familie 2 hat deshalb schon viele schlaflose Nächte hinter sich. Von einem eigenen Haus mit Garten träumen sie trotzdem immer noch.